Die Gefangene des Highlanders
schob er ungeduldig von sich.
„Später!“
Den Vormittag über gab er sich vollkommen der Ausbildung seiner zukünftigen Ritterschaft hin, freute sich an ihren Fortschritten und stellte in Gedanken schon eine Gruppe junger Kämpfer zusammen, die gegen die Ritter der MacArons nicht schlecht abschneiden würden. Natürlich waren einige noch zu jung, würden höchstens als Knappen und Bannerträger herhalten können, doch auch diese Aufgaben würden sie mit Mut und Begeisterung erfüllen. Gemeinsam mit den Bauern, die noch auf der Burg verblieben waren und ebenfalls bereits im Gebrauch von Waffen geübt waren, hatte er eine recht gut ausgebildete Truppe um sich geschart.
Es konnte sein, dass er sie brauchen würde.
Spät am Nachmittag erst gönnte er sich und seinen Zöglingen Ruhe, nahm etwas Brot und Suppe zu sich und trank dazu Brunnenwasser. Er hatte keine Müdigkeit verspürt, während er mit den jungen Männern arbeitete – jetzt allerdings schienen ihm seine Glieder wie Blei, dafür begannen ihn wieder Gedanken zu plagen, die er gern aus seinem Kopf verscheucht hätte. Er zog sich in den Turm zurück, um der lästigen Erinnerungen Herr zu werden, doch umsonst. Dort stand noch die Truhe, in der Marian ihre Kleider aufbewahrt hatte und die noch randvoll mit ihren Gewändern war, drüben die Schemel, die sie hatte zimmern lassen, die Tongefäße in den Wandnischen, die Decken auf dem Lager, die noch den Geruch ihrer Haut und ihres Haares atmeten ... Er hatte keine Chance, Marian zu entkommen.
Jemand stieg die Treppe hinauf, dem schweren Schritt zufolge war es Druce. Braden war froh über die Ablenkung, alles war besser, als ständig über sie nachgrübeln zu müssen.
„Endlich!“, knurrte Druce. „Du legst wohl nicht mehr viel Wert auf deine Freunde, wie?“
„Ganz im Gegenteil. Komm und lass uns von der Liebe und den Weibern reden“, meinte Braden mit Galgenhumor.
Druce zog die Nase hoch und hockte sich auf einen der Schemel. Er schien sich ausgesprochen schlecht zu fühlen, und Braden vermutete, den Grund zu kennen. Natürlich rückte eine Heirat mit Fia durch diese üble Geschichte in noch weitere Ferne. Aber er würde alles dafür tun, damit wenigstens Druce sein Glück an der Seite eines Weibes fand. Wem sollte er sonst seine Burg und sein Land einmal überlassen, wenn nicht diesem Mann, der sein bester und einziger Freund war?
„Hör zu, Druce“, sagte er. „Wenn du um Fia MacAron werben willst – dann solltest du es versuchen. Ich entbinde dich von unserer Waffenbruderschaft und erwarte nur von dir, dass du mich nicht angreifen wirst. Vielleicht wird David MacAron sich mit diesem Versprechen ja zufrieden geben.“
Druce, der mit völlig anderen Gedanken beschäftigt war, starrte Braden verblüfft an. Großer Gott – wie edelmütig sein Freund doch war, und wie wenig er, Druce, diesen Edelmut verdient hatte.
„Lass jetzt Fia aus dem Spiel, Braden. Es geht um Marian …“
Bradens Miene verdüsterte sich. Gerade hatte er es geschafft, die quälenden Gedanken an Marian für wenige Augenblicke loszuwerden.
„Kein Wort von Marian!“
„Es geht um Dinge, die du wissen musst.“
„Wer hier von Marian redet, den werfe ich eigenhändig aus dem Turm“, sagte Braden stur.
Druce erhob sich von seinem Sitz und richtete sich zu voller Größe auf.
„Darauf lasse ich es ankommen, Braden“, sagte er entschlossen.
Auch Braden stand jetzt auf und trat seinem Waffenbruder entgegen. Er überragte ihn um einen halben Kopf, doch war er weitaus schlanker gebaut als Druce, der eher einem tapsigen Bären glich als einem gewandten Krieger.
„Zwing mich nicht, dir eine reinzuhauen“, drohte er und seine grauen Augen blitzten den Freund an.
„Dir hat wohl lange keiner mehr das Maul poliert, Freund!“, knurrte Druce und senkte den Kopf wie ein angriffslustiger Stier.
„Nur zu, Waffenbruder!“
Blitzschnell fassten Bradens Hände zu, doch Druce bückte sich, wand sich aus dem Griff seines Freundes und versuchte, ihm die Füße wegzureißen.
„Mistkerl, verfluchter!“, brüllte Braden im Fallen, mehr belustigt als verärgert, und riss Druce mit sich auf den Boden.
Die Schemel gingen zur Bruch, die Truhe kippte um, und ihr Inhalt verteilte sich auf dem Boden. Keuchend rangen beiden Freunde miteinander, wälzten sich umher, mal hatte der eine die Überhand, dann wieder siegte der andere, bis Druce schließlich rücklings die Treppe hinabrutschte und Braden rasch zugreifen musste, um einen
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