Die Gefahr
Augenblicke. Sie wusste, dass ihm der Vorschlag, den sie ihm gleich unterbreiten würde, gar nicht gefallen würde – doch sie hatte keine andere Wahl. »Als Vorsichtsmaßnahme würde ich vorschlagen, dass Sie und die First Lady die Nacht im Bunker verbringen.«
Der Präsident dachte an die Betongruft unter dem Executive Mansion. Er hatte schon einmal mehrere Tage da unten verbringen müssen und hatte keine große Lust, sich noch einmal dort aufzuhalten. »Nun mal langsam, Irene. Ein Stadtplan ist doch noch kein Beweis, oder?«
»Das nicht, Sir, aber es ist mehr als nur der Plan.« Drei weitere Secret-Service-Agenten kamen herein, und Hayes erkannte, dass da bereits einiges im Gange war. »Irene, bevor Sie irgendetwas Übereiltes machen – ich hoffe doch, dass Sie noch keine Evakuierungen in die Wege geleitet haben.«
»Nein, das habe ich nicht, Sir, obwohl ich dazu befugt wäre, ohne vorher Ihre Zustimmung einzuholen.« Sie hatte die Befugnis, bestimmte Entscheidungsträger aus der Stadt zu evakuieren, um zu gewährleisten, dass das Land stets eine arbeitsfähige Regierung hatte. Eine solche Maßnahme durfte jedoch nicht leichtfertig getroffen werden, denn die Medien würden sich sofort darauf stürzen, was sehr leicht zu einer landesweiten Panik führen konnte.
»Was wollen Sie damit andeuten, Irene?«
»Sir, ich will damit sagen, dass ich noch nicht so weit gehen will, Operation Ark einzuleiten, aber ich fände es trotzdem besser, wenn Sie und die First Lady diese Nacht im Bunker verbringen.«
»Irene, ich glaube, Sie sind da ein wenig vorschnell.«
Irene Kennedy ließ sich jedoch nicht so leicht beirren.
»Sir, wir stehen da vor einem echten Problem. Sie und der Vizepräsident sind in der Stadt, ebenso die Sprecher von Senat und Repräsentantenhaus und Ihr gesamtes Kabinett, mit Ausnahme des Innenministers.«
»Oh … ich verstehe.« Wenn Washington in diesem Augenblick durch eine Bombe zerstört werden sollte, dann wäre es die Aufgabe des Innenministers gewesen, die Rolle des Präsidenten zu übernehmen. Er war zwar ein untadeliger Mann, hatte aber nicht das Zeug, um in einem Augenblick der absoluten Krise den Menschen Mut zu machen.
»Sir, ich meine auch, dass es verfrüht wäre, die Leute aus den Restaurants und den Betten zu holen. Mitch meint, dass er in wenigen Stunden mehr wissen wird. Bis dahin würde ich mich jedenfalls bedeutend wohler fühlen, wenn ich wüsste, dass Sie in Sicherheit sind.«
Hayes schwieg einige Augenblicke und sagte dann in einem Ton, der keinen Zweifel daran ließ, dass er gewillt war, das Kommando zu übernehmen: »Ich gehe hinunter in den Situation Room und behalte die Lage im Auge.«
Der Situation Room war zwar kein Bunker, doch er war mit genug Beton gesichert, um beispielsweise einer LKW-Bombe standzuhalten, die vor dem Haus hochging. Der Raum bot immerhin einen gewissen Schutz. Sie wusste, dass sie fürs Erste alles versucht hatte, um ihn zu überzeugen, und sie konnte ihn andererseits auch nicht gut daran hindern, seinen Job zu machen.
»Was ist mit der First Lady?«
»Irene … Sie kennen sie gut genug, um zu wissen, dass nichts und niemand – nicht einmal ich selbst – sie dazu bringen könnte, die Nacht in diesem Bunker zu verbringen.«
»Wollen Sie sie nicht wenigstens fragen, Sir?«
»Ich kann’s ja versuchen – ich rufe Sie in einer Viertelstunde wieder an.« Hayes legte auf und blickte auf sein halbvolles Glas. Es war Verschwendung, den guten Bourbon einfach so stehen zu lassen, aber er hatte möglicherweise eine lange Nacht vor sich. Er ließ das Glas stehen und ging hinaus, um seiner Frau zu sagen, dass er noch kurz in den Situation Room hinunterging. Auch wenn er es Irene Kennedy versprochen hatte, versuchte er gar nicht erst, sie dazu zu überreden, sich in dem Bunker zu verkriechen.
17
AFGHANISTAN
Rapp hatte um mehr Zeit gebeten, um diese Goldmine von Informationsmaterial durchzuarbeiten, die sie unter dem Haus gefunden hatten, doch General Harley hatte es ihm nicht gestattet. Eine Ausschleusung nach einer Operation im Feindesland war keine einfache Sache, und der General wollte die Sache wie geplant und so schnell wie möglich durchziehen. Harley schickte eines der Geländefahrzeuge ins Dorf, und Rapp füllte mit Hilfe der Delta-Force-Männer den viel zu kleinen Anhänger mit den Akten, Karten und Computern aus dem kleinen Raum unter dem Haus.
Nach dem Gespräch mit Irene Kennedy wusste Rapp, woran er war. Es war höchste Eile geboten,
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