Die Gefangene des Highlanders
Holz, alten Lumpen und menschlichen Ausdünstungen. Schaudernd blieb sie am Eingang stehen, erhielt jedoch einen festen Stoß in den Rücken und taumelte durch den dämmrigen Raum, bis sie gegen die Mauer stieß. Den Stoß hatte ihr Braden versetzt.
„Setz dich dort hin“, befahl er und wies auf eine stinkende Decke, die auf dem Boden lag.
„Ich denke nicht daran!“, zischte sie ihn an. „Ich warne dich, Braden MacDean. Falls du versuchen solltest, mich anzufassen, werde ich dich beißen und treten.“
Er lachte. Tatsächlich, er war in Gelächter ausgebrochen.
„Keine Sorge, Lady“, gab er grinsend zurück. „Ich habe keine Sehnsucht nach deinen Reizen. Falls du allerdings versuchen würdest, davonzulaufen, könntest du es bitter bereuen.“
Sie kam sich lächerlich vor und war zornig auf sich selbst. Wie hatte sie glauben können, er wolle sie berühren? Er liebte doch seine schöne Sarazenin. Wo mochte er sie wohl verborgen haben, diese verfluchte Heidin?
„Aisleen wird sich um dich kümmern, falls du Hunger hast oder dich sonst ein Bedürfnis plagt“, verkündete er und wandte sich zum Ausgang.
Marian hörte, wie er mit den beiden Männern draußen redete, dann entfernten sie sich, und es wurde still. Wohin waren sie gegangen mitten in der Nacht? Vielleicht zu dem Ort, an dem er seine arabische Frau versteckt hatte? Sie spürte, wie eine sinnlose Eifersucht sie überkam. Ja natürlich, er würde mit ihr die Nacht verbringen und alle Freuden des Morgenlandes mit ihr teilen. Dieser verfluchte Kerl, oh wenn sie ihm wenigstens das Gesicht zerkratzen und seinen verdammten Bart ausreißen könnte! Sie hätte ihm auch sehr gern dorthin getreten, wo sie Graham getroffen hatte. Nur dass Graham ein Feigling war und daraufhin jammernd davongelaufen war. Braden würde das ganz sicher nicht tun, stattdessen würde er …
„Hast du Hunger?“, unterbrach eine leise Stimme ihre Gedankengänge. „Wir haben noch ein wenig Gemüse. Die Hasen werde ich später braten.“
Erst jetzt erfasste ihr Blick die Frau, die am anderen Ende der Unterkunft bei einem kleinen Talglicht auf dem Boden hockte. Wie hießt sie doch? Aisleen. Sie war jung und hatte ein rundes, hübsches Gesicht, um das Haar hatte sie ein Tuch geschlungen, auch um den Körper war ein zerschlissener Umhang gewickelt. Trotzdem konnte man sehen, dass sie ein Kind trug.
Marian hatte den ganzen Tag über nichts gegessen und war hungrig wie ein Wolf. Dennoch war der Gedanke, etwas zu sich zu nehmen, das in diesem düsteren schmutzigen Verschlag zubereitet worden war, wenig verlockend. Man musste ja nur diesen rußigen, alten Topf anschauen, die Lumpen der jungen Frau, die fleckigen Holznäpfe, die sie in einem Eimer gewaschen hatte.
„Ich bin nicht hungrig.“
Aisleen schien den Grund ihrer Ablehnung zu ahnen, denn sie sah zu Boden, und ihre Miene wurde verschlossen. Marians Gewissen meldete sich, sie hatte die junge Frau nicht vor den Kopf stoßen wollen, denn sie sah eigentlich recht freundlich aus. Wenn auch ein wenig unbedarft. Vielleicht war es gut, ein Gespräch mit ihr zu beginnen?
„Ist der jüngere der beiden dein Mann?“
Aisleen schwieg und machte sich mit den Holznäpfen zu schaffen. Sie rieb sie mit ihrem Umhang trocken und stellte sie ineinander. Als sie sich vorbeugte und ihr Gesicht von dem Talglicht beleuchtet wurde, erkannte Marian, dass auf ihren Wangen zwei rote Flecke waren. Hatte sie die falsche Frage gestellt?
„Wohin sind die Männer gegangen?“, versuchte sie es noch einmal.
„In die umliegenden Dörfer“, war die knappe Antwort.
„Warum?“
„Hilfe holen.“
Marian begriff. Diese Verrückte glaubte offensichtlich, mit ein paar Bauernlümmeln gegen die Ritter ihres Vaters antreten zu können. Lächerlich. Spätestens morgen früh würde ihr Vater mit seinen Männer diesen Steinhaufen dem Erdboden gleich machen und sie befreien. Vielleicht sogar schon heute Nacht. Braden MacDean hatte nicht die geringste Chance und würde vermutlich bei diesem Kampf sein Leben lassen. Wider Willen konnte sie sich nicht darüber freuen, die Vorstellung, dass er bald sterben würde tat ihr weh.
Dumme Gans, schalt sie sich in Gedanken. Er hat die Verlobung gebrochen und dich mit einer verfluchten Heidin betrogen, er hat dich entführt und geohrfeigt, gefesselt und in dieses elende Loch gesteckt. Und du jammerst darüber, dass er seine gerechte Strafe für alles dies erhalten wird.
Sie war müde und lehnte sich gegen die Wand. Auch
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