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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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muss jemand ins Hirn gepinkelt ha­­ben.«
    »Sag ich doch. War auch ansonsten ein ziemlich unangenehmer Zeitgenosse, dieser Herringsstetz. Jähzornig und aufbrausend. Hat am selben Abend mit mir noch ein Gezänk angefangen – weiß gar nicht mehr, warum.«
    Auch andere Gäste hatten sich um den Tisch versammelt und kommentierten diese Groteske unter Häme und Gelächter. Was den Drugwarenhändler nur dazu anstachelte, weitere absurde Histörchen von sich zu geben.
    »Ich hab ja jetzt Drugwaren ganz besonderer Art erstanden, das muss ich Euch auch noch erzählen. Da habe ich nämlich einen Händler gefunden, der mir überaus billig eine Mumia angeboten hat.«
    »Mumia?«, fragte ein nach Harz und Holz riechender Graubart. »Was ist das?«
    »Getrocknete Heiden.«
    Magister Hagan verkniff sich ein Grinsen. Der Händler war wirklich ein Original. Jetzt erläuterte er wortgewandt, wie die Apotheker die uralten, in Erdpech getränkten und mit Binden eingewickelten Körper der Verstorbenen aus dem Ägyptenland zermahlten und zu Salbe verarbeiteten. Angenehmes Grauen breitete sich aus.
    Doch dann wurde die Aufmerksamkeit von ihm abgelenkt, denn Piet und seine Truppe kamen mit lautem Gejohle in den Schankraum.
    Magister Hagan blieb ungerührt, Overrath verstummte, und nur ein magerer Schustergeselle auf der Walz wandte ihm noch seine Aufmerksamkeit zu.
    »Lucas Overrath, ja? Der seid Ihr?«
    »Sischer dat. Drugwarenhändler zu Euren Diensten, junger Mann.«
    Overrath hatte dem schäumenden Bier reichlich zugesprochen und war in leutseliger Stimmung.
    »Wir sind uns in Brück begegnet, aber wahrscheinlich erinnert Ihr Euch nicht mehr daran.«
    Der Händler musterte den Schuster mit etwas glasigem Blick.
    »Nein, tu ich nicht, Ihr mögt mir verzeihen, Geselle.«
    »Tu ich, und noch etwas dazu. Ihr solltet künftig die Gegend meiden, Overrath, denn in der näm­lichen Nacht, in der Ihr dort weiltet, wurde der Herringsstetz erdrosselt und der Pfarrer von Merheim ermordet. Man glaubt, dass Ihr es gewesen seid.«
    Alle Farbe wich aus dem vom Trunk geröteten Gesicht.
    »Um Himmels willen – nein. Ich mag gestritten haben mit dem Witzbold, doch ich hab ihn nicht angerührt.«
    »Ich war nicht dabei, als er starb. Aber man suchte Euch.«
    Diese Nachricht schien den Drugwarenhändler schlagartig zu ernüchtern und ihm jeg­lichen Appetit auf sein Bier zu verderben. Er warf ein paar Münzen auf den Tisch und stand auf.
    »Besser, ich geh jetzt. Habt Dank für Eure Botschaft, Geselle.«
    Der nickte nur.
    Magister Hagan sah Overrath nach, der sich leicht schwankend aus der Taverne begab.
    »Ein gesuchter Mörder?«, fragte er den Gesellen.
    »Vielleicht. Aber ein Schwartemuul. Ich glaub’s nicht, aber die Aufregung war groß, und Ihr wisst, wie schnell die Leut einen Schuldigen sehen wollen.«
    »Dann war Euer Rat gut. Es wird ihm nicht schwerfallen, einige Zeit von Köln fortzubleiben. Er ist ein geschäftstüchtiger Mann, will mir scheinen.«
    »Mir auch.« Der Schuster grinste Magister Hagan breit an. »Vor allem, was die Mumia anbelangt. Dazu kenn ich nämlich auch eine krude Geschichte.«
    Die Vaganten hatten sich jetzt um einen Tisch gesetzt und sprachen dem Essen zu. Die anderen Gäste waren aufgebrochen, und sie saßen nun alleine auf der Bank am Kamin.
    »Messt Ihr den getrockneten Heiden die Leisten an?«, fragte Magister Hagan mit leichtem Spott in der Stimme.
    »Weder saftigen noch getrockneten Heiden, sondern nur rechtgläubigen Christenmenschen. Doch für rechtens halte ich es nicht, dass die Händler Geschäfte mit diesen Leich­namen machen. Ich habe vor zwei Jahren eine Weile in Venedig verbracht und dort vieles darüber gehört. Sie buddeln sie im Morgenland aus dem Sand, zu Hunderten. Ganze Schiffsladungen bringen sie über das mittelländische Meer und verhökern sie hier gegen teures Gold.«
    »Ich habe schon davon gehört. Mich hat’s bisher nicht gekümmert, aber wie Ihr sagt – es mag nicht recht sein, die Grabesruhe selbst der Ungläubigen zu stören.«
    »Ja, so mag der eine oder andere auch denken, und ein schlimmer Bruderstreit ist darüber ausgebrochen, sagt man. Einer war ein Mumienhändler, der andere ein Gewürzkaufmann. Beide aber hatten ihre Ware auf ein und demselben Schiff geladen, und auf hoher See hat der Pfeffersack den Bruder über Bord geworfen. Als sie den Heimathafen erreichten, hat er dann die Mumien in einem Grab bei­setzen lassen. Auch verrückt, nicht wahr?«
    »Den Bruder wegen

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