Die Gefahr
Hinweis, dass die Führungsspitze des Landes evakuiert wurde, und schon stürzen sich die Medien auf die Sache wie die Hyänen auf den Kadaver. Wenn wir ihn aus dem Bankett heute Abend herausholen, werden alle Medien darüber berichten – und was würde die Terroristen daran hindern, Richmond oder Norfolk in die Luft zu jagen? Ich meine, fünfzigtausend Menschen sind fünfzigtausend Menschen – ob das nun hier ist oder in einer anderen Stadt.«
»Ich weiß, aber es geht hier um den Präsidenten und die höchsten Repräsentanten des Landes.«
»Der Vizepräsident ist gerade in Kalifornien«, warf Reimer ein, »und der Finanzminister hält sich in Colorado auf. Der Großteil des Obersten Bundesgerichts ist nicht in der Stadt, und die meisten Angehörigen von Senat und Repräsentantenhaus sind ebenfalls über das Wochenende nicht hier. Die Regierungskontinuität ist also ohnehin schon gewährleistet.«
»Aber es geht eben vor allem um den Präsidenten, den Außenminister, den Verteidigungsminister, die höchsten Vertreter von Senat und Repräsentantenhaus und die hohen Gäste aus Großbritannien und Russland.«
»Ich weiß schon, aber ich sage Ihnen, wenn wir sie evakuieren, dann werden die Medien darüber berichten, und die Terroristen werden wissen, was los ist, und nicht mehr das Risiko eingehen, nach Washington zu kommen, zumal die Leute, die sie vor allem treffen wollten, nicht mehr hier sind. Wenn man dann noch an die allgemeine Panik unter der Bevölkerung denkt, dann haben wir praktisch keine Chance mehr, das verdammte Ding zu finden. Die Terroristen werden die Bombe dort hochgehen lassen, wo sie gerade sind.«
Rapp fiel etwas ein, das Ahmed Khalili ihm bei einem Verhör erzählt hatte – dass sie vorhätten, den Präsidenten zu töten. »Es stimmt, sie wollen den Präsidenten – und wenn sie ihn nicht erwischen können, dann werden sie so viele wie möglich töten wollen.«
»Und wenn es ihnen doch gelingt, das Ding nach Washington zu schaffen und die Staats- und Regierungschefs von Amerika, Großbritannien und Russland zu töten?«
Rapp zuckte die Achseln. »Dann wird es wenigstens keine Meinungsverschiedenheiten mehr darüber geben, wie der Kampf gegen den Terrorismus geführt werden muss.«
McMahon sah Rapp stirnrunzelnd an.
Rapp gab ihm einen Klaps auf die Schulter. »Keine Sorge … das Bankett dauert ja nicht die ganze Nacht. Sobald es vorbei ist, sorge ich dafür, dass der Präsident still und leise nach Camp David gebracht wird. Und wenn wir die Bombe bis morgen Mittag nicht gefunden haben, wird er nicht zur Einweihung kommen.«
McMahon überlegte kurz. »Also gut«, sagte er schließlich etwas widerstrebend, »aber wir sollten trotzdem noch etwas anderes tun.« Er wandte sich Rapp zu. »Ich glaube, Sie werden mir in dem Punkt zustimmen.«
74
VIRGINIA
Er wollte den Wissenschaftler töten, doch er hatte im Moment nicht die Kraft dazu. Al-Yamani lag auf der Couch im Wohnzimmer und ruhte sich aus. Er befand sich mittlerweile im letzten Stadium seiner Strahlenkrankheit. Die Übelkeit peinigte ihn jetzt unablässig, und er fühlte sich ständig müde und erschöpft. Sein Hals schmerzte, und er blutete nun schon am Gaumen, aus der Nase und aus dem After. An den Unterarmen hatten sich offene Wunden gebildet, und an einigen Stellen begann sich die Haut abzuschälen. Es gab Momente, in denen er sich wünschte, einfach nur einschlafen zu können und nicht mehr aufzuwachen. Doch diesem Wunsch durfte er nicht nachgeben.
Er hatte seit längerem jede Nacht den gleichen Traum. Er segelte auf einem Fluss dahin, der Himmel über ihm war strahlend blau, und ringsum waren noch viele andere Boote, manche mit Segeln, manche mit Motoren, zu sehen. Am Ufer des Flusses hatten sich Scharen von Menschen versammelt. Es herrschte eine festliche Stimmung, und jenseits der mit Bäumen bestandenen Ufer konnte er die höchsten Gebäude einer großen Stadt erkennen. Es war die Hauptstadt des Feindes – das Ziel seiner Reise. Das allein war der Grund, warum er wenigstens noch einen Tag am Leben bleiben musste. Er wollte diese Stadt erreichen und in die ahnungslosen Gesichter der Ungläubigen blicken, er wollte mitten ins Herz der Stadt vordringen und einen Dschihad entfachen, der allen wahrhaft Gläubigen den Weg weisen würde.
Hasan und Khaled würden ihm auf seiner Mission beistehen müssen. Deshalb war er auch dafür, dass sie die Anweisungen dieses feigen Wissenschaftlers befolgten. Nachdem sie die Waffe
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