Die Gefährtin des Medicus
die Schlüssel dem
Camerarius.
Nach dem Mittagessen wurden sie bald wieder geöffnet, nach dem Abendmahl blieben sie für die ganze Nacht geschlossen.
Suchend blickte sie sich um. Weit und breit war niemand zu sehen, weder einer der Kammerdiener noch einer der Ritter, denen sie eine Botschaft für Emy hätte übergeben können.
»Verdammt!«, stieß sie aus und stampfte mit dem Fuß auf. Die Hitze, die bereits am Fischteich feuchtheiß gewesen war, ballte sich wie eine Faust um sie, schien sie regelrecht zu erdrücken. Schweißflecken zeichneten sich um ihre Achselhöhlen ab, Schweiß rann ihr auch über das Gesicht. »Verdammt!«
Sie fuhr herum, als sie hinter sich ein Knarren hörte. Erstaunlich leer war der Platz eben gewesen, nur von ein paar trägen Bürgern bevölkert, die ihre Wege heute langsamer erledigten als sonst. Jener Gruppe Holzarbeiter hingegen, die nun auf das Tor zuging, schien die Hitze nichts anhaben zu können. Sie schleppten das Holz, das die Flöße zu einem der Avignoneser Häfen transportiert hatten, hoch zum Stapelplatz direkt unter dem Felsen.
Die Männer wurden schon erwartet. Zwar öffnete man ihnen nicht das große Tor, jedoch eine kleinere Seitentür. Alaïs stürzte auf den Mann zu, der in der Tür erschien und die Holzarbeiter zu sich winkte.
»Bitte!«, rief sie. »Bitte, ich muss zu Emy …« Sie biss sich auf die Lippen. »Zu Emeric Autard«, berichtigte sie sich.
Der Mann starrte sie verständnislos an. Entweder kannte er den Namen nicht oder er war verärgert, dass sie es wagte, ein solches Ansinnen überhaupt zu äußern. Doch seine Empörung erstarb in der Hitze. Er tat so, als hätte er sie nicht gesehen, undwandte sich den Holzarbeitern zu – was ihr die Möglichkeit gab, durch die Tür zu huschen. Im Hof schien sich die Hitze förmlich zu stauen. Das Licht war so flirrend, dass es ihr Tränen in die Augen trieb. Sie war nicht die Einzige, die kaum etwas sah: Sämtliche Männer, die hier mehr hockten als standen, schienen blind für sie.
Die einen, weil sie träge waren und unter der Last der Hitze schnauften, zwei weitere, weil sie sich in einem heftigen Streit miteinander befanden, den selbst die staubige Glut nicht zu dämpfen ermochte. Alaïs musterte sie nur flüchtig, schritt dann weiter.
Wahrscheinlich waren es Johannes Borie und Gabino Gallici, die beiden Unterköche. Emy hatte erzählt, dass sie sich spinnefeind waren und stets aufs Neue ankeiften, wenn es um die Verteilung von Häuten und Fleisch der Tiere ging, die am Hof geschlachtet wurden. Der
Panatare
war der Einzige, der sie mit seinem strengen Blick zum Verstummen bringen konnte – doch der, Hugo de Englisma mit Namen, war wohl nicht zugegen.
Alaïs hob den Kopf. Die Fenster des Papstpalastes – im Winter mit Holzbalken beschlagen – waren nun mit gewachsten Leinwänden geschlossen. Hinter einem von diesen nahm sie eine Regung wahr, und wenig später erschien im Hof ein aufgedunsener, wenngleich nicht wirklich dicker Mann.
»Benedictus!«, rief sie erleichtert.
Sie kannte Benedictus de Portu, den Kellermeister des päpstlichen Hofs. Manchmal war er Emys Gast – und noch häufiger konnte man ihn nachts in den Tavernen treffen. Er gehörte zu jenen, die saufen konnten, ohne hinterher zu stottern und zu lallen – lediglich die Haut kündete von jenem Laster, indem sie immer schlaffer wurde und von blauen äderchen zerfurcht.
»Emy! Ich suche Emy!«
Er blickte sich unsicher um. »Du darfst hier nicht sein, Mädchen, das weißt du doch!«
»Aber ich muss mit Emy sprechen!«
Ihre Erregung blieb nicht unbemerkt. Er schüttelte zwar denKopf, verzichtete jedoch darauf, sie für ihr unerlaubtes Erscheinen erneut zu tadeln.
»Warte hier!«, knurrte er knapp, ehe er sich abwandte.
Sie suchte bei einem Brunnen Zuflucht – einerseits, weil dort ein wenig Schatten zu finden war, andererseits, um sich vor neugierigen Blicken zu verstecken.
Wenig später war Emy bei ihr. »Alaïs, was machst du …?«, setzte er an.
»Aurel«, stammelte sie. Die unerträgliche Hitze und das Entsetzen trieben ihr Tränen in die Augen. Sie perlten über ihre Wangen, vermischten sich mit Schweißtropfen. »Sie planen eine finstere Intrige gegen ihn …«
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XXI. Kapitel
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Sie erzählte ihm alles, was sie gehört hatte. Dass Ludovicus Gauf – ridus ein Gift überreicht hatte. Dass jener offenbar plane, es in das Essen des Papstes zu rühren. Der Heilige Vater würde freilich rechtzeitig gewarnt, bevor er es zu
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