Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
anschließend eine Elle Mumienbinde verkaufen dürfen.« Hagan schnaubte. »Ich wüsste zu gerne, was das für ein Gaukelspiel ist, was sie da betreiben.«
    »Das solltest du dir doch selbst ausdenken können, Herr Bischof. Irgendwas mit dumpfen Gesängen, dichtem Rauch und flackernden Kerzen. Und erhebenden Worten natürlich.«
    »Klar. Dass sie Leute mit sündigem Gewissen ausnehmen, ist die eine Sache, das machen andere mit dem ganz gewöhn­lichen Ablasshandel auch. Was mich stutzig macht, ist, dass Martine nichts von diesem Grabtuch weiß.«
    »Derjenige, der bei dieser Sache die Fäden zieht, hat das erst seit dem Konstanzer Konzil aufgebracht. Weiß der Teufel, warum.«
    »Um noch mehr Geld zu bekommen und damit noch mehr Einfluss zu nehmen, Hagan.« Piet grinste. »Wir brauchen einen neuen Papst.«
    »Womit wir wieder bei Dietrich sind«, knurrte Hagan. »Weißt du was? Ich werde es mir selber ansehen. Diesen Tilmanus aufsuchen, ihm mein schuldbeladenes Gewissen zu Füßen legen und darum winseln, Erlösung zu finden.«
    »Hagan …«
    »Es kann so gefährlich nicht sein.«
    »Es haben schon eine ganze Reihe Leute den Tod gefunden.«
    »Dann muss ich eben vorsichtiger sein als sie. Ich möchte wissen, was die große Anziehungskraft dieses Bundes ausmacht. Was für einen seltsamen Heiligen die Damen da in ihrer Krypta untergebracht haben.«

29. In Honig kandierte Walnüsse
    Vom Dach der Werkstatt klang ein jämmer­liches Maunzen. Melle stand unten und beschattete mit der Hand ihre Augen gegen das Sonnenlicht. Richtig, da oben saß Matti. Der kleine Kater hatte es auf der Flucht vor dem Hofhund geschafft, dort hinaufzuklettern, und wie es schien, hatte ihn nun der Mut verlassen, wieder nach unten zu springen. Lockende Worte halfen nichts. Sie musste wohl oder übel auf das Dach steigen, um ihn herunterzuholen. Der Stelzengeher hätte ihr helfen können, aber der war mit Jurg nach Efferen aufgebrochen, und die andern Vaganten waren ausgeflogen, um in Porz auf dem Markt ihre Gaukeleien vorzuführen. Frau Laure war mit dem Eselskarren nach Poll gefahren, um am Hafen Fisch für den morgigen Freitag zu kaufen. Ihr Vater war wieder mal nach Köln aufgebrochen, und Jan und Paitze sammelten Nüsse. Sie hatte sich mit Martine um den armen Herrn Stephan gekümmert, der hustend und fiebernd in der Scheune lag, als sie das Kreischen und Kläffen im Hof gehört und die wilde Verfolgungsjagd gesehen hatte.
    Es waren nur Elseken und Goswin anwesend, und die mochte Melle nicht um Hilfe bitten.
    Matti jammerte wieder.
    Sie sah sich um. Es musste in diesem Gasthof doch eine Leiter geben. Hinter der Werkstatt des Wagners fand sie eine längs an der Wand liegen. Ein wenig morsch sah sie aus, und ein paar Winden hatten sich um die Sprossen gewickelt. Melle rupfte sie ab und richtete dann mühsam die Leiter auf. Sie reichte bis an das mit Holzschindeln bedeckte Dach, und auch wenn sie wackelig auf dem unebenen Boden stand, gelang es Melle doch hinaufzuklettern. Das Dach machte auch bei näherer Betrachtung keinen besonders stabilen Eindruck, dem Wagner war es wohl gleichgültig, dass es bei Regen in seine Werkstatt leckte. Wieder versuchte Melle den dreibeinigen Kater zu sich zu locken, aber der hatte sich in blinder Panik auf dem Firstbalken festgekrallt. Steil war das Dach nicht, Halt würde sie darauf wohl finden, befand Melle. Vorsichtig kletterte sie weiter nach oben. Dabei war sie ganz dankbar, dass die eine oder andere Schindel fehlte und sie Halt an den darunterliegenden Dach­sparren fand. Sie erreichte Matti und streckte mit beruhigenden Schnurrlauten die Hand nach ihm aus. Er drehte endlich den Kopf zu ihr herum.
    »Na, nun komm schon, du dummes Schisserchen«, lock­­te sie und streckte die Hand nach ihm aus. Er zuckte zurück, starrte sie aber weiter an.
    »Komm her, Matti, komm, ich rette dich!«
    Er wagte einen vorsichtigen Schritt auf sie zu, blieb aber plötzlich wieder wie erstarrt stehen und schaute zum Hof hin.
    Hufschlag näherte sich, Melle gab leise ein unflätiges Wort von sich. Aber sie war neugierig, wer der Ankömmling war, und kraxelte noch ein Stück weiter nach oben, sodass sie über den First schauen konnte.
    Überrascht hielt sie sich an dem Balken fest.
    Das war doch der Ritter!
    Was wollte der hier?
    Dass Lothar von Hane in gefähr­liche Machenschaften verwickelt war, hatten sie, Jan und Paitze inzwischen herausgefunden. Frau Laure, Piet und der Magister taten zwar immer so geheimnisvoll, aber

Weitere Kostenlose Bücher