Die Gefahr
hatten keine Antwort bekommen. Die Tatsache, dass sich der Pressesprecher weigerte, die Frage zu beantworten, war wohl Beweis genug, dass der Präsident nicht dort war, wo er eigentlich sein sollte.
Einige Reporter riefen Stokes weitere Fragen nach und hörten erst auf, als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte. Als sich der Sturm der Fragen und Zurufe gelegt hatte, drang ein Geräusch aus der Luft zu ihnen, das ihnen durchaus vertraut war. Sie liefen vom Haus weg und blickten zum Himmel hinauf. Es war das typische Knattern eines Hubschraubers, und es gab nur einen Hubschrauber auf der Welt, dem es gestattet war, in den Luftraum über dem Weißen Haus einzudringen. Einer nach dem anderen begannen sie Tim Webber zu verfluchen, weil er ihnen nicht verraten hatte, dass der Präsident ins Weiße Haus zurückkehrte – wo immer er auch gewesen sein mochte.
48
Peggy Stealey war zum ersten Mal im Oval Office und war dementsprechend aufgeregt. Leider ließen ihre Frisur, ihr Make-up und ihre Bekleidung ihrer Ansicht nach einiges zu wünschen übrig. Justizminister Stokes sah in seinem Hugo-Boss-Anzug wie immer tadellos aus. Stealey war ü berzeugt, dass einer seiner Leute schnell zu ihm nach Hause gefahren war, wo seine umsichtige Frau bereits die passenden Kleider eingepackt hatte.
Peggy hatte niemanden, den sie hätte schicken können, deshalb trug sie immer noch den langweiligen grauen Hosenanzug, den sie mitten in der Nacht in aller Eile angezogen hatte. Dieses Outfit war langweilig und unscheinbar, und zu allem Überfluss trug sie nicht einmal eine Kette, Ohrringe oder ein Armband, um ihrem Äußeren etwas mehr Pep zu geben.
Peggy Stealey war zwar schon oft im Weißen Haus gewesen, um an Sitzungen mit hochrangigen Angehörigen der Administration teilzunehmen, doch bei all diesen Anlässen war sie nur ein Gesicht unter vielen gewesen. Heute Vormittag war das in mancherlei Hinsicht anders. In diesen Tagen wurde in Washington Geschichte geschrieben, und Peggy Stealey hatte vor, kräftig dabei mitzuwirken. Stokes hatte ihr von dem Lob erzählt, das er vom Präsidenten geerntet hatte, nachdem er den Vizepräsidenten in die Schranken gewiesen hatte. Die Gelegenheit war günstig – sie brauchten sie nur noch am Schopf zu packen, und Peggy Stealey hatte einen Plan, von dem alle profitieren würden.
Präsident Hayes eilte mit beschwingtem Schritt ins Oval Office. Valerie Jones und Irene Kennedy folgten einige Schritte hinter ihm. Stealy war ein wenig erleichtert, als sie den Präsidenten in Khakihose und einem schlichten weißen Hemd hereinkommen sah. Ihr kurzes Aufatmen war gleich wieder vergessen, als ein klein gewachsener Mann im makellosen weißen Jackett aus der anderen Richtung in den Raum eintrat. Er hielt einen dunkelblauen Anzug samt Hemd, Krawatte und glänzenden schwarzen Schuhen in den Händen.
Der Präsident ignorierte seine beiden Gäste zunächst und sagte: »Carl, Sie sind der Beste.«
Der Navy-Steward des Präsidenten strahlte über das ganze Gesicht. »Es ist schön, Sie wieder im Weißen Haus zu sehen, Sir.«
Hayes zweifelte nicht daran, dass Carl mehr über die Ereignisse der vergangenen zwölf Stunden wusste als die meisten seiner Mitarbeiter. »Würden Sie das Zeug in meinem Badezimmer aufhängen und uns Kaffee bringen?«
»Wird sofort erledigt, Sir.«
Hayes wandte sich Stokes und Stealey zu, die am Kamin standen. Sie bemerkte, dass er sich einen Moment lang zu fragen schien, wer sie war, was er jedoch sogleich hinter einem Lächeln verbarg. Angesichts ihres biederen Aufzugs hielt er sie womöglich für eine Angehörige des Sicherheitsteams des Justizministers und nicht für eine seiner besten Mitarbeiterinnen.
Der Präsident klatschte in die Hände und sagte: »Martin, Sie und Ihre Leute haben heute wirklich großartige Arbeit geleistet.«
»Danke, Mr. President. Jeder von uns hat sein Bestes getan.«
»Das kann man wohl sagen.«
»Mr. President«, meldete sich Irene Kennedy zu Wort, während sie hinter den Schreibtisch des Präsidenten trat, »dürfte ich kurz Ihr Telefon benutzen, um General Flood anzurufen?«
»Selbstverständlich.«
Es klopfte an der Tür, und diesmal trat eine Frau mit einer Reisetasche ein. »Verzeihung, Mr. President.« Die junge Frau wandte sich der Stabschefin des Präsidenten zu, die in einer Ecke stand und mit ihrem Handy telefonierte. »Val, ich habe Ihre Sachen hier.«
»Legen Sie sie in mein Büro«, rief Valerie Jones zurück.
Peggy Stealey nahm sich
Weitere Kostenlose Bücher