Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
er und sah ihm fest in die Augen.
    »Verpisst Euch.«
    »Meister Hildebrandt? Ihr seid doch der Mann, der mit venezianischem Glas handelt, nicht wahr?«
    Hagan verfolgte mit neu erwachter Aufmerksamkeit, was sich am Nebentisch abspielte. Der Glashändler starrte den Älteren misstrauisch an.
    »Was geht Euch das an?«
    »Nichts. Ich kann mir nur nicht vorstellen, dass ein Mann, der mit solch köst­lichen Waren handelt, sich falsche Silbergroschen andrehen lässt. Aber der Burgunder, Herr Wirt, ist wirklich etwas wässrig. Schenkt uns einen Becher unvermischten Wein aus, und prüft noch einmal die Münze.«
    Der Wirt grummelte vor sich hin, gab aber dem Schankknecht einen Wink.
    »Schlau gemacht«, murmelte Piet.
    »Eine schöne Schlägerei hätte aber auch Spaß gemacht«, meinte Jurg, der junge Jonglierer.
    »Dein Äffchen hätte es erschreckt.«
    »Stimmt auch wieder.«
    Die Streithähne hatten sich tatsächlich beruhigt, und wenn auch kein Wort der Entschuldigung gefallen war, so schmeckte doch der Wein aus dem Krug, der nun auf ihren Tisch gestellt wurde, weit besser als zuvor. Hagan sah zu dem Friedensstifter hin, der zu seinem Platz zurückkehren wollte.
    »Setzt Euch zu uns, Herr, wenn Ihr mögt.«
    »Ich will nicht stören.«
    »Tut Ihr nicht.«
    Das Äffchen hangelte sich plötzlich an seinem Arm hoch, zupfte an dem Barett des Mannes und schnatterte ihm etwas ins Ohr.
    »Hört sich an, als sollte ich die Einladung annehmen.«
    Inocenta füllte seinen Becher, der Löffelschnitzer schob ihm Brot und Käse zu.
    »Das ist unser Magister Hagan«, sagte er. »Der kann lesen und schreiben und will sich immer gebildet unter­halten. Aber wir sind alles nur dumme Affen!«
    »Wohl kaum, wenn er Euch erträgt. Man nennt mich Meister Godefried. Ich handle mit Leinen, aber heute bin ich auf dem Weg zu meiner Familie.«
    »Eine große und glück­liche wünsche ich Euch.«
    »Größer als zu der Zeit, als ich sie verlassen habe, hoffe ich. Mein Weib war gesegneten Leibes.«
    »Habt Ihr noch weit?«
    »Eine Tagesreise, die längste Strecke habe ich hinter mir. Ich kehre von Köln zurück.«
    »Das trifft sich, das ist unser Ziel.«
    Sie tauschten ihre Erfahrungen aus, und das Äffchen entwickelte eine Vorliebe für Meister Godefried. Es mochte gar nicht mehr von seiner Schulter fortgehen, und der Mann duldete es und steckte ihm dann und wann ein Stückchen Käse zu. Doch das Tier schien auch wieder den Schalk spielen zu wollen, denn es begann am Wams seines neuen Freundes zu nesteln und zog an einem Lederband einen Anhänger hervor.
    »Schluss jetzt, Aff!«, sagte Inocenta und patschte dem Tier auf die geschickten Finger. Der Affe schnatterte sie ungehalten an und hüpfte zu seinem Besitzer.
    »Ein seltsames Amulett tragt Ihr da«, stellte Hagan fest. »Federn der Friedenstaube?«
    Meister Godefried lachte gutmütig.
    »So ähnlich. Ein Andenken an eine sehr weise Frau, eine Einsiedlerin oben in den rheinischen Bergen. Sie haust mit Bären und Wölfen zusammen, und auf ihrer Klause nisten weiße Tauben.«
    »Tatsächlich?«
    »So wie Ihr mit Eurem Affen zusammenlebt.«
    Einer der Scholaren hatte wohl die letzten Worte mit­bekommen und mischte sich ein.
    »Ja, ich hörte davon – Federn von Engelsflügeln, sagt man, erhält man von der Heiligen dort. Sie schützen vor jedem Streit. So wie Euch vorhin, Meister, nicht wahr?«
    »Vermutlich.« Meister Godefried lächelte mild.
    »In Köln erhält man besonders viele und wirksame Reliquien, hab ich sagen gehört«, meinte der Begleiter des ersten Scholaren. »Vor allem die Ursulaknöchelchen und Fäden vom Leichtuch Christi. Einer hat sogar mal den Kot der Eselin, auf der Jesus ritt, angeboten.«
    »Wer drauf reinfällt.« Piet leerte seinen Becher. »Zeit, die Schlafkammern aufzusuchen. Wir müssen morgen weiter.«
    Die Vaganten folgten seiner Aufforderung, und Hagan verabschiedete sich von dem Leinenhändler.
    »Kot von der Eselin – Herrgott, was die Esel sich alles andrehen lassen«, knurrte Piet, als sie recht eng aneinandergedrängt im Bett lagen.
    »Ist doch ein gutes Geschäft«, sagte Bertrand, der Löffelschnitzer. »Wir ham auch einen Esel!«
    Hagan gähnte und zog sich einen Lakenzipfel über die Ohren.
    Doch als sie am nächsten Tag hinter dem Eselskarren hertrotteten, kam Piet noch mal darauf zurück.
    »Du bist doch bewandert in diesen Dingen, Magister. Warum kaufen die Leute solchen Kram wie Ursulaknöchelchen und Erde aus dem Heiligen Land und Splitter

Weitere Kostenlose Bücher