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Die Gefahr

Die Gefahr

Titel: Die Gefahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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beschleunigen.« Rapp sah, wie sich Urdas Gesichtsausdruck veränderte, und er ließ seinen Arm los.
    »Ja, wirklich … eine Atombombe«, wiederholte Rapp. »Wir können uns noch gar nicht ausmalen, wie hoch die Opferzahlen wären, wenn es wirklich dazu käme. Und die Zeit drängt.«
    Urda sah ihn mit großen Augen an. »Meine Exfrau und die Kinder wohnen gleich außerhalb der Stadt.«
    Nicht zum ersten Mal dachte sich Rapp, was für ein Glück er hatte, dass seine Frau gerade bei ihren Eltern in Wisconsin war.
    Urda schüttelte den Kopf, so als könne er nicht begreifen, dass tatsächlich eine solche Katastrophe drohte. »Haben Sie eine Ahnung, wie groß die Bombe ist?«, fragte er schließlich.
    »Ich weiß es nicht. Das ist auch eine Sache, die ich herausfinden muss, und wir haben nicht viel Zeit dafür. Ich brauche Ihre Hilfe. Ich spreche ganz gut Arabisch und Farsi, aber von Paschtu und Urdu verstehe ich nur ein paar Brocken.«
    Rapp zeigte auf den Pferch, wo die Gefangenen gerade von den quiekenden Schweinen weggeschleppt wurden. »Ich weiß, dass zwei der Kerle fließend Arabisch, Englisch und Paschtu sprechen, und dass einer nur Paschtu und ein wenig Arabisch spricht. Von den anderen weiß ich es nicht. Ich brauche Sie zum Dolmetschen, aber vor allem brauche ich Sie zum Zuhören, weil ich sie nämlich alle fünf zusammen verhören will.«
    Urda sah dem berüchtigten CIA-Spezialisten in die Augen. Soviel er wusste, gab es nur einen Grund, warum man alle Gefangenen gemeinsam verhören sollte. »Es gibt Leute, die das für uns erledigen würden, Leute …«, sagte er nachdenklich.
    Rapp schüttelte bereits den Kopf, bevor Urda zu Ende gesprochen hatte. »Nein. Das ist zu wichtig, als dass wir es den Schlägern irgendeines Warlords anvertrauen können.« Er zeigte auf die gefesselten Gefangenen, die in einer Reihe zum Haus schlurften. »Der vierte Mann in der Reihe ist Ali Saed al-Houri. Er hat bei der Planung der Anschläge vom 11. September mitgearbeitet, und wenn er nicht singt wie ein Vogel, dann bringe ich ihn auf der Stelle um, und ich sage Ihnen ganz offen, dass mich das keine Sekunde Schlaf kosten würde.«
    Urda stieß einen langen Seufzer aus, so als wäre die Bürde, die man ihm auferlegen wollte, zu schwer für ihn.
    Rapps Gesichtszüge verhärteten sich. »Ich werde alles tun, was notwendig ist, um diese Kerle zum Reden zu bringen, darauf können Sie sich verlassen. Darum muss ich jetzt wissen, ob Sie den Mumm für das haben, was hier abläuft. Und ich muss mich darauf verlassen können, dass Sie hinterher keinem Menschen auch nur ein Wort darüber erzählen werden.«
    Urdas Gedanken wanderten wieder zu seiner Exfrau und seinen drei Kindern. Er stellte sich vor, wie sie friedlich in ihren Betten lagen – in dem Haus, in dem einst auch er gewohnt hatte, bevor dieser Job seine Ehe ruiniert hatte. Er dachte an die Gründe, warum er seine Arbeit über sein Familienleben gestellt hatte – sein Pflichtbewusstsein, das Gefühl, dass er in diesem wahnsinnigen Krieg etwas bewirken konnte, und die Überzeugung, dass auch jemand die Dreckarbeit machen musste. Es war, als hätten all diese vorangegangenen Entscheidungen zu diesem entscheidenden Augenblick geführt. Jetzt konnte er wirklich etwas bewirken. Wenn es einen Moment gab, in dem es vertretbar war, die Vorschriften außer Acht zu lassen, dann war er jetzt gekommen.
    Mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck sagte Urda schließlich: »Ich bin dabei.«

20
    Der Betonboden war fast vollständig von einer klebrigbraunen Schmutzschicht bedeckt. Das Haus war ungefähr acht Meter breit und fünfundzwanzig Meter lang und hatte große Tore an beiden Seiten, durch die Fahrzeuge ein und aus fahren konnten, um Waren zu liefern oder abzuholen. In dieser Halle war die Ware Opium, gleichzeitig Fluch und Segen des afghanischen Volkes. Große Reichtümer wurden damit verdient, die jedoch zu Stammesrivalitäten führten, die selbst die berüchtigten Bandenkriege im Chicago der dreißiger Jahre in den Schatten stellten. Diese Leute benutzten keine Maschinengewehre, um ihre Auseinandersetzungen auszutragen, sondern bedeutend schwerere Waffen, wie der sowjetische Panzer draußen vor dem Haus zeigte.
    Die Kriegsherren, die das Opiumgeschäft vom Anbau über die Verarbeitung bis hin zum Vertrieb kontrollierten, waren unermesslich reiche, rücksichtslose Leute, die immer wieder bewiesen hatten, dass sie vor keinem noch so gewaltsamen Mittel zurückschreckten, um ihre

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