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Die Gefährtin des Medicus

Die Gefährtin des Medicus

Titel: Die Gefährtin des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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ich einiges hier zu erledigen.«
    Unerwartet ließ seine Hand den Geldbeutel los. Er schlug Aurel auf die Schultern, tätschelte ihm dann die Wange wie bei einem kleinen Kind. Alaïs sah, wie Aurel zurückzuckte. Anmaßend kam ihr der florentinische Kaufmann vor, aufdringlich und besitzgierig, doch dieser wollte sich wohl von allem, was er sich einhandelte, mit sämtlichen Sinnen überzeugen.
    Schließlich ließ er ihn wieder los.
    »Was ist Eure nächste Station?«, fragte Emy. Immer noch waren ihm seine Zweifel anzuhören.
    »Ach, nur eine kleine Stadt!«, rief Giacinto nachlässig aus. Um dann jedoch vielsagend hinzuzufügen: »Aber eine der wichtigsten der Welt. Wir reisen nach …Avignon!«

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XII. Kapitel
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    Die Kopfverletzung des unglückseligen Fausto schien zu Aureis Zufriedenheit zu heilen. Nach zwei Tagen war er in der Lage, einige Sätze zu stammeln. Aufrecht stehen, gar eigenständige Schritte machen konnte er nicht – aber von nun an, so erklärte Aurel, war für die Heilung einzig Zeit notwendig, nicht mehr seine kundige Hand.
    Giacinto Navale hingegen entschied, dass man nun genug Rücksicht auf den Verwundeten genommen hatte und es an der Zeit war aufzubrechen.
    Nach der Hitze der letzten Tage hatte der Himmel ein weißes Kleid angezogen. Er wirkte jungfräulich rein, nicht befleckt von Wolken, nicht zerrissen von Unwettern, nicht geröstet von der Sonne.
    Der Kaufmannszug setzte sich in Bewegung, und gleichwohl jeder Einzelne um seine Aufgabe wusste und diese gewissenhaft ausführte, reisten sie doch um vieles langsamer, als es ihnen zu dritt gelungen war. Hätten die Reiter zu Pferde auch ein höheres Tempo aufbringen können, die Männer, die manch Karren anschoben, vermochten es nicht. Schließlich galt es nicht nur, die Ware ans Ziel zu bringen, sondern vor allem, dass sie unbeschädigt blieb.
    Giacinto Navale redete meist auf Aurel ein. Seltsam zwiespältig war dabei sein Gesichtsausdruck. Mal blitzte ehrlicher Respekt, sogar Bewunderung durch, mal Verachtung, die wohl nicht nur seiner schäbigen Kleidung galt, sondern auch der Unwissenheit, der Unbeholfenheit, was jene Bereiche des Lebens anbelangte, die nichts mit Medizin zu tun hatten. Und schließlich lag ein Hauch Gönnerhaftigkeit in seiner Miene, als wäre es insgeheim ein großer Spaß, einem, der sich so in eine Disziplin verbissen hatte, den Weg in ein breitgefächerteres Leben zu weisen.
    Alaïs versuchte sich indessen an das zu erinnern, was sie über ihr vorläufiges Reiseziel gehört hatte. Anders als Florenz klang Avignons Name nicht fremd in ihren Ohren. Sie wusste, dass das die Stadt war, in der der Papst residierte.
    Einst, als sie noch ein Kind gewesen war, hatte sie die Eltern darüber reden hören. »Warum ausgerechnet Avignon?«, hatte die Mutter geklagt. »Der Papst gehört nach Rom! Das ist seit alten Zeiten seine Stadt.«
    Ray hatte die Ernsthaftigkeit in ihrer Stimme belächelt: »Das hat dir gewiss dein frommer Vater Pèire de Mont – Poix eingebläut, und obwohl er schon so lange tot ist, glaubst du immer noch daran? Obwohl er obendrein ein Ketzer war? Wie auch immer«, fuhr er rasch fort, und bei diesen Worten hatte er Alaïs auf seine Knie gehoben. »In Rom leben viele mächtige Familien: Sie heißen Colonna oder Orsini, Conti oder Gaetani – und sie bringen sich gerne gegenseitig um. Sie erwürgen sich, sie erstechen sich oder sie schicken einander vergiftete Speisen.«
    »Hör auf, dem Kind Angst zu machen!«, warf Caterina grimmig ein.
    Aber Alaïs hatte keine Angst, sie lachte quietschend, und Ray setzte hinzu: »Aus diesem Grund leben die Päpste schon lange nicht mehr in Rom; viel zu viel Tumult, viel zu viel Aufruhr, viel zu viel Gefahren gibt es dort. Ständig müssten sie Angst haben, ermordet zu werden. Bonifaz VIII. zum Beispiel hatte sich nach Anagni zurückgezogen. Allerdings hat ihm das nicht viel geholfen, und er wurde trotzdem ermordet. Und zwar mit einer Ohrfeige.« Er grinste, sodass Alaïs nicht recht wusste, wie ernst er diese Worte meinte. »Der Papst bekam eine Ohrfeige?«, fragte sie überrascht.
    »Aber ja doch! Von einem gewissen Guillaume de … Guillaume de … ach irgendwas, ich weiß nicht mehr, wie er hieß, nur,dass er ein Gesandter des französischen Königs Philippe war. Von dem forderte der Papst nämlich Geld für neue Kreuzzüge, und als er es nicht rausrückte, hat er den König unter den Kirchenbann gestellt … Was das bedeutet? Ach, das ist nicht so wichtig, 's ist

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