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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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schwärzlich. Aber sie war warm, und sie entzog sie ihm nicht. »Ich bin ein Bastard, Melle. Ich liebte meine Mutter und verlor sie. Ich begehrte gegen die Wünsche meines Vaters auf. Siehst du die Ähnlichkeiten?«
    Melle nickte und sah ihm dann ins Gesicht.
    »Ja, Vater, ich glaube, ich verstehe das jetzt. Ihr wolltet auch für mich sorgen.«
    »Ich will noch immer für dich sorgen, Kind. Aber – ich weiß nicht recht, wie. Eine Angelegenheit jedoch habe ich bereits geregelt, und ich hoffe, du wirst dich nicht dagegen wehren, sollte der Fall eintreten.«
    »Kein Konvent!«
    Er lächelte.
    »Nein, kein Konvent. Die Schwester meiner Mutter, Bela von Efferen, hat sich bereiterklärt, dich im Falle meines Todes bei sich aufzunehmen. Sie lebt in einer Burg drüben auf der anderen Seite des Rheines.«
    »Gut. Aber, Vater, warum wollt Ihr sterben?«
    Ihre Stimme klang belegt, und ihre Augen waren geweitet.
    »Ich will nicht sterben, Melle. Aber du hast es ja mit­bekommen – wir sind in einen Strudel böser Ereignisse geraten. Und es besteht durchaus die Gefahr, dass es zu Kämpfen kommt.«
    Ihre Hand klammerte sich fest an seine, und mit einer spontanen Regung zog er das Mädchen an sich. Einen winzigen Augenblick lang machte sie sich starr, dann lehnte sie sich an ihn und seufzte leise.
    »Ist gut, Kind. Ich achte darauf zu überleben. Und noch mehr werde ich darauf achten, dass dir kein Leid geschieht.«
    Ihr Kopf lag an seiner Schulter, und leise fragte sie: »Wie starb Mama?«
    Er erzählte es ihr, ebenfalls sehr leise. Und dann ließ er sie weinen.
    Als sie ruhiger wurde, murmelte sie: »Sie hatte Daniel lieb. Warum nur hat sie sich den Huren angeschlossen, Vater?«
    »Ich denke, Melle, weil man ihr viel Geld versprochen hat. Und vielleicht auch aus Trotz und Trauer.«
    »Ach so. Ja.«
    Die Sonne war weitergewandert, und die Schatten waren länger geworden. Es wurde kühl.
    »Komm, wir wollen zurückgehen. Ich bin sicher, Frau Laure braucht unsere Hilfe. Sie hat einige schlimme Erlebnisse gehabt.«
    »Ja, heute Nacht, das war schrecklich. Und nun hat Frau Hemma auch noch der Schlag getroffen, und sie kann sich nicht mehr richtig bewegen.«
    »Auch das noch. Danach hatte ich noch gar nicht gefragt. Nun, dann machen wir uns auf den Weg.«
    Sie wanderten einträchtig den Weg hinunter, und als das Gasthaus in Sicht kam, sagte Melle: »Danke, Vater.«
    »Danke auch dir, meine Tochter. Ich bin stolz auf dich.«

32. Ein Käsegericht
    Laure legte das gute Gewand wieder ab. Sorgfältig bürstete sie den Staub aus dem Saum und faltete dann den dunkelgrünen feinen Wollstoff zusammen. Sie hatten alle ihre besten Kleider angezogen, um den jungen Mann zu Grabe zu tragen, und sie bewunderte die Trauer, die die Vaganten, aber auch Jan, Paitze und Melle zur Schau gestellt hatten.
    Ehrlich betrübt waren die Knechte und Mägde, die nicht wussten, dass der Tote ein Einbrecher, mög­licherweise sogar ein Mörder gewesen war. Sie alle waren nach Merheim gezogen, um an der Beerdigung teilzunehmen.
    Alle außer Goswin.
    Der hatte sich in den hintersten Winkel seiner Werkstatt verzogen und bejammerte einen blau geschlagenen Kiefer.
    Piet hatte ihm ein paar Fragen gestellt und, wie er sagte, der Beantwortung ein wenig nachhelfen müssen.
    »Der Mann ist ein blöder Tor, Frau Laure. Ich glaube nicht, dass er auch nur eine Ahnung hat, worum es wirklich geht. Aber das entschuldigt ihn nicht. Er ist ein Großmaul und Wichtigtuer, leicht zu verführen und kommt sich großartig vor, wenn er Schwächeren eins auswischen kann.«
    »Ich weiß, Piet. Manchmal frage ich mich, ob er wirklich Kornels Sohn ist.«
    » Pater semper incertus est .«
    »Wenn Ihr meint.«
    »Meine ich. Und wie Ihr wisst, bedeutet dieser kluge Spruch, dass die Vaterschaft nie genau nachgewiesen werden kann.«
    »Ich kannte seine Mutter nicht.«
    »Vielleicht sollte man ihr nichts unterstellen. Auf jeden Fall sind Eure Kinder aus besserem Holz geschnitzt, Frau Laure. Ich frage mich: Wie sind die Besitzverhältnisse hier eigentlich geregelt?«
    »Kornel hat Goswin die Werkstatt vermacht und mir das Gasthaus. Der Grund und Boden gehört uns zu gleichen ­Teilen.«
    »So könnt Ihr ihn also nicht einfach fortschicken.«
    »So gerne ich es täte, nein. Abgesehen davon ist es für ein Gasthaus an einer Handelswegekreuzung sehr nützlich, einen Wagner zu haben. Und der Schmied drüben an der Ecke hat auch seinen Nutzen davon.«
    »Der Geselle ist recht tüchtig.«
    »Ja,

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