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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Stadt gibt es wohl viele Möglichkeiten.«
    Die Hure nickte und ihre leicht zusammengekniffenen Augen zeigten ihm, dass sie den kleinen Köder geschluckt hatte.
    »Trinkt, Herr«, sagte sie und streifte ihm das Barett vom Kopf. Ihr üppiger Busen wogte lockend vor seiner Nase. Der dunkle Duft sollte ihn wohl betören, aber so recht fand er keinen Gefallen daran. Er nahm einen Schluck von dem feurigen Wein. Pfeffer ließ ihn stärker schmecken, als er war.
    »Habt Ihr mit dem Osten Handel getrieben?«
    Neugierig war das Weib, genau wie er es erwartet hatte. Und während er sich zögerlich verführen ließ, entlockte sie ihm, dass er zwar reiche Geschäfte mit den weißen Pelzen aus Russland gemacht hatte, aber seinem Kompagnon dabei kräftig das Fell über die Ohren gezogen hatte. Dass er, als der den Schwindel bemerkt hatte, ihn im Streit erschlagen und auf hoher See den Fischen vorgeworfen hatte, bedrückte ihn nun zutiefst, und er hatte seine Hoffnung auf die Für­bitten der Heiligen Drei Könige gesetzt, um von seiner Schuld erlöst zu werden.
    Diese hübsche Geschichte verdankte er Inocenta, die Stephans Leid zum Ausgangspunkt genommen hatte.
    Er ließ sie sich nun in kleinen Stückchen von der kundigen Dirne entreißen, und erst, als er seine Befriedigung bei ihr gefunden hatte, erlaubte er sich, ein unterdrücktes Schluchzen ob seines sündigen Gewissens hören zu lassen und dass die Könige sein Leid nicht hatten lindern können.
    Sie hatte viel Verständnis für ihn und empfahl ihm, Pater Tilmanus aufzusuchen, der ein gütiger Beichtiger war und schon vielen geholfen hatte, Trost und Vertrauen im Erlöser zu finden.
    Hagan seufzte auf und zeigte sich zunächst unschlüssig, brachte Einwände vor, dass man ihm kaum noch würde helfen können.
    »Doch, doch, Herr, er nimmt sich der Sünder an und führt sie zum Glauben. Menschen sind so fehlbar, nicht wahr?«
    Sein erstes Ziel hatte er damit erreicht – Tilmanus würde sicher umgehend von ihr erfahren, dass eine gequälte Seele bei ihm vorsprechen würde. Aber seine Neugier war noch weiter geweckt. Er wollte wissen, mit welchen Sünden beladen ihre Kunden waren, die sie dem Vermittler zu jenem Geheimbund schickte. Auch er war nicht ungeschickt da­­rin, andere zum Reden zu bringen, und so erfuhr er, dass die Hure ein gutes Auge dafür hatte, wer allerlei unzüchtigen Neigungen erlegen war und sich deshalb schuldbewusst fühlte. Die Töchter der Nacht befriedigten offensichtlich diese Neigungen. Er tat, als fasziniere ihn ihre Schilderung der Absonderlichkeiten, mit denen die Männer an sie herantraten. Doch als er dabei erfuhr, dass ein Mann, dessen Beschreibung allzu genau auf Richmont von Schlebusch passte, seine Lust an jungen Chorknaben stillte, hatte er Mühe, seinen Ekel zu unterdrücken.
    Er entlohnte die Hure großzügig und wanderte daraufhin tief in Gedanken versunken durch die nächt­lichen Gassen.
    Feuchter Nebel war vom Fluss heraufgezogen. Am Ufer hielt er nach dem Schiffer Ausschau, der ihn das letzte Mal übergesetzt hatte. Aber als er bei ihm anklopfte, schlug ihm der Mann diesmal die Tür vor der Nase zu. Es blieb ihm also nichts anderes übrig, als wieder in einem Gasthaus um ein Bett zu bitten. Er fand eines, das einen besseren Eindruck machte als das, in dem er das letzte Mal mit den Wanzen das Lager geteilt hatte. Der »Adler« am Eigelstein mit seiner Schmiede wurde von einer kratzborstigen kleinen Wirtin geführt, die, wenn auch schon grauhaarig, mit großer Lebhaftigkeit Schankmaiden und Knechte sowie den behäbigen Schmied herumscheuchte, aber einen Kessel voll deftigem Essen über der Herdstelle köcheln hatte. Ihr Bier war eine Offenbarung für ihn – bitter, doch leicht und süffig, mit seinem weißen Schaum mundete es ihm ausgezeichnet, und die Gäste, red­liche Handwerker und Reisende, benahmen sich ebenso gesittet wie die in der »Bischofsmütze«. Auch die Kammer, die sie ihm anwies, schien ihm rein zu sein. Bei einer Schüssel Wildragout stahl sich Laures Gesicht wieder in seine Gedanken. Sie hatte ihn mit leiser Verachtung angesehen, als er von seinem Plan gesprochen hatte, eine der Töchter aufzusuchen.
    Nein, er schämte sich nicht dafür, dass er seine Lust bei willigen oder käuf­lichen Frauen befriedigte. Überhaupt nicht. Sein Leben war nie dergestalt gewesen, dass er sich ein Weib an seiner Seite gewünscht hätte.
    Die Wirtin, Frau Franziska, zankte lauthals mit ihrem Mann Simon. Der lachte, hob sie hoch und

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