Die Gefahr
kleinste Detail studiert hätte, und sie waren alle zur gleichen Schlussfolgerung gelangt: Operationen bei Tageslicht waren so weit wie möglich zu vermeiden, und wenn man nicht genau wusste, auf welchen Gegner man treffen würde, war es ratsam, nur mit Unterstützung aus der Luft oder durch Panzer vorzugehen.
Eine Luftunterstützung, wie Harley sie sich gewünscht hätte, kam in diesem Fall aus politischen Gründen nicht in Frage. Die Operation musste durchgeführt werden, ohne dass die Pakistanis etwas davon mitbekamen; wenn man ein schwer bewaffnetes AC-130U Spooky Gunship eingesetzt hätte, dann wäre das den pakistanischen Radarstationen nicht entgangen. Das gebirgige Gelände sowie die kurze Dauer der Operation machten wiederum den Einsatz von Panzern unmöglich. Damit war General Harley in der schwierigen Lage, einen Hubschrauberangriff auf ein feindliches Dorf mit rund tausend Einwohnern ohne Unterstützung durch Flugzeuge oder Panzer durchführen zu müssen. Und es ging hier nicht um ein x-beliebiges Dorf. Nach dem Geheimdienstmaterial der CIA und der Defense Intelligence Agency zu schließen, handelte es sich um eine Hochburg der Al Kaida. Diese Leute würden sich nicht einfach in ihren Häusern verstecken und darauf warten, dass die Amerikaner wieder abzogen – nein, sie würden den Angreifern erbitterten Widerstand leisten.
Rapp stand General Harleys Einsatzplan zunächst mit einiger Skepsis gegenüber, doch als ihm Harley seine Gedanken im Detail erläuterte, erkannte er die geniale Strategie, die dahinter steckte. Irene Kennedy hatte mit dem Präsidenten gesprochen und grünes Licht für eine verdeckte Operation auf pakistanischem Boden bekommen. General Harley betrachtete die Operation als seine höchstwahrscheinlich einzige Chance, dieses Schlangennest auszuräuchern, und Rapp hatte keineswegs die Absicht, ihn von diesem Vorhaben abzubringen.
0 7
Ali Saed al-Houri schlief zur Abwechslung wieder einmal ruhig. Er war erst Mitte fünfzig, doch er hatte ein unglaublich hartes Leben hinter sich; mit seiner gebückten Haltung, seinem leichten Hinken und seinem grauen Bart hielt man ihn nicht selten für viel älter als er war. Er stammte ursprünglich aus Ägypten, doch das war für ihn inzwischen ohne Bedeutung. Al-Houri war Moslem, und Allah kannte keine Grenzen. Nationalbewusstsein war etwas für Heiden, und al-Houri war ein wahrer Gläubiger.
Er hatte von Anfang an der ursprünglich aus Ägypten stammenden Moslembruderschaft angehört und war deshalb zweimal eingesperrt und von der Geheimpolizei Mukhabarat brutal gefoltert worden. Das war auch der Grund, warum er heute hinkte und häufig Albträume hatte. Al-Houri war in die Ermordung des ägyptischen Präsidenten Anwar as-Sadat verwickelt gewesen und in der Folge zusammen mit anderen Mitgliedern der Moslembruderschaft festgenommen und grausam gefoltert worden.
Alle brachen sie schließlich zusammen. Einige sagten die Wahrheit, andere sagten irgendetwas, um die Schmerzen nicht länger ertragen zu müssen, und es gab auch einige, die das Glück hatten, zu sterben, weil manche Folterknechte etwas übereifrig vorgingen. Einige Gefangene verrieten sogar ihre Überzeugungen, doch die meisten wurden, so wie al-Houri, in ihrer Treue zu Allah nur noch bestärkt.
Tagaus, tagein hockte er in seiner schmutzigen Zelle, tagsüber schwitzend und nachts vor Kälte zitternd – ohne Bett, Decke oder Kissen, und zu müde, um die Fliegen von seinem geschundenen Körper zu vertreiben. In diesem Zustand der körperlichen und geistigen Qualen hatte er gelernt, seinen Gott auf einer wahrhaft mystischen Ebene zu verstehen. Allah hatte zu ihm gesprochen und ihm gesagt, was zu tun war.
Der Islam war wieder einmal bedroht – und diesmal nicht von einer angreifenden Armee. Der Westen führte einen feigen Krieg mit den Waffen der Technologie und des Handels, um den islamischen Glauben von innen auszuhöhlen. Sie vergifteten die Köpfe moslemischer Kinder und leiteten sie in die Irre. Die arabische Welt befand sich, auch wenn manche dies nicht erkannten, bereits mitten in einem heiligen Krieg. Es war al-Houris heilige Pflicht, seinem Volk die Augen zu öffnen und zum Schwert zu greifen, um seinen Glauben zu verteidigen.
Es war nicht vergebens gewesen, all die Qualen zu erdulden – die Folter, die Vertreibung aus der Heimat und das Leben auf der Flucht, das er zwei Jahre lang hatte führen müssen. Al-Houri und seine Landsleute würden bald im Namen des Islam
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