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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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das der Magister mit der Muhm führte. Er ließ ihr zwei Goldstücke da, wie er sagte zum Dank, dass sie sich um seine Tochter gekümmert hatte. Melle wusste, dass die Freude über den reichen Geldsegen bei weitem den Schmerz des Abschieds überwog. Melle folgte ihm kurz darauf zum Lager der Vaganten, die sie gutmütig bei sich aufnahmen. Die Flickschneiderin Janna hatte ein mütter­liches Herz und kümmerte sich um sie, während der Magister noch einmal mit Klingsohr zum Markt ging, um ihre Vorräte aufzustocken. Am nächsten Morgen würden sie nach Köln aufbrechen.
    Hagan schenkte Melle wenig Aufmerksamkeit. Es sah so aus, als ob sie sich ohne Umstände an das Leben der Vaganten anzupassen in der Lage war. Sie wanderte ohne Murren hinter dem Eselskarren her, übernahm die Pflichten, die Piet ihr zuwies, und erledigte sie recht anstellig. Hagan beobachtete sie, aber da sie wenig Neigung zeigte, sich mit ihm zu unterhalten, ließ er sie in Ruhe. Er war ganz froh darum, denn er wälzte noch immer seine eigenen Sorgen.
    Drei Tage später war es dann die Zwergin wieder, die ihn ansprach.
    »Sie ist ein gewitztes Mädchen, deine Tochter.«
    »Ihre Mutter war eine gewitzte Frau.«
    »Mhm. Und du ein gewitzter Mann. Sie trauert um ihre Mutter, aber sie will es nicht zeigen.«
    »Bist du sicher? Ich hatte den Eindruck, ihr Tod berührt sie nicht sonderlich.«
    »Du musst zwischen den Worten lesen, Magister.«
    »Mit mir redet sie nicht viel.«
    »Falsch, du redest nicht viel mit ihr. Sie trauert, aber sie grollt ihrer Mutter auch, denn sie hat sie verraten. In ihren Augen. Wer sind die ›Töchter der Nacht‹?«
    »Keine Ahnung. Warum fragst du?«
    »Weil die Frauen, denen sich Hanna nach dem Tod dieses Priesters angeschlossen hat, sich so nennen. Ihre Mutter hat sie, bevor sie nach Konstanz ging, noch mal besucht, und dabei hat Melle einen Streit zwischen ihrer Tante und Hanna belauscht, in denen es um diese Töchter ging.«
    »Das ist wohl ihre Sache.«
    »Hagan, du hast dir das Kind aufgebuckelt, jetzt kümmere dich auch um sie. Versuch ihr Vertrauen zu gewinnen, sonst kriegst du sie nie freiwillig in einem Konvent unter­gebracht. Sie ist eine kleine Rebellin, aus Trotz, weil sie ihre Sicherheit verloren hat. Und die hatten ihr ihre Mutter und dieser Priester, der Vaterstatt angenommen hat, gegeben.«
    Hagan seufzte.
    »Schon gut, ich werde versuchen, mich mit der kleinen Kratzborste zu unterhalten.«
    »Bist doch sonst ein Honigmaul bei den Weibern.«
    »Meinst du?«
    »Merkt man doch. Sag, trauert denn kein Liebchen um den Bischof?«
    »Keines, von dem ich wüsste.«
    »Du bist schon seltsam, Magister. Weiß das Kind, dass du ein toter Bischof bist?«
    »Nein, und es ist auch besser, wenn sie es nicht weiß. Also halt den Mund darüber.«
    »Ehrlichkeit wär besser.«
    »Gefähr­licher, Inocenta.«
    Sie ließ ihn in Frieden, und Hagan wurde erneut von trüben Gedanken heimgesucht. Nein, kein Liebchen trauerte um ihn, er hatte sich von Frauen immer ferngehalten. Na ja, nicht ganz, die eine oder andere Tummelei in den Kissen hatte es schon gegeben, aber immer mit willigen Bettschätzchen, die keine größeren Forderungen an ihn stellten als ein paar hübsche Geschenke. Frauen waren so unzuverlässig – sie konnten einem unsäg­liche Schmerzen verursachen.
    Vertrauen, Beständigkeit und Fürsorge konnten sie einem schenken, und wenn sie einen verließen, blieb eine Wunde im Herzen zurück, die nie heilen wollte.

12. Florierende Geschäfte
    Als aber Simon sah, dass durch das Auflegen der Hände
der Apostel der Geist gegeben wurde, brachte er ihnen Geld
und sagte: Gebt auch mir diese Macht, dass der, dem ich
die Hände auflege, den Heiligen Geist empfange.
    Apg. 8.18
    Der Mann drückte sein Petschaft in das weiche Wachs und siegelte damit eine Urkunde. Dann erhob er sich und schritt gemessen zum offenen Fenster. Schwer lag die Augusthitze über dem Land, auf den Feldern brachte man die Ernte ein, an den Obstbäumen reiften Äpfel und Birnen. Dass eine Rotte Wildschweine in der Nacht in den Gemüsegarten eingedrungen war und ihn zur Hälfte verwüstet hatte, störte ihn wenig.
    Seine Gedanken beschäftigten sich mit weit wichtigeren Dingen.
    Erfolg war eines davon, und Erfolge konnte er verzeichnen. Sacht fuhr er mit der Hand über die feine Goldstickerei am Ärmel seiner Robe. Ein Zeichen von Macht und Erfolg. Eifrigen Frauenhänden verdankte er die kunstvollen Borten. Die verschleierten Damen hatten viele gute

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