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Die Gefährtin Des Lichts erbin2

Die Gefährtin Des Lichts erbin2

Titel: Die Gefährtin Des Lichts erbin2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jemisin
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weiterhelfen?« Tritt.
    Als Erwiderung erklang das Brechen eines Knochens. Sonnenschein schrie auf. Ich konnte nicht mehr länger an mich halten und öffnete den Mund, um zu protestieren.
    Bevor ich dazu kam, sprach eine andere Stimme. Sie war so leise, dass ich sie fast überhört hätte. »Si'eh.«
    Schweigen.
    Si'eh wurde schlagartig als Ganzes sichtbar. Er war ein kleiner, spindeldürrer Junge. Seine Haut hatte fast die gleiche Farbe wie die der Maroneh. Seine glatten Haare hingen ungekämmt herab. Wirklich kein bedrohlicher Anblick. Er materialisierte und stand erstarrt da. Seine Augen waren überrascht geweitet. Dann drehte er sich abrupt um.
    In der Lücke, die er anschaute, erschien ein weiteres Gottkind. Es war winzig - einen Kopf kleiner als ich - und kaum größer als Si'eh. Dennoch lag etwas in seiner Haltung, das Stärke zum Ausdruck brachte. Vielleicht war es die merkwürdige Kleidung der Frau: eine lange graue Weste ohne Ärmel, die ihre dünnen braunen Arme frei ließ, sowie eine halblange Leggins. Sie war barfuß. Zuerst dachte ich, dass sie so aussah, wie man mir Menschen aus Hochnord beschrieben hatte. Doch ihre Haare passten nicht dazu. Sie waren nicht glatt, sondern lockig und ungezähmt. Sie trug sie jungenhaft kurzgeschnitten. Auch mit ihren Augen stimmte etwas nicht. Allerdings war ich nicht in der Lage herauszufinden, was das war. Welche Farbe hatten sie? Grün? Grau? Eine ganz andere Farbe?
    Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Madding erstarrte. Seine Augen waren weit aufgerissen. Einer seiner Adjutanten murmelte leise einen kurzen Fluch.
    »Si'eh«, sagte die Frau erneut. Ihr Tonfall war missbilligend.
    Si'eh blickte finster. In dem Moment sah er aus wie ein kleiner, schmollender Junge, den man bei einem Streich ertappt hatte. »Was? Er ist schließlich kein Sterblicher.«
    Auf der anderen Seite betrachtete Lil, die blonde Göttin, interessiert Sonnenschein. »Er riecht aber wie ein Sterblicher. Schweiß, Schmerz, Blut, Angst. Herrlich.«
    Die neuangekommene Göttin warf Lil einen Blick zu. Das schien diese allerdings überhaupt nicht zu interessieren. Dann wandte sie sich wieder an Si'eh. »So hatten wir uns das nicht gedacht.«
    »Warum soll ich ihn nicht hin und wieder tottreten? Er versucht ja nicht einmal, die Bedingungen zu erfüllen, die ihr ihm gestellt habt. Da kann er mir auch zur Unterhaltung dienen.«
    Die Göttin schüttelte den Kopf, seufzte und ging zu ihm. Sie legte eine Hand um seinen Hinterkopf und zog ihn an sich. Überrascht stellte ich fest, dass Si'eh keinen Widerstand leistete. Er blieb stocksteif an sie gelehnt stehen. Allerdings erwiderte er die Umarmung nicht. Dennoch konnte sogar ich sehen, dass sie ihm nicht unangenehm war.
    »Das hat doch keinen Zweck«, sagte sie ihm ins Ohr. Ihr Tonfall war so zärtlich, dass ich mich an meine Mutter erinnert fühlte, die meilenweit weg im Nimaro-Land war. »Es bringt doch nichts. Es tut ihm nicht einmal weh, jedenfalls nicht so, dass es einen Unterschied macht. Warum tust du das?«
    Si'eh wandte sein Gesicht ab. Seme Hände ballten sich zu Fäusten. »Du weißt, warum!«
    »Ja, ich weiß es. Weißt du es auch?«
    Als Si'eh wieder sprach, hörte ich die Anspannung in seiner Stimme. »Nein! Ich hasse ihn! Ich will ihn endgültig töten!«
    Dann brach der Damm. In Tränen aufgelöst ließ er sich gegen sie fallen. Die schweigsame Göttin seufzte und zog ihn noch näher an sich. Sie war offensichtlich bereit, ihn so lange wie nötig zu trösten.
    Ich bestaunte die Situation eine Zeit lang und schwankte zwischen Ehrfurcht und Mitleid. Dann fiel mir Sonnenschein ein, der in der Nähe auf dem Boden saß und schwer atmete.
    Unauffällig stahl ich mich von Madding weg. Dieser betrachtete das Bild mit einem ausgesprochen seltsamen Gesichtsausdruck, den ich nicht deuten konnte. Vielleicht war es Kummer. Verdruss. Es spielte keine Rolle. Er und die anderen waren abgelenkt. Ich ging hinüber zu Sonnenschein, den ich jetzt zweifelsfrei an seinem seltsamen Geruch nach Gewürzen und Metall erkannte. Ich hockte mich neben ihn, um ihn zu untersuchen. Sein Rücken glühte wie im Fieber und war nass. Ich hoffte, dass es sich nur um Schweiß handelte. Er litt offensichtlich unter starken Schmerzen und hatte sich mit geballten Fäusten zusammengekrümmt.
    Sein Zustand machte mich wütend. Ich sah auf und warf Si'eh und der schweigsamen Göttin einen zornigen Blick zu. Ich erstarrte, als ich bemerkte, dass sie mich über Si'ehs knochige Schulter

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