Die Gefährtin Des Lichts erbin2
berührte im Vorübergehen meinen Arm. Wahrscheinlich hätte ich das als Versehen oder Einbildung abgetan, wäre da nicht der vorherige Abend gewesen. Es war so, als ob er ab und zu aus irgendeinem Grund Körperkontakt brauchte. Dieser Grund erschloss sich mir nicht. Aber seit wann hätte irgendetwas, das Sonnenschein betraf, einen Sinn ergeben?
Ich stellte keine Fragen, weil ich eigene Sorgen hatte - zum Beispiel Datehs Enthüllung, dass ich eine Dämonin war. Ich fühlte mich nicht wie ein Monster. Deswegen war ich auch nicht geneigt, dieses Thema mit Sonnenschein zu erörtern, der meine Vorfahren abgeschlachtet und seinen Kindern verboten hatte, weitere Wesen wie mich zu erschaffen.
Darum ließ ich ihn vorläufig seine Geheimnisse für sich behalten.
Gegen Abend war ich beinahe erleichtert, als es knapp an die Tür klopfte und eine weitere Novizin eintrat. Ich stand auf und wollte dem Mädchen folgen. Sonnenschein erhob sich ebenfalls und begab sich an meine Seite. Ich hörte, wie sie kurz ins Stottern geriet, weil sie nicht darauf gefasst gewesen war. Schließlich seufzte sie und nahm uns beide mit.
Wir erreichten das private Speisezimmer. Serymn und Dateh erwarteten uns. Diesmal war niemand sonst anwesend außer den Dienern, die eifrig den Tisch deckten, und einigen Wachen. Serymn ließ nicht durchblicken, ob sie sich durch Sonnenscheins Anwesenheit gestört fühlte.
»Willkommen, Lady Oree«, sagte sie, als wir uns setzten. Ich wandte mein Gesicht in die Richtung des schwach schimmernden Arameri-Blutsiegels, weil ich höflich sein wollte. Trotzdem hasste ich es allmählich, Lady Oree genannt zu werden. Ich wuss- te inzwischen, was das bedeutete. Die früheren Dämonen waren ebenfalls Nachfahren der Drei gewesen und verdienten deswegen wahrscheinlich den gleichen Respekt wie die Gottkinder. Dennoch waren sie keine Menschen gewesen. Ich war noch nicht so weit, mich selbst auch so zu sehen.
»Guten Tag, Lady Serymn«, sagte ich. »Und Lord Dateh.« Ich konnte ihn zwar nicht sehen, aber seine Anwesenheit war auf meiner Haut so spürbar wie kühles Mondlicht.
»Lady Oree«, sagte Dateh. Dann veränderte sich kaum merklich sein Tonfall, als er Sonnenschein ansprach. »Und einen guten Tag für Euren Gefährten. Möchtet Ihr Euch vielleicht heute vorstellen?«
Sonnenschein erwiderte nichts. Dateh stieß einen Seufzer kaum verhohlener Frustration aus. Ich musste mich beherrschen, um nicht aufzulachen. Es war äußerst amüsant zu sehen, dass Sonnenschein auch andere zur Verzweiflung trieb. Dennoch war ich überrascht, wie schnell es mit Datehs Beherrschung vorüber war. Aus irgendeinem Grund konnte Dateh Sonnenschein auf Anhieb nicht leiden.
»Mit mir redet er auch nicht«, sagte ich leichthin. »Oder nur sehr wenig.«
»Hmm«, machte Dateh. Ich wartete, ob er noch weitere Fragen über Sonnenschein stellen wollte, aber er schwieg und strahlte Feindseligkeit aus.
»Interessant«, sagte Serymn, was mich wiederum ärgerte, weil es genau das war, was ich gedacht hatte. »Wie dem auch sei — ich hoffe, Ihr hattet einen schönen Tag, Lady Oree?«
»Um ehrlich zu sein, ich habe mich gelangweilt«, sagte ich. »Ich hätte es vorgezogen, wieder einer Arbeitsgruppe zugeteilt zu werden. Dann hätte ich wenigstens mein Zimmer verlassen können.«
»Das kann ich mir vorstellen!«, sagte Serymn. »Ihr scheint eine Frau zu sein, die das Leben eher spontan und voller Energie angeht.«
»Nun ... das stimmt.«
Sie nickte. Das Siegel hüpfte in der Dunkelheit auf und ab. »Ihr werdet das vielleicht nur schwer akzeptieren können, Lady Oree, aber Eure Prüfungen waren ein notwendiger Schritt, um Euch in unserer Sache zu verwurzeln. Wie Ihr heute herausgefunden habt, werden sogar niedere Dienste erstrebenswert, wenn man keine Alternativen hat. Wenn man ein Anhängsel abtrennt, werden andere plötzlich in Betracht gezogen. Es ist eine harsche Methode, aber sie wird sowohl vom Orden als auch von der Arameri-Familie seit Jahrhunderten erfolgreich eingesetzt.«
Ich verkniff mir den Kommentar, was ich von diesen Erfolgen hielt. Stattdessen verdeckte ich meinen Arger, indem ich an meinem Weinglas nippte. »Ich dachte, Ihr wärt gegen die Methoden des Ordens.«
»O nein — nur gegen die Änderung der Lehrmeinung in letzter Zeit. Für die meisten anderen Dmge haben sich die Methoden des Ordens im Laufe der Zeit bestens bewährt. Also übernehmen wir sie gerne. Schließlich sind wir immer noch den Bräuchen des Lichtvaters
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