Die Gefahr
seinem steigenden Kaffeekonsum. Was ihn in gewisser Weise beruhigte, war seine Überzeugung, dass die ganze Sache in drei bis sechs Stunden vorüber sein würde – mit welchem Ausgang auch immer. Er kratzte sich die dichten schwarzen Bartstoppeln und warf einen Blick auf die Unterlagen, die Dr. Akram ihm soeben gefaxt hatte. Es handelte sich um einen Bericht über sein jüngstes Gespräch mit al-Adel. Der Mann zeigte sich offenbar kooperativ. Akram hatte ihn an den Lügendetektor angeschlossen, als er ihn verhörte, und hatte ihn bisher nur bei einer einzigen Lüge ertappt. Daraufhin hatte Akram die Befragung unterbrochen und al-Adel klargemacht, dass Mr. Rapp das Verhör übernehmen würde, wenn er weiter Lügen erzählte. Danach hatte al-Adel offenbar beschlossen, bei der Wahrheit zu bleiben.
Rapp war gerade in dem Abschnitt, in dem es um Einzelheiten des Anschlags in New York ging, als McMahon und Peggy Stealey in der Tür auftauchten. Sie waren schon ein komisches Paar – er in seinem kurzärmeligen weißen Hemd mit der mickrigen Krawatte, die nicht ganz bis zur Gürtelschnalle reichte, und sie in ihrem glänzenden blauen Abendkleid. Sie hatte zuvor eigentlich nach Hause gehen wollen, um sich umzuziehen, doch Rapp hatte es ihr verboten. Die CT Watch stand quasi unter Ausgangssperre. Er war fest entschlossen, die Frau nicht aus den Augen zu lassen. Als kleines Entgegenkommen hatte er vor einer Stunde zugestimmt, dass jemand zu ihr nach Hause fahren durfte, um frische Kleidung zu holen.
»Wir haben da ein Problem«, begann McMahon.
Rapp legte den Bericht auf den Tisch. »Was gibt’s?«, fragte er.
»Tony Jackson«, sagte Peggy Stealey, die Arme vor der Brust verschränkt, sodass ihre Brüste sich deutlich vorwölbten. »Mr. al-Adels Anwalt macht mächtig Stunk.«
Rapp konnte nicht umhin, festzustellen, dass diese Anwältin ihre Titten offensichtlich gern herzeigte. »Im Moment bin ich vor allem damit beschäftigt, eine Atombombe zu finden . Mr. Jackson ist nicht wichtig.«
»Doch, das ist er«, erwiderte Stealey standhaft. »Ich habe ihm schon dreimal versichert, dass sein Mandant in Sicherheit und unversehrt ist. Das stimmt doch, oder?«
Rapp zuckte die Achseln. »Es fehlen ihm ein paar Finger, aber sonst geht’s ihm gut.«
Peggy Stealey sah ihn mit großen Augen an. »Ist das Ihr Ernst!«
»Nein. Ihm fehlt nichts.«
Sie sah Rapp vorwurfsvoll an. »Das Büro des Justizministers wird mit Anrufen bombardiert. Alle wollen wissen, wo al-Adel ist und warum wir Tony Jackson nicht zu ihm lassen.«
»Peggy, es ist mir, ehrlich gesagt, scheißegal, was Mr. Jackson oder sonst jemand sagt«, erwiderte Rapp gereizt. »Sagen Sie ihm, er soll sich zum Teufel scheren. Ich habe wichtigere Dinge, um die ich mich kümmern muss.«
Peggy Stealey starrte ihn böse an. »Sagen Sie es ihm doch selbst, Mr. Big Shot. Ich habe ihm gesagt, Sie wären hier für alles verantwortlich. Also los«, fügte sie hinzu und zeigte auf das Telefon, »er ist auf Leitung drei.«
Rapp zögerte einen Augenblick, ehe er den Hörer abhob und auf den rot blinkenden Knopf drückte. »Mr. Jackson, hier spricht Mitch Rapp.«
Peggy Stealey freute sich schon auf das, was nun folgen würde. Ohne Zweifel würde Tony Jackson seine ganze Wut an Rapp auslassen. Sie wartete gespannt, was der berüchtigte Mitch Rapp einem der besten Strafverteidiger des Landes entgegenzusetzen hatte.
»Mr. Jackson, wenn Sie für eine Sekunde den Mund halten, dann werde ich es Ihnen erklären. Nehmen Sie diesen Anruf auf?« Rapp wartete auf die Antwort des Anwalts. »Gut. Ich sage Ihnen jetzt Folgendes: Ihr Mandant ist schuldig. Bis spätestens Dienstag werden bestimmte Informationen an die Öffentlichkeit gelangen – und wenn das passiert, werden Sie sich wünschen, Sie wären diesem Ahmed al-Adel nie begegnet.« Rapp hörte einige Sekunden zu und lachte schließlich. »Nein, Mr. Jackson, das war keine Drohung. Wenn ich der Meinung wäre, dass Sie ein echtes Problem darstellten, würde ich meine Zeit nicht mit Drohungen verschwenden. Sie würden einfach von der Bildfläche verschwinden.«
Rapp legte den Hörer auf und sah Peggy Stealey an . »So, sind Sie jetzt zufrieden?«
Peggy Stealey sah ihn an und war sich in diesem Augenblick absolut sicher, dass sie mit ihm schlafen wollte. Sie hatte noch nie jemanden gesehen, der so selbstsicher und gleichzeitig so rücksichtslos war. Der Mann scherte sich gar nicht darum, was andere sagten oder dachten. Die Tatsache, dass
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