Die Gefangene des Highlanders
missfiel ihm an ihr. Vor allem aber war es das volle, lockige Haar, das wie eine rote Feuersbrunst um ihre Schultern wehte, wenn der Wind hineingriff. So wie jetzt in diesem Augenblick …
Er hatte eine böse Bemerkung auf den Lippen, als er sah, wie sie stehenblieb und den Mantel über einen flachen Stein breitete, auf dem noch die Nachmittagssonne lag. Aha – die Dame wollte ein kleines Schläfchen in der Sonne tun. Sie schlief überhaupt erstaunlich viel – seit er wieder auf den Beinen war, hatte er sie fast nur schlafend gesehen.
Jetzt lief einer der Bauern auf sie zu und reichte ihr einen Becher, den sie mit huldvollem Lächeln in Empfang nahm. Unglaublich. Der arme Kerl verfolgte mit glücklichem Gesichtsausdruck, wie die Dame aus seinem Becher zu trinken geruhte und ihn dann mit einigen Dankesworten an ihn zurückgab. Kaum hatte er sich entfernt, da rannte Swan herbei, schleppte Brot, Fleisch und Früchte in einem Korb und stellte alles neben sie.
Braden merkte, wie sein Ärger auf ein neues Maß anstieg. Er hatte ja nichts dagegen, dass man seine Gefangene versorgte, aber deshalb musste man ihr die Leckerbissen ja nicht geradezu aufdrängen. Wer war sie denn? David MacArons Tochter und dessen beste Verbündete. Und Braden MacDeans Gefangene, das vor allen Dingen. Es war Zeit, dass sie wieder in sichere Verwahrung kam. Sobald der Turm fertiggestellt war, würde man sie dort einschließen, dann war Schluss mit solchen Ausflügen. Schließlich war sie die Tochter seines schlimmsten Feindes und trachtete danach, ihn, Braden, zu hintergehen. So wie es alle Weiber taten, ganz gleich ob sie schwarze oder rote Haare hatten.
Aber was regte er sich auf? Sie hatte zu ihrem Vater gehalten und geschwiegen. Was hatte er erwartet? Dass sie David MacAron verraten würde?
Wider besseren Wissens spürte er den gleichen Schmerz, der ihn schon damals erfasste hatte, als ihr Verrat an ihm offenbar wurde. Er ärgerte sich über sich selbst und sah schlecht gelaunt zu, wie sie auf ihrem Mantel lagerte, vergnügt Brot und Beeren knabberte und dabei mit Swan plauderte.
Wie das Gesicht des jungen Burschen leuchtete, wenn er sie ansah. Himmel, er schob sogar heimlich seinen Fuß neben den ihren und versuchte, sie zu berühren. Der arme Kerl musste vollkommen von dieser Hexe bezaubert sein, jetzt nannte er sie sogar „Lady Marian“.
„Swan!“
Der rauhe Befehlston zerriss die zarte Zweisamkeit, Swan war mächtig zusammengefahren, und Marians Gesicht wandte sich blitzschnell in die entgegengesetzte Richtung.
„Ja, Herr …“
Swan stand dienstfertig vor Braden und sah mit großen, fragenden Augen zu seinem Clanchief auf. Braden glaubte, in diesen Augen einen schwachen Anflug von schlechtem Gewissen zu entdecken, es konnte jedoch auch eine Täuschung sein.
„Ich möchte, dass du morgen mit den anderen jungen Kerlen den Waffengang übst. Sag Keith, er soll dir Speer und Schwert geben und kümmere dich darum, dass deine Waffen morgen in gutem Zustand sind.“
Swans Augen leuchteten nicht ganz so begeistert, wie Braden es erwartet hatte, doch er schien sehr zufrieden zu sein.
„Danke, Herr. Ich werde Euch nicht enttäuschen. Vielleicht kann ich den anderen sogar schon einiges beibringen …“
Braden schmunzelte. Der junge Bursche war ja recht selbstsicher – nun, vorerst schadete das nichts. Später würde er ihn schon noch in seine Schranken verweisen, falls dies notwendig sein sollte.
„Das sehen wir morgen“, sagte er freundlich. „Geh jetzt …“
Swan nickte gehorsam, zögerte dann jedoch und tat einige Schritte in die Richtung, in der Marian immer noch malerisch auf ihrem Mantel ausgestreckt lag. Braden riss jetzt der Geduldsfaden.
„Was ist los?“, knurrte er. „Musst du noch die Krümel von ihrem Mantel lesen und ihr die Füße küssen?“
Swan errötete, doch in seinen Augen blitzte der Trotz auf, und er presste die Lippen fest zusammen.
„Meine Schwester braucht den Korb zurück, in dem die Lebensmittel waren.“
Braden trat ein paar Schritte vor und legte dem Burschen seine linke Hand schwer auf die Schulter. „Hör mal zu, Swan“, sagte er leise, aber sehr eindringlich. „Ich war auch einmal so jung und unerfahren, wie du es bist und habe bitter für meine Unwissenheit bezahlt. Daher höre meinen Rat: Halte dich von dieser Frau fern.“
Der Junge sah die grauen Augen seines Clanchiefs voll ehrlicher Besorgnis auf sich gerichtet, und er wusste nicht recht, was er sagen sollte.
„Aber
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