Die Gefährtin des Medicus
Montpellier.
»Na endlich«, knurrte Gaufridus, als er ihn sah.
Ludovicus blickte sich in der kleinen Hütte um, Laurent zog den Kopf noch mehr ein. »Wo ist Gasbert de Laval?«, fragte er forsch. Doch Gaufridus enttäuschte ihn. »Ihr müsst Euch mit mir begnügen«, meinte er knapp. »Ich bin in seinem Auftrag hier.«
Laurent trat unruhig auf und ab. »Kann ich gehen?«
»Warum so eilig? Du bist doch hier, um deinen Lohn zu erhalten.«
Laurent lachte auf, doch es klang nicht befreit, sondern wie ein Schluchzen. »Judaslohn?«
Was immer ihn dazu getrieben hatte, sich als Franziskaner zu verkleiden – die Aussicht auf das Geld allein konnte es nicht gewesen sein. Denn sein Gesicht wurde immer jämmerlicher, als Gaufridus nun einen Lederbeutel aus dem Umhang kramte.
»Hör mir auf mit deinem Gezeter! Sei froh, dass Gasbert so großzügig ist. Einer wie du hat’s nicht verdient.« Er spuckte die Worte nahezu aus. »Hier, zwei Kammergulden kannst du haben. Das ist mehr als genug.«
Zunächst schien Laurent zu zögern, das Geld zu nehmen. Dann streckte er vorsichtig die Hand danach aus. Gaufridus zwang es ihm geradezu auf, und als er es erst einmal hielt, so wagte er es nicht mehr abzuschlagen. Der Ausdruck seines Gesichts war noch jämmerlicher geworden, angewidert von dem Geld, vor allem auch von sich.
»Ich nehme es nicht für mich, das kannst du Gasbert sagen. Ich nehme es für die Mutter von …«
»Ich will es gar nicht wissen!«, unterbrach Gaufridus ihn scharf.
So gebückt wie Laurent gekommen war, verschwand er aus der Hütte. Alaïs duckte sich unwillkürlich, doch darauf hätte sie verzichten können. Er zog so tief den Schädel ein, dass er sie wohl auch dann nicht bemerkt hätte, wäre sie ihm direkt vor die Füße gesprungen.
Als sie sich wieder aufrichtete, war Ludovicus gerade am Nörgeln.
»Ich möchte keine Kammergulden«, meinte er. »Ihr Wert ist mir zu ungewiss. Mal wird er von den Geldwechslern zu hoch eingeschätzt, mal zu niedrig. Da sind mir die Florentiner Goldgulden lieber, immer mit gleichem Gewicht und gleichem Gehalt Gold gemacht.«
Gaufridus grunzte. »So wollt Ihr auch noch Ansprüche stellen?«
»Ich helfe Euch doch. Im übrigen sogar gerne. Aber Ihr wisst,dass ich mit dieser Sache nicht in Verbindung gebracht werden will. Ich lass mir davon meinen Namen nicht schmutzig machen.«
»Das hat Gasbert de Laval Euch bereits versprochen, und er ist ein Mann, der zu seinem Wort steht. Im Gegenzug müsst Ihr als Zeuge bereit stehen, auf dass Ihr – wenn es so weit ist – dem Papst von Aurel Autards Vergangenheit berichtet.«
»Ei, freilich tue ich das!« Er lachte schäbig. »Hab mir ein paar schöne Geschichten ausgedacht. Obwohl bereits jene reichen würden, die sich tatsächlich zugetragen haben.«
Alaïs erbleichte – und das noch viel mehr, als sie erkannte, was Ludovicus nun Gaufridus im Gegenzug für den Beutel Geld übergab.
Eine Weile noch belauschte sie die Männer. Nachdem sie genug gehört hatte, wartete sie nicht, bis sie auseinandergingen, sondern stürmte davon.
In der Ferne sah sie, dass Roselina nicht mehr beim Fischteich stand, sondern sich ans Flussufer begeben hatte, um dort fasziniert ihr eigenes Spiegelbild zu betrachten. Der Gedanke daran, was ihr ob mangelnder Aufsicht dabei hätte zustoßen können, blieb lahm. Zu sehr war ihr Kopf mit dem angefüllt, was sie eben gesehen und gehört hatte.
Emy, dachte sie. Ich muss es unbedingt Emy sagen.
Er war der Einzige, der die finstere Intrige abwenden konnte.
Sie rief Roselina zu, dass sie sich nicht von der Stelle rühren sollte, und überlegte dann fieberhaft, wie sie Emy finden konnte. Zu dieser Tageszeit hielt er sich gewiss im Palast des Papstes auf, entweder in der Küche, im großen Saal oder in den Vorratskammern. Seit jenem Morgen vor zwei Jahren, da sie an diesem Ort vergeblich nach Aurel gesucht hatte und mit wüsten Beschimpfungen fortgeschickt worden war, weil sie nur eine Frau war, war sie dem Wohnsitz des Papstes nie wieder nahegekommen.
Die Erinnerung an die einstigen Schmähungen hätte sie heute nicht abgehalten. Doch als sie sich verschwitzt durch die Gassengekämpft hatte, vorbei an der Kirche Notre – Dame des Doms, und schließlich zum Palast vordrang, tat es umso mehr eine schwere, schmiedeeiserne Türe.
Mittagszeit, fiel ihr ein. Es war ja Mittagszeit. Sobald die Glocke zum Mittag – oder Abendessen geläutet worden war, schloss der Pförtner die Palasttore und brachte
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