Die Gefahr
schon bemerkt, dass du heute Abend hinreißend aussiehst?« Er hob sein Glas, um auf sie zu trinken. Er sah sehr gut aus in seinem Smoking, und sie war in ihrem blauen Abendkleid ohnehin eine Augenweide. Wenn alles gut ging, würde er sie heute Abend endlich ins Bett bekommen. Sie nahmen beide einen Schluck von ihrem Drink und lächelten einander an. Er wusste, dass sie es wusste, und sie wusste, dass er es wusste.
Peggy Stealey stellte ihr Champagnerglas auf das Tablett eines vorbeikommenden Kellners und bewunderte die stolze Schönheit des East Room. In diesem prächtigsten Raum des Weißen Hauses waren schon Hochzeiten, Trauerfeiern und unzählige Festakte, darunter auch einige von historischer Bedeutung, abgehalten worden. Hier war die Macht zu Hause. Es gab im modernen Amerika nichts, was so sehr an die Pracht eines Königshofes erinnerte wie der East Room.
Ein Senator, dessen Name Peggy Stealey nicht einfiel, kam auf sie zu und streckte ihr die Hand entgegen. Sie wollte ihm die Hand schütteln und war überrascht, als er ihre Hand nahm und sie küsste.
»Pat«, sagte der Senator, zu Holmes gewandt, während sein Blick weiter auf Peggy ruhte, »stell mir doch bitte diese reizende Dame vor.«
»Sie ist meine Verlobte, Harry, also lass die Pfoten von ihr«, erwiderte Holmes, nahm Peggy am Arm und führte sie weg. »Ich bin bestimmt kein Moralapostel, aber dieser Mensch ist absolut widerlich.«
»Wo willst du mit mir hin?«, fragte sie, während er mit ihr über die Tanzfläche und zwischen einigen Tischen hindurchging.
»Da drüben steht unser zukünftiger Vizepräsident mit seiner Frau.«
Peggy Stealey erstarrte innerlich, doch es war schon zu spät. Stokes und seine Frau, das Mäuschen, winkten ihnen bereits zu. Holmes nahm einen Schluck von seinem Wodka und hielt sein Glas hoch. Wenige Augenblicke später standen sie bereits vor dem Justizminister und seiner Frau – Peggy Stealey so steif wie ein Brett und Holmes so leutselig wie immer.
»Libby, freut mich, dich zu sehen«, sagte Holmes, der gut dreißig Zentimeter größer war als die Frau. Er beugte sich zu ihr hinunter und gab ihr einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange.
»Freut mich auch, Pat«, antwortete sie und strich freundschaftlich über seinen Arm. »Du siehst gut aus heute Abend, und …«. Sie hielt inne, als sie ihre großen braunen Augen auf Peggy richtete.
Peggy Stealey stand da und sah sie mit einem gezwungenen Lächeln an. Jetzt kommt’s , dachte sie. Sie wird wieder unerträglich freundlich sein, wie immer , »Seht euch diese wunderschöne Frau an«, stellte Elizabeth Stokes anerkennend fest und trat einen halben Schritt zurück, um Peggy von Kopf bis Fuß zu betrachten. »Peggy, du bist die einzige Frau, die ich kenne, die von Jahr zu Jahr besser aussieht.«
»Das ist nett von dir, Elizabeth«, sagte Peggy artig, und die beiden Frauen tauschten angedeutete Küsschen aus, ohne einander zu berühren, um ihr Make-up nicht zu verwischen.
»Zum letzten Mal, Peggy, sag bitte Libby zu mir.«
Peggy Stealey nickte und behielt ihr aufgesetztes Lächeln bei. Es machte sie wahnsinnig, dass diese Frau Ende vierzig immer noch mit ihrem Spitznamen aus der Kindheit angesprochen werden wollte. »Libby«, verbesserte sich Peggy in einem Ton, als spreche sie mit einem Kind. »Du siehst auch gut aus.«
»Gut«, brummte Holmes. »Du siehst toll aus.«
»Oh, danke«, antwortete Libby und sah Holmes mit ihrem charakteristischen Augenaufschlag an.
Das war ihre wirkungsvollste Waffe, wie Peggy wusste. Sie hatte schon öfter beobachtet, wie die Frau ihre großen braunen Augen mit den schönen langen und noch dazu echten Wimpern auf diese Weise einsetzte und wie die Männer bei dem Anblick dahinschmolzen. Peggy hätte ihr nur zu gern verraten, dass sie früher mit ihrem Mann geschlafen hatte, um endlich mit diesem verlogenen Getue Schluss zu machen, doch sie ahnte, wohin das führen würde. Libby war eine typische Glucke, und sie würde ihr Nest mit allen Mitteln verteidigen. Martin hatte bestimmt nicht genug Mumm, um sich ihr zu widersetzen. Er würde sie nicht verlassen – außerdem wollte ihn Peggy ohnehin nicht mehr wirklich haben.
»Nun«, begann Holmes mit leiserer Stimme, »hat dir dein Mann schon die große Neuigkeit mitgeteilt?«
Stokes machte plötzlich ein etwas betretenes Gesicht. »Ich glaube, es ist noch ein bisschen zu früh dafür.«
»Oh, das finde ich nicht«, erwiderte Holmes mit einem breiten Grinsen.
»Was denn für eine
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