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Die Gefahr

Die Gefahr

Titel: Die Gefahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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verfolgt. Sie erkannte auch das Motiv des Präsidenten hinter seiner raschen Rückkehr ins Weiße Haus, die aus seiner Sicht durchaus logisch war. Als langjährige Angehörige der CIA glaubte sie fest daran, dass es in bestimmten Situationen am besten sei, die Öffentlichkeit nicht zu informieren. Und auch in diesem Fall war sie überzeugt, dass es besser wäre, wenn das amerikanische Volk nichts von den Vorfällen in Charleston erfuhr. Für die meisten war das Leben schon schwierig genug, auch ohne der Bedrohung durch eine Atombombe ins Auge blicken zu müssen.
    Leider war die Geheimhaltung in diesem Fall anscheinend nicht länger möglich. Die Medien waren an der Sache dran. Als sie Operation Ark eingeleitet hatte, war sie selbst davon ausgegangen, dass die Medien bis spätestens zwölf Uhr am folgenden Tag Bescheid wissen und darüber berichten würden – und sie behielt recht. Der Reporter der Times hatte sich geweigert, auf die Story zu verzichten, als Valerie Jones mit ihm sprach. Außerdem waren noch zwei weitere Journalisten an der Geschichte dran. Der arme Tim Webber, seines Zeichens Pressesprecher des Weißen Hauses, tat sein Möglichstes, um die Journalisten abzuwimmeln, aber wenn sie nicht rasch ins Weiße Haus zurückkehrten und ihm halfen, die unbequemen Fragen zu beantworten, würde die Situation wohl bald außer Kontrolle geraten.
    Irene Kennedy war realistisch genug, um einzusehen, dass es ein Ding der Unmöglichkeit war, vor dem amerikanischen Volk geheim zu halten, was in den vergangenen zwölf Stunden geschehen war. Deshalb war es wohl der vernünftigere Weg, sich nicht bedeckt zu halten, sondern das Problem aktiv anzupacken. In diesem Punkt stimmte Kennedy mit dem Präsidenten und seiner Stabschefin überein. Es wäre ihr zwar lieber gewesen, wenn der Präsident in Site R geblieben wäre, bis sie die Lage besser einschätzen konnten – doch natürlich musste man immer auch wirtschaftliche und politische Argumente ins Kalkül ziehen.
    Die wirtschaftlichen Überlegungen waren leicht nachzuvollziehen. Die Finanzmärkte waren auf stabile Verhältnisse angewiesen. Wenn schon die Nachricht einer Zinserhöhung oder steigender Arbeitslosigkeit zu drastischen Kursstürzen führen konnte, dann konnte man sich leicht vorstellen, was passieren würde, wenn herauskam, dass die politische Elite Amerikas aus Washington evakuiert worden war. Hayes sprach nicht von den politischen Konsequenzen, doch Irene Kennedy wusste, was in ihm vorging. Er würde nicht irgendwo in einem sicheren Bunker sitzen, während der amerikanische Normalbürger weiter zur Arbeit ging, weil ihm sonst seine politischen Gegner unweigerlich Feigheit vorwerfen würden.
    Hayes war fest überzeugt, dass sich eine Panik am ehesten vermeiden ließ, wenn man ihn an seinem Schreibtisch im Weißen Haus bei der Arbeit sah. Irene Kennedy musste ihm in diesem Punkt recht geben, und so ordnete der Präsident an, dass der Vizepräsident und der Minister für Homeland Security im Bunker von Mount Weather bleiben sollten. Außenministerin Berg und Sicherheitsberater Haik blieben in Site R, während Irene Kennedy und Valerie Jones den Präsidenten ins Weiße Haus begleiteten.
    Dr. Kennedy hätte nicht sagen können, wie oft sie schon in Marine One gesessen hatte, doch ihr fiel auf, dass der Hubschrauber diesmal schneller als üblich war, als sie in geringer Höhe über die National Mall hinwegflogen. Sie blickte aus dem kleinen Fenster auf das Weltkriegsdenkmal hinaus. Es wurden gerade Tribünen errichtet und alle möglichen Vorkehrungen für die Einweihungszeremonie am Samstag getroffen. Rapp war bereits auf dem Heimweg und sollte irgendwann im Laufe des Abends eintreffen. Sie würde ihn damit beauftragen, gleich morgen früh nach möglichen Verbindungen zwischen dem vereitelten Anschlag und den Feierlichkeiten zu suchen.
    Der Hubschrauber ging in den Kurvenflug, sodass sich die Passagiere an ihren Armlehnen festhielten. Irene Kennedy blickte zu Warch auf, der auf einem Klappsitz beim Cockpit saß. Wie die meisten Secret-Service-Agenten gab er sich stets stoisch ruhig, doch Irene und er kannten einander gut genug, dass er auf ihren Blick mit einem besorgten Stirnrunzeln antwortete und frustriert die Augen verdrehte. Warch war ganz und gar nicht glücklich darüber, dass der Präsident beschlossen hatte, ins Weiße Haus zurückzukehren.
    »Jack«, sagte der Präsident, zu Warch gewandt, »wollen Sie mich etwa bestrafen, indem Sie die Jungs besonders

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