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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Kirche. Die aber war in den letzten Jahrzehnten ein wenig verschlissen, zu offensichtlich hatten sich die Machthaber an welt­lichen Gütern und welt­licher Macht ergötzt. Es wurde Zeit, die Erlösung wieder in den Vordergrund zu schieben, um damit das barmherzige Mäntelchen über die mensch­liche Habgier zu decken.
    Im kleinen Kreis funktionierte das inzwischen schon ausgezeichnet. Es war nun so weit, es in der Welt zu verbreiten und aus dem Stuhl Petri eine uneinnehmbare Festung zu machen.
    Einzig ärgerlich war, dass die Mater Dolorosa noch immer nicht die belastende Chronik aufgetrieben hatte. Dieses verdammte Werk war nicht dort gewesen, wo sie es vermutet hatte. Vermutlich musste er die Sache selbst in die Hand nehmen.

20. Hagebuttentorte
    Laure bestrich den Teig mit dem Hagebuttenmus, und Paitze formte aus einer Masse von Mehl, Butter, Eiern, gemahlenen Nüssen und Honig Streifen, mit denen die Torten belegt werden sollten. Hin und wieder steckte sie sich ein Kügelchen davon in den Mund, was Laure gutmütig übersah. Ihre Hand schmerzte noch, und der Verband störte sie bei vielen Tätigkeiten, aber Melle und ihre Tochter halfen ihr eifrig.
    Auch die Zweifel schmerzten sie noch immer. Sie hatte mit keinem anderen darüber gesprochen, und auch die beiden Mädchen hatten kein Wort mehr über den Ritter von Hane verloren.
    Goswin war in grantiger Stimmung – offensichtlich hatte Elseken ihm noch weiter die Hölle heißgemacht –, und der Geselle und die Lehrbuben sch­lichen mit gedrückter Miene umher. Nys zeigte sich mäßig anstellig, aber hatte sich daran gehalten – soweit sie es beurteilen konnte –, nicht mit den Gästen herumzuhuren.
    »So, fertig. Paitze, bring das Brett mit den Torten zum Backes, Elseken soll sie zum Mittag fertig backen.«
    Paitze nahm das Brett auf, und als sie zurückkam, meldete sie: »Piet und der Magister Hagan sind zurück.«
    »Schön.«
    Mehr gab es dazu nicht zu sagen. Was sie in Köln zu erledigen hatten, war ihre Angelegenheit. Obwohl – Laure konnte einen Anflug von Neugier nicht unterdrücken. Inocentas Geschichte hatte sie zum Nachdenken gebracht. War dieser Magister Hagan tatsächlich der Bischof von Speyer, der sich unerkannt unter die Vaganten gemischt hatte? Bischöfe waren edle Herren von Macht und Einfluss. Was brachte einen solchen Mann dazu, auf der Landstraße und von den spär­lichen Einnahmen des Briefeschreibens zu leben?
    Waren es spär­liche Einnahmen? Er hatte recht großzügig für ihre Unterbringung gezahlt und nicht nur mit kleinen Kupfermünzen. Und er hatte eine Tochter. Das allerdings war sicher keine Ausnahme, den Zölibat nahmen die geist­lichen Herren nicht eben ernst. Die Pfarrbastarde wurden gewöhnlich gut behandelt, erhielten eine bessere Ausbildung als viele Bürger­liche, und oft wurden sie sogar bepfründet.
    Aber wie es schien, wusste Melle nicht so genau, welchem Stand ihr Vater angehörte. Sie hielt ihn weiterhin für einen etwas weltfremden Federfuchser.
    Laure ging in den Schankraum, um zu prüfen, ob die Mägde gefegt und die Tische gesäubert hatten. Dann wollte sie Schere und Korb holen, um die Trauben zu schneiden. Auf dem Weg über den Hof sah sie die stumme Magd zum Garten huschen, während Piet aus der Scheune trat. Er blieb stehen, Überraschung spiegelte sich in seinen Zügen, und er rief: »Martine? Martine, bist du es wirklich?«
    Martine sah verschreckt aus und stürzte davon. Piet wollte ihr nacheilen, aber Laure ergriff sein Wams und hielt ihn fest. Dabei hatte sie aus Versehen ihre verbrannte Hand benutzt, und ein leiser Schmerzlaut entwischte ihr.
    »Frau Laure?«
    »Piet. Geht hinten in den Obstgarten. Ich komme gleich zu Euch.«
    Er nickte.
    Die Trauben konnten warten. Es war vermutlich sowieso dumm von ihr zu glauben, dass sie mit der verbundenen Hand die Schere hätte verwenden können. Der Obstgarten lag hinter dem Gemüsegarten, von einer Mauer und einer Hecke umgeben, sodass man ihn nicht einsehen konnte. Piet wartete auf sie, an den Stamm eines Birnbaums gelehnt.
    »Was ist mit Eurer Hand, Frau Laure?«
    »Ich habe sie mir gestern verbrannt. Es ist nicht schlimm, Inocenta kümmerte sich darum.«
    »Misslich. Ich weiß, wie lästig es ist, nur über eine gesunde Hand zu verfügen.«
    Verdutzt sah sie ihn an.
    »Ja, das tut Ihr wohl.«
    »Man gewöhnt sich dran. Und eine Verbrennung heilt.«
    »Ja.« Laure verschluckte die Bemerkung, dass seine Wunde nicht mehr heilen würde, besann sich aber

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