Die Gefährtin Des Lichts erbin2
einst Liebe gewesen. Verratene Liebe klang ganz anders als unverhohlener Hass.
»Vielleicht wird er es dir eines Tages selbst erzählen«, sagte er. »Ich hoffe es. Er verdient auch keinen Freund.«
Dann verschwanden er und die Frau. Ich blieb allein zwischen Göttern und Leichen zurück.
4
»Frustration«
(Aquarell)
Inzwischen seid Ihr wahrscheinlich verwirrt. Das ist in Ordnung — mir ging es genauso. Das Problem war nicht nur, dass ich etwas falsch verstanden hatte. Es spielte zwar eine Rolle, aber eigentlich ging es um Geschichte. Um Politik. Um die Arameri und vielleicht auch um die mächtigen Adligen und Priester. Sie kennen das wahrscheinlich alles. Ich bin nur eine einfache Frau ohne Verbindungen, Ansehen oder Geld. Ich besitze auch keine Macht, die über meinen Gehstock hinausgeht, den ich im Notfall wunderbar als Keule zweckentfremden kann. Ich musste alles auf die harte Tour herausfinden.
Meine Erziehung half mir nicht. Man hatte mir beigebracht, dass es einmal drei Götter gegeben hatte. Dann brach ein Krieg aus. Danach waren noch zwei übrig. Einer davon war inzwischen kein Gott mehr — obwohl er immer noch sehr mächtig war —, also blieb in Wirklichkeit nur noch einer. Und unwahrscheinlich viele Gottkinder, aber die sahen wir ja nie. Den Großteil meines Lebens glaubte ich daran, dass dies der Idealzustand war. Wer will schließlich einen Haufen Götter anbeten, wenn einer ausreicht? Dann kehrten die Gottkinder zurück.
Und nicht nur sie. Plötzlich begannen die Priester, merkwürdige Gebete zu sprechen und neue Lehrsprüche in die öffentlich zugänglichen Schriftrollen zu schreiben. Kinder lernten in den Schulen der Weißen Halle neue Lieder. Bisher hatte man die Menschen auf der Welt dazu angehalten, ihre Gebete allein Bright Itempas zu widmen. Plötzlich wurden wir dazu gedrängt, zwei weitere Götter zu ehren: den Lord der Tiefen Schatten und jemanden namens Graue Lady. Wenn die Menschen dies in Frage stellten, sagten die Priester nur: Die Welt hat sich verändert. Wir müssen uns mit ihr verändern.
Ihr könnt Euch vorstellen, wie begeistert das von allen aufgenommen wurde.
Das erwartete Chaos blieb dennoch aus. Schließlich verabscheut Bright Itempas jegliche Art von Unordnung. Hauptsächlich waren die Menschen darüber erbost, die sich seine Lehren zu Herzen genommen hatten. Deshalb hörten diese Menschen ohne großes Aufhebens, friedlich und ordentlich einfach auf, an den Gottesdiensten in der Weißen Halle teilzunehmen. Sie behielten ihre Kinder zu Hause und unterrichteten sie, so gut sie eben konnten. Sie bezahlten ihren Zehnten nicht länger, obwohl das einst Gefängnis oder Schlimmeres zur Folge gehabt hatte. Sie widmeten sich ganz der Bewahrung des Lichts, obwohl die ganze Welt entschlossen schien, ein wenig dunkler zu werden.
Alle hielten den Atem an und warteten darauf, dass das Gemetzel begann. Der Orden war der Arameri-Familie unterstellt, und diese duldete keinen Ungehorsam. Dennoch blieben die ersten schweigenden Aufstände ungestraft. Niemand wurde ins Gefängnis geworfen. Es gab kein plötzliches Verschwinden einzelner Menschen oder gar Städte. Ortsansässige Priester besuchten Eltern und mahnten sie, ihre Kinder wieder in die Schule zu schicken. Als die Eltern sich weigerten, wurden ihnen die Kinder nicht einfach weggenommen. Die Ordensbewahrer gaben einen Erlass heraus, dass jeder einen Mindestzehnten für die öffentlichen Dienste zu zahlen hatte. Wer das nicht tat, wurde bestraft. Doch den Menschen, die ihren Zehnten an den Orden nicht entrichteten, geschah nichts.
Keiner wusste, was davon zu halten war. Also gab es weitere stillschweigende Aufstände, die eine größere Herausforderung für Bright darstellten. Überall begannen Ketzer, ihre Götter offen anzubeten. Ein Land weit oben in Hochnord — ich weiß nicht mehr, welches — erklärte, dass die Kinder zuerst die Landessprache und danach Senmitisch lernen würden. Eigentlich war es umgekehrt. Es gab sogar Menschen, die überhaupt keinen Gott mehr verehrten, obwohl in Schatten tagtäglich neue auftauchten.
Während der ganzen Zeit schwiegen die Arameri.
Seit Jahrhunderten, Jahrtausenden, hatte die Welt nach einer einzigen Pfeife getanzt. In gewisser Weise war dies unser Allerheiligstes und unverletzbares Gesetz: Du sollst das tun, was die verdammten Arameri sagen.
Dass so viele Dinge sich so schnell änderten ... dass das Gesetz der Arameri auf so vielfältige Weise mit Füßen
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