Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
schauen.
    Die Nacht war vorangeschritten, das Haus war still geworden. Laure schlug ihr geheimes Büchlein zu und verschloss es in der Truhe. Als sie das Licht ausblies, fiel ihr mit einer kleinen Verwunderung ein, dass sie von Pfarrer Tilmanus nie eine Zeichnung angefertigt hatte. Hätte sie den kranken Geist hinter seinen Zügen erkannt?

5. Begegnung in Straßburg
    So werden Füchse gefangen!
    Papst Johannes XXIII ., Baldassare Cossa,
vor dem Konzil von Konstanz
    Magister Hagan, den vollen Bart sorgsam gestutzt, den kahlgeschorenen Kopf jedoch unbedeckt, saß am Tisch einer lauten Taverne und versicherte mit sorgsam geschriebenen Buchstaben einem Weib seine innigste Liebe. Nicht dass er dieses Weib gekannt hätte, aber den Schilderungen des Handwerksgesellen neben ihm zufolge musste sie einer Heiligen, einer Königin und rosenhäutigen Elfe zu gleichen Teilen ähneln. Er schmückte also nach Gutdünken das Gestammel des jungen Mannes mit blumigen Wendungen aus, in der Annahme, dass jener, der der Jungfer dieses Schreiben vorlas, es mit dem passend sehnsuchtsvollen Pathos tat. Was musste Liebe schön sein.
    Als das prachtvolle Machwerk vollendet war, reckte er sich und griff nach dem Humpen. Seit drei Tagen waren sie in Straßburg. Zuvor hatten sie größere Orte gemieden und waren den April und die ersten Maiwochen hindurch über Land gezogen. Die Goldstücke in seinem Geldgürtel entschädigten die Vaganten für die fehlenden Einnahmen, aber nun, so hatten Piet und er beschlossen, war es wohl ungefährlich, auch wieder eine Stadt aufzusuchen.
    Piet und seine Leute waren auf dem Marktplatz und sorgten mit allerlei Gaukelei für die Belustigung der Leute. Straßburg war ein lebhafter Ort, und Stelzengehen, Jongelage, vor allem mit Unterstützung des schlauen Äffchens, Pfeifenspiel und Trommelschlag zu blutrünstigen Balladen, das ließ die Münzen klingen. Ebenso fanden die feingeschnitzten Holz- und Hornlöffel ihren Absatz, die Dienste der Rattenfängerin mit ihren drei Frettchen wurden gerne in Anspruch genommen und auch die der Flickschneiderin. Inocenta trat als Närrin auf, ihre bissigen Kommentare entzückten das Publikum.
    Er, als Magister hingegen, hatte die Schreibarbeiten übernommen, was sich auch recht gut anließ. So gut, dass er neues Papier und neue Tinte benötigte. Der Wirt der Schenke wies ihn auf Befragen an einen Mann am Kamin. Der sei ein Drugwarenhändler auf der Durchreise und führe sicher derartige Waren mit sich.
    »Ja, Magister Hagan, Papier von guter Qualität, auch Pergamente und Tinten in verschiedenen Farben kann ich Euch anbieten«, antwortete der sommersprossige Händler, als er darauf angesprochen wurde. »Ich bleibe noch bis übermorgen, ein paar Geschäfte habe ich hier noch zu tätigen.«
    Sie wickelten den Handel zur gegenseitigen Zufriedenheit ab, und Magister Hagan lud den Mann, der sich als Lucas Overrath vorstellte, anschließend zu einem Becher Wein ein. Nicht ohne Hintergedanken, denn wie er erfahren hatte, war der Händler auf jener Route gereist, die sie auch zu nehmen beabsichtigten, und Reisende taten gut daran, sich nach den Verhältnissen auf den Straßen zu erkundigen. So kam das Gespräch auch auf Köln.
    »Es gibt einen sehr ordent­lichen Gasthof dort vor den Toren der Stadt, Magister. In Brück, da, wo sich der Mauspfad mit der alten Brüderstraße kreuzt. Nennt sich ›Zur Bischofsmütze‹ und hat einen Wagner und eine rein­liche Wirtsfrau.«
    »Hört sich gut an. Wart Ihr kürzlich dort?«
    »Ende März war’s.« Und plötzlich lachte Overrath auf. »War ein denkwürdiger Aufenthalt, den ich nicht so schnell vergessen werde. Man erlebt ja viel auf seinen Fahrten, aber das schlug alles, was ich je gesehen habe.«
    »Im Wirtshaus?«
    »Nein, nein, das ist wirklich ordentlich, aber Verrückte verirren sich eben auch manchmal in solche Häuser. Und dieser Heringshändler war weiß Gott von Witz und Sinnen. Stellt Euch vor, ich bin nach Merheim gegangen, eine Pfarre in der Nachbarschaft, und wollte eine Kerze für die gute Reise anzünden, da traf ich in der Kirche einen Mann, der eben dabei war – Ihr werdet es nicht glauben – ins Tauf­becken zu pinkeln.«
    Magister Hagan gab ein Prusten von sich.
    »Und nicht nur das, Magister. Ich sprach ihn an, wirklich empört, da erklärt mir dieser Wahnwitzige, er sei ein neuer Johannes der Täufer. Und wenn er ins Taufbecken pisst, dann erteilt er den Täuflingen seinen besonderen Segen.«
    »Großer Gott. Dem

Weitere Kostenlose Bücher