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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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der Geselle einen hochroten Kopf bekommen hatte und musste einen Anflug von Heiterkeit unterdrücken. Aber sie achtete seine Fürsorge.
    »Danke, Jochen, ich weiß, du meinst es gut. Aber es muss nicht nur ein guter Mann sein, das Haus braucht auch einen guten Gastwirt. Und die sind nicht so breit gesät. Wir müssen sehen, wie wir zurechtkommen, und vielleicht ergibt sich ja eine Lösung. Achte du ein wenig auf die Lehrjungen, dass sie den bösen Einflüsterungen nicht erliegen.«
    »Ja, Frau Wirtin. Und ich geh mit ihnen am Sonntag auch in die Kirche, und wenn’s bis Porz ist.«
    »Tu das.«
    Aber der Geselle hatte wirklich einen wunden Punkt berührt, der Laure seit einiger Zeit mehr und mehr zu schaffen machte. Die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Bergischen und den erzbischöf­lichen Truppen hatten für Unruhe gesorgt. Es war zu einer Schlacht auf der Wahner Heide gekommen, auf dem Rhein hatte ein Kriegsschiff, die Övelgötze, das Bollwerk von Mülheim beschossen, es hatte Tote und Verwundete gegeben und Berichte von Plünderungen, Brandschatzungen und Schändungen. Zwar waren sie in Brück bis jetzt noch nicht betroffen, aber die Bedrohung war jeden Tag da.
    Und die Söldner waren ein rohes Volk, das weder Gott noch Teufel fürchtete und Grauen und Entsetzen verbreitete.
    Kornel hätte seinen ältesten Sohn in seine Grenzen zu weisen gewusst. Zu seinen Lebzeiten hätte er sich nie mit solchen Kumpanen abgegeben wie Alard und Curt, und Huren hätten sich auch nicht in der Gaststube eingefunden. Hatte Kornel Goswin so falsch eingeschätzt? Es muss wohl so gewesen sein, sonst hätte er sein Erbe nicht zwischen ihm und ihr aufgeteilt.
    Ein aufrechter Ehemann wäre wirklich wünschenswert, ein Vater für Jan und Paitze, ein gestandener Gastwirt, der mit Umsicht die Geschäfte führte. Und der ihr selbst mit zärt­licher Zuneigung begegnete.
    Hühnereigroße Goldkörner waren leichter zu finden.
    In ihr Gegrübel platzte eine erneute Aufregung. Zwei Männer schoben einen Karren in den Hof und riefen laut nach ihr. Laure beeilte sich, zu ihnen zu kommen und hielt vor Entsetzen die Luft an, als sie erkannte, was in dem Wagen lag.
    »Heilige Mutter Gottes, was ist passiert?«
    »Wir fanden sie beim Honigsuchen, Frau Wirtin. Ganz zerschlagen und blutig. Aber sie schnaufte noch, darum dachten wir …«
    »Der Zeidler-Willi sagt, Ihr besucht sie manchmal«, erklärte der andere Mann.
    »Ja, das tue ich.«
    Laure beugte sich über die alte Frau, die mit geschlossenen Augen verkrümmt in dem Karren lag.
    »Hemma! Hemma, hört Ihr mich?«
    Es erfolgte keine Reaktion. Aber ihr Herz schlug noch, und ihr Atem ging flach. Laure rief zwei Mägde herbei und beauftragte sie, die Verletzte vorsichtig in ihre eigene Kammer zu tragen.
    »Ich komme gleich und versorge sie«, sagte sie zu den Frauen. »Bringt auch ein Schaff Wasser nach oben.« Dann wandte sie sich wieder an den Zeidler und seinen Gehilfen.
    »Wo habt Ihr sie gefunden?«
    »Am Uhlenbruch. Wir hatten eben einen Baumstumpen voller Waben gefunden, da sah der Willi die weißen Haare. Ich dachte erst, das wär ein Waldgeist. Aber der Willi sagte, das wär die Heilige von oben am Teich.«
    »Ja, sie ist eine Einsiedlerin, die Hemma, und sie hat nie einem Menschen etwas zu Leide getan.«
    »Sieht aus, als hätt ihr jemand einen Tort gewollt. Gab Spuren da oben, als wär sie gejagt worden.«
    Laure fühlte kaltes Entsetzen ihren Rücken hinauf­kriechen.
    »Neulich hat jemand ihren Bären umgebracht«, sagte sie heiser. »Man will ihr ans Leben, möchte es scheinen.«
    »Sieht so aus. Aber vor einem Bären haben die Leute Angst.«
    »Schon wahr. Habt Ihr jemanden gesehen, dort im Forst?«
    »Sind einige unterwegs – Pilzzeit ist, und Beeren sind reif, und manch einer stellt Fallen.«
    »Ja, Willi, aber das Vagantenvolk. Weißt schon, die Fahrenden, die wir neulich unten am Mauspfad gesehen haben.«
    Der Zeidler kratzte sich am Kopf.
    »Könnt sein. Das ist fremdes Volk und bunt zusammengewürfelt. Von woher auch immer, und gewiss Beutelschneider und Taschendiebe.«
    »War einer dabei, der warf mit Messern, auch wenn er nur einen Arm hatte. Und ein Aff war auch dabei. Vielleicht dachten sie, in der Hütte gäb’s was zu holen.«
    »Aber eine alte, hilflose Frau jagen?«
    »Wer weiß schon, was das Heidenvolk sich denkt, Frau Wirtin. Aber gesehen haben wir nichts. Besser, die Hemma sagt’s Euch selbst, wenn sie wieder aufwacht.«
    »Falls sie wieder

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