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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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kaum einer daran störte.
    »Elseken, erinnerst du dich nicht? Goswins Weib.«
    Olaf legte den Kopf schief.
    »Die war früher mal hübscher.«
    »Du bist sechs Jahre fort gewesen, Olaf. Es ist viel passiert. Das da sind meine Kinder, schau!«
    Paitze und Jan schleppten gemeinsam einen Korb mit gewaschenen Laken zum Gesindehaus.
    »Die sind dir zumindest hübsch gelungen. Komm, nimm sie mit, ihr habt euch einen Feiertag verdient!«
    Die Versuchung war groß, dem ständigen Geschrei, den Forderungen, den Hunderten von Fragen einfach für eine Weile zu entfliehen. Es war nicht weit bis nach Porz, die Abende lang und hell, jetzt um die Mittsommerzeit. Ja, es war eine Gelegenheit, die Kinder zu ihren Großeltern mitzunehmen und sich auf dem Weg dorthin von ihrem Bruder schon mal berichten zu lassen, was er alles auf seiner Walz erlebt hatte.
    »Hast recht, ich schleich mich fort, Olaf. Wenn ich Goswin sage, dass ich mit dir gehe, wird er nur Streit anfangen.«
    »Lauf, und hol deine Kinder. Ich warte vor dem Tor.«
    Kurze Zeit später waren sie auf dem Mauspfad unterwegs. Es hatte sich nicht vermeiden lassen, dass Elseken ihren Aufbruch mitbekam, aber in ganz ungewohnt barscher Art hatte Laure sie beschieden, sie müsse den Tag über selbst sehen, wie sie zurechtkam.
    Paitze und Jan waren außer sich vor Freude und bestürmten ihren Onkel mit Dutzenden von Fragen.
    »Still jetzt, ihr Plappermäuler. Hört einfach zu«, wies Laure sie zurecht und wandte sich dann an Olaf. »Wann und wo hast du deinen Meistertitel erworben?«
    »Vor Ostern, in Freiburg. Und von dort bin ich aufgebrochen, just als die Nachricht eintraf, dass Ludwig von der Pfalz den geflohenen Papst gefangen genommen hat. Das war eine Aufregung, sag ich dir.«
    »Davon haben wir sogar hier gehört. Aber sprich vor der Mutter nicht davon, sie wird es nicht verstehen.«
    »Nein«, sagte ihr Bruder grimmig. »Sie weiß nichts von der Welt. Gott, ich war mit meinem Meister in Konstanz, Laure, und glaub mir, die ganze Stadt war ein Hurenhaus. Man möchte meinen, dass alle Laster der Welt dort zusammengekommen sind. Völlereien waren allerorten, Gaukler und Beutelschneider trieben ihr Unwesen, Mord und Totschlag waren an der Tagesordnung. Als ich von dort wegging, hatte man gerade eine Dirne aus Köln erstochen in einer Gasse gefunden, und ein Bischof hat sich in der näm­lichen Nacht im Rhein ersäuft.«
    »Weil er sie erstochen hat?«
    »Oder weil sie sein Liebchen war, weiß der Teufel. Ich sag ja, es war der reine Sündenpfuhl dort, und ich war froh, wieder nach Freiburg gehen zu können.«
    »Früher, Olaf, hätte mich das alles zutiefst erschüttert. Aber ich bin wohl auch härter geworden. Auch hier hat es einen Mord gegeben. Den Pfarrer Elias von Merheim hat man erschlagen am Taufbecken gefunden. Erinnerst du dich noch an ihn?«
    »Kaum. Ein sanfter Mann, nicht wahr? Wer tat ihm das an?«
    »Vielleicht der Drugwarenhändler Overrath oder der Herringsstetz. Doch der eine war am Morgen fort, der andere hing erdrosselt in unserer Remise. Ich fand ihn.«
    Olaf blieb abrupt stehen.
    »Armes Schwesterlein.«
    Sie zuckte mit den Schultern.
    »Man erträgt es, wenn man muss. Wie so vieles.«
    »Du hast es nicht immer leicht, seit Kornel nicht mehr ist?«
    »Manchmal läuft es recht zäh. Aber ich habe die Kinder, und Hemma, droben im Wald.«
    »Die alte Einsiedlerin dort lebt also noch. Ich war erstaunt, immer wieder unterwegs auch von ihr zu hören. Der Friedensengel wird sie genannt.« Olaf hatte sich wieder in Bewegung gesetzt und lächelte Laure nun an. »Auch die ›Bischofsmütze‹ wird lobend erwähnt. Du scheinst gute Wirtschaft zu führen, trotz allem.«
    »Ich tue, was ich kann. Aber nun erzähl doch, wo überall­­hin dich die Walz geführt hat.«
    Das tat Olaf dann auch für den Rest des Weges, und auch, als sie an ihrem Elternhaus ankamen. Hier war die Freude groß, und Laure sah, dass sich sogar ihr gestrenger Vater freute, dass sein Sohn nun ebenfalls als Meister seiner Zunft anerkannt war.
    Ein Fest wurde ausgerichtet, Nachbarn und Freunde erschienen, Vorräte wurden geplündert, ein Weinfass angestochen, und als die späte Dämmerung hereinbrach, waren Jan und Paitze so müde – und Jan ein wenig trunken – dass Laure beschloss, noch über Nacht zu bleiben und erst am Morgen zum Gasthaus zurückzugehen.
    Elseken hatte wieder gegrollt, aber die Wirtschaft war trotz Laures Abwesenheit ohne Schwierigkeiten weitergegangen. Als sie in die

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