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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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machte Anstalten, sie in den Kessel zu stecken. Sie strampelte, lachte ebenfalls und zauste ihm die Haare. Jung waren beide nicht mehr, aber wie er gehört hatte, führten sie schon seit über dreißig Jahren gemeinsam die Wirtschaft. Sicher hatten sie Kinder und Enkelkinder – manche der jungen Maiden, die hier Bier und Apfelwein ausschenkten, sahen der Wirtsfrau verblüffend ähnlich.
    Laure brauchte auch so einen Mann wie diesen Schmied, dachte er. Einen, der grobe Gäste zusammenstauchte oder auch mal vor die Tür setzte, der Bier- und Weinfässer in die Schankstube rollen und den schweren Kessel vom Haken wuchten konnte. Der ihren Kindern ein guter Vater war und das Gesinde in Zucht hielt.
    Und sie lachend durch die Luft schwenkte.
    Bei dem sie sich nach einem harten, arbeitsreichen Tag anlehnen konnte, Ruhe fand und an seiner Seite einschlafen würde.
    Dummes Zeug.
    Hagan wischte seine Schüssel mit dem Kanten Brot aus und leerte seinen Becher Bier. Dann trottete er in seine Kammer und kroch unter die Decke.
    Wär schön, jetzt ein sanftes Weib neben sich zu haben, statt dieses haarigen Bären von Fuhrmann. Nicht der Tändelei wegen, sondern um – ach, um sich geborgen zu ­fühlen.
    Der Bär drehte sich schnarchend um und schloss ihn in die Arme.
    Oh Gott!
    Als Hagan am Morgen zur Fähre kam, fand er Piet am Ufer stehend. Erfreut begrüßten sie einander.
    »Und? Eine heitere Liebesnacht genossen?«
    »Mit einer durchtriebenen Hure und einem Riesen von Fuhrmann. Beides wenig beglückend, aber lehrreich.«
    »Die meine war es auch, obwohl ich mich auf den Gassen herumgetrieben habe und noch nicht mal ein weiches Lager bekam.«
    »Was hielt dich davon ab?«
    »Wachsamkeit. Ich habe einen dunklen Winkel zwischen zwei Häusern bezogen, eine derbe Decke war mein Begleiter. Von dort habe ich das Gebäude in der Witschgasse beobachtet, in dem die verschleierten Damen ihre Wohnstatt haben. Aber zuvor habe ich ein wenig in der Nachbarschaft herumgeschnüffelt. Es hat mich ein paar Münzen gekostet, aber der Gassenjunge, der mir Auskunft gab, war beinahe ein Goldstück wert.«
    Sie betraten die Fähre, und obwohl Hagan begierig war, sich mit Piet auszutauschen, hielten sie doch beide den Mund. Es gab zu viele Ohren hier, die nichts über ihre Überlegungen zu erfahren brauchten. Wie schnell Gerüchte sich verbreiteten, war ihnen beiden klar.
    Wieder im Gasthaus angekommen aber bat Piet die Wirtin, mit der stummen Magd in den Obstgarten zu kommen. Martine folgte ihnen, wenn auch mit leicht verängstigter Miene.
    »Sei so gut, Martine und beantworte Piets Fragen«, bat Laure und setzte sich auf einen Mauervorsprung. »Wir sind auf deine Hilfe angewiesen. Und du hast unser Versprechen, dass wir alles tun werden, um dich zu beschützen. Nicht wahr Piet? Herr Hagan?«
    Doch sie wirkte immer noch scheu und fluchtbereit.
    »Gewiss. Martine, ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich dir helfen möchte. Man hat dir etwas angetan, und wir haben einen Verdacht, dass auch andere Frauen dein Schicksal erlitten haben und noch weiter erleiden könnten.«
    Piet setzte sich neben sie und legte ihr seinen Arm um die Schultern.
    Sie sah zu Boden, nickte dann aber.
    »Antworte mit Ja oder Nein, oder wenn du es nicht weißt, heb die Hand.«
    Sie nickte.
    »Als wir uns kennenlernten, warst du eine Leinenweberin. Aber du hast dieses Handwerk aufgegeben.«
    Martine starrte auf ihre Hände.
    »Du hast als Hure gearbeitet, nicht wahr? Man hat dich überredet, das zu tun.«
    Sie nickte.
    »Hat dich ein Priester dazu überredet?«
    Wieder nickte sie.
    »Vor wie vielen Jahren war das, Martine?«
    Sie hob die Finger. Neun.
    »Vor neun Jahren, 1406 also. Das war bald nachdem wir uns trennten. Trage ich Schuld daran, Martine?«
    Hagan war erstaunt über die Trauer in Piets Worten, aber Martine schüttelte den Kopf. Sie sah nun auch auf und machte die Geste des Geldzählens.
    »Er bot dir Geld.«
    Ihre Hand peitschte durch die Luft.
    »Und Schläge. Man hat dich gezwungen, in ein Frauenhaus zu gehen?«
    Sie nickte.
    »Gehörtest du zu den Töchtern der Nacht?«
    Martine zuckte zusammen. Dann hielt sie vier Finger hoch.
    »Vier Jahre lang. Und dann passierte dies?« Piet wies auf seinen Mund. Martine schüttelte den Kopf. Sie hob noch einmal drei Finger, ergriff ihr Kopftuch und zog es über die Augen.
    Hagan sog überrascht die Luft ein.
    »Du warst eine der verschleierten Damen?«
    Martine nickte. Dann zeigte sie drei Finger und legte sich in der

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