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Die Gefährtin des Medicus

Die Gefährtin des Medicus

Titel: Die Gefährtin des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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sich nähme – im übrigen aß er stets von Tellern aus Feuerstein, die, wie man meinte, jegliches Gift entweichen ließen. Und anschließend würde sich herausstellen, dass Aurel der übeltäter war, der kaltherzig diesen Anschlag geplant hatte.
    Schließlich – so der Plan – gab es Zeugen, die bekunden konnten, dass er und sein Bruder mit den Franziskanern und den Deutschen unter einer Decke steckten. Einen Franziskaner habe man gerade unlängst am helllichten Tage in Aureis Haus gehen sehen, einen Deutschen habe man wiederum im Gespräch mit Aureis Bruder beobachtet. Und auf dass sich das Misstrauen des Heiligen Vaters verstärke, würde schließlich Ludovicus berichten, dass Aurel von jeher ein Betrüger und Quacksalber war, der sich zu Unrecht als
Cyrurgicus
ausgab.
    Stockend gab Alaïs Wort für Wort wieder. Manches von dem, was in den letzten Wochen geschehen war, vermochte sie nun zu deuten – und doch war es schwierig, das eine mit dem anderen in Zusammenhang zu bringen.
    »Verstehst du das?«, fragte sie, nachdem sie geendigt hatte. »Kannst du es dir erklären? Warum … warum diese heimliche Intrige? Gasbert de Laval hat offenbar dazu angestiftet, obwohl er doch vor wenigen Wochen noch verhindert hat, dass Ludovicus Aurel des Betrugs anklagte!«
    Emy hatte sämtlichen Worten schweigend gelauscht, war dabei aber immer bleicher geworden. Nun machte sein Kiefer eine malmende Bewegung, als würde er wie so oft auf einem Grashalm kauen.
    »Jetzt begreife ich«, presste er schließlich tonlos hervor. »Der kranke Franziskaner … der Deutsche, der auf mich einredete … Und zufällig kamen ausgerechnet päpstliche Knappen zu Hilfe …«
    »Der Franziskaner war Laurent!«
    Von allem war ihr dies am unbegreiflichsten: warum sich dieser Mann, der sich vor Jahren das Leben hatte nehmen wollen, zu jener Posse hinreißen ließ – von seinem geduckten Kopf her zu schließen, tat er es mit Unbehagen und Schuldgefühlen.
    »Laurent … ein Franziskaner …«, begann Emy gedehnt, um dann auszurufen: »Jetzt begreife ich! Was für ein meisterhafter Plan!« Er schwieg kurz. »Und welch ein grausamer …«, setzte er hinzu.
    Anders als er verstand Alaïs mitnichten, welche Rolle der Bettelmönch und der Deutsche in jener finsteren Verschwörung spielten, doch es war keine Zeit, es zu ergründen. »Ich habe dir alles gesagt, was ich weiß. Nun musst du Aurel warnen …«
    Seine Hände schnellten vor, packten sie an den Schultern. »Warst du allein, als du das Gespräch belauscht hast? Oder war irgendjemand bei dir? Wenn es noch einen anderen Zeugen gäbe …«
    Alaïs zuckte zusammen. »Roselina!«, brach es aus ihr hervor. »Mein Gott, ich habe Roselina einfach zurückgelassen! Sie war noch nie so lange allein …«
    Verzweifelt versuchte sie zu überlegen, was sie dem Kind zuletzt befohlen hatte und ob es tatsächlich begriffen hätte, dass es sich nicht vom Flussufer rühren sollte.
    »Das Kind hilft uns nicht«, meinte Emy verzagt.
    »Sie war noch nie so lange allein. Ich muss …«, stammelte sie, »ich werde …«
    Wie irr drehte sie sich im Kreis, wusste nicht, in welche Richtung sie zuerst hetzen sollte und warum. Wieder packte Emy sie an den Schultern. »Alaïs, hör zu! Du kannst nichts tun, nicht jetzt! Ich werde mich der Sache annehmen, geh du und suche das Kind! Und danach komm zu unserem
Domus.«
    Er nickte ihr aufmunternd zu, und sie erwiderte die Geste, Entschlossenheit daraus zehrend, dass er offenbar wusste, was zu tun war. Als sie über den Hof lief, stritten die Unterköche noch immer miteinander.
    Die Brücke, fiel ihr wieder ein, sie hatte Roselina von der Brücke erzählt. Wahrscheinlich stand das Mädchen dort und bestaunte das Bauwerk mit Hingabe. Sie stürmte los, rammte – trotz leerer Gassen – einem Mann den Ellbogen in den Leib, als er nicht schnell genug auswich, und stieß einen vollgefüllten Korb äpfel um. Der Mann spuckte ihr nach, die Frau, der die äpfel gehörten, warf einen nach ihr.
    Dann glitzerte vor ihr das Wasser der Rhône, sie erreichte das Flussufer, blickte nach rechts, nach links. Roselina war verschwunden.
     
    Alaïs lief hin und her, aus ihrer Hektik wurde Panik. Obwohl sie sich zu sagen versuchte, dass Roselina ein vernünftiges Mädchen war, das nicht ohne triftigen Grund davonlief, wurde ihre Stimme zunehmend schriller, als sie wieder und wieder ihren Namen lief.
    Anfangs suchte sie nur am Flussufer, dann in den Gässchen.
    »Habt ihr ein kleines Mädchen

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