Die Gefahr
geschossen hatte, doch das würde sich bald ändern. Seine Männer wussten genau, was sie zu tun hatten. Den leichteren Teil ihrer Aufgabe hatten sie hinter sich. Nun mussten sie sich verschanzen und auf die rettende Kavallerie warten.
»Erinnert euch, was der General gesagt hat«, sagte Corrigan in sein Mikrofon. »Wer sich um drei Uhr nachts draußen auf der Straße herumtreibt, der hat bestimmt nicht im Sinn, uns herzlich willkommen zu heißen. Feuert nach eigenem Ermessen und fackelt nicht lange.«
0 9
WASHINGTON D.C.
Die schwarze Limousine hielt am Randstein an, und ein Mann mit dichtem braunem Haar stieg aus. Egal ob Montag oder Freitag, das Steakhaus Smith and Wollensky in der 19 th Street NW war immer gerammelt voll – und das nicht mit irgendwelchen Gästen. Hier trafen sich die wirklich Erfolgreichen von Washington bei blutigen Steaks, Schnaps und Wein. In einer Stadt voller einflussreicher Leute und Millionäre, oder, nachdem sie einen Job im Regierungsapparat aufgegeben hatten, angehender Millionäre, war Pat Holmes fast bis an die Spitze des Totempfahls geklettert. Er hatte ein Vermögen damit gemacht, die Anleihenabteilung von Merrill Lynch in den boomenden Neunzigerjahren zu managen. Schätzungen zufolge belief sich sein Vermögen auf etwa eine Milliarde Dollar.
Holmes beschäftigte ein kleines Heer von Buchhaltern und Anwälten, um seine Finanzen vor den Behörden und den Medien so geheim wie möglich zu halten. In Wahrheit überstieg sein Vermögen sogar die Zwei-Milliarden-Dollar-Grenze, wovon ein großer Teil in Immobilien auf vier verschiedenen Kontinenten sowie in namhaften Anteilen an Banken und Versicherungsgesellschaften angelegt war. Holmes hielt sich an den Grundsatz »Wissen ist Macht« und unternahm deshalb einiges, um die Struktur und Disposition seines enormen Vermögens geheim zu halten.
Als er das Steakhaus betrat, setzte sofort emsiges Treiben um ihn herum ein. Holmes war einen Meter fünfundneunzig groß und recht gut in Schuss, wenn man bedachte, wie sehr er gutes Essen und Trinken liebte. Er war Anfang fünfzig, hatte ein leichtes Doppelkinn und einen noch nicht allzu stark ausgeprägten Bauch, den er unter seinen maßgeschneiderten Hemden und Anzügen verbarg.
Die Bediensteten umschwärmten Holmes sofort wie die Schmeißfliegen. Der Geschäftsführer war ebenso zur Stelle wie der Küchenchef, der Sommelier und eine dralle blonde Empfangsdame. Es war für Holmes nichts Ungewöhnliches, fünf bis zehn Riesen an einem Abend auszugeben. Der Wein, den er trank, musste nicht nur gut, sondern auch teuer sein.
»Patrick«, sagte der Geschäftsführer und streckte ihm die Hand entgegen, »es freut mich sehr, dass Sie uns heute Abend beehren.«
»Ist mir ein Vergnügen, David«, sagte Holmes, dem es von Natur aus leicht fiel, sich Namen zu merken. Er begrüßte auch die beiden anderen Männer, ehe er die Empfangsdame umarmte und auf die Wange küsste.
»Sind Sie heute Abend wieder zu zweit?«, fragte der Geschäftsführer.
»Ja, und da kommt ja auch schon die Dame, die mir Gesellschaft leistet.«
Peggy Stealey schlenderte auf hohen Absätzen, mit einer schicken schwarzen Hose und einer saphirfarbenen Bluse bekleidet, auf ihn zu. In der einen Hand hielt sie ein Glas Chardonnay, in der anderen ihre Handtasche. Ihr blondes Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, der ihre hohen Wangenknochen und ihre blauen Augen betonte. So ziemlich jeder männliche Gast im Steakhaus sah auf und beobachtete, wie sie den Raum durchquerte.
Holmes streckte beide Hände aus und legte sie auf ihre Wangen, während Peggy Stealey die Lippen schürzte und sie dem Vorsitzenden des Democratic National Committee darbot. Holmes gab ihr einen flüchtigen Kuss und stellte sie sogleich den Anwesenden vor. Da sie nicht zum ersten Mal mit ihm hier war, kannte Peggy die Leute bereits, doch sie nahm es ihm nicht übel, dass er es nicht mehr wusste. Es lag nun einmal in seinem Wesen, die Menschen zusammenzubringen und dabei selbst stets im Mittelpunkt zu stehen. Er war mit jedermann gut Freund – vom Hilfskellner bis hinauf zum Präsidenten. Holmes mochte die Menschen, und die Menschen mochten ihn.
Die Empfangsdame führte Holmes und Peggy Stealey zu seinem gewohnten Tisch. Hier konnte er sich einerseits relativ ungestört unterhalten und hatte andererseits einen guten Überblick über das Restaurant. Auf dem Weg zum Tisch schüttelte Holmes weiter kräftig Hände, klopfte dem einen oder anderen
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