Die Gefangene des Highlanders
zu essen bringen.“
Er blinzelte und sah, wie sie sich aufrichtete, das lange Haar zurückstrich und den Raum verließ. Sie hatte einen unglaublich verführerischen Gang, diese Verräterin, vermutlich lag es daran, dass sie den Gürtel sehr eng um ihre Mitte gezogen hatte und sich beim Gehen in den Hüften wiegte.
Marian blieb vor dem Turm stehen, atmete tief durch und versuchte, ihre Aufregung in den Griff zu bekommen. Gut – er konnte nicht wissen, was sie während seiner Abwesenheit für ihn getan hatte – niemand hatte es ihm bisher gesagt. Aisleen hatte er gar nicht zu Wort kommen lassen, auch jeden anderen davongejagt, der es wagte, die Nase ins Turmzimmer zu stecken, und Druce war mal wieder verschwunden. Hoffentlich machte der verliebte Bär keine Dummheiten!
Sie hob trotzig den Kopf und kniff die Augen zusammen, denn die Enttäuschung, die in ihrer Brust aufstieg, tat weh und wollte ihr die Tränen in die Augen treiben.
Soll er doch denken, ich hätte mich über seinen Tod gefreut, dachte sie verbittert. Ich werde ihm bestimmt nicht die Wahrheit erzählen. Wozu auch? Er würde es mir ja doch nicht glauben.
Es war sowieso alles egal. Sie konnte für ihn kämpfen, ihn pflegen, ganze Nächte bei ihm wachen – Braden liebte die andere. Liebe war eine Krankheit, gegen die kein Kraut gewachsen war, wen sie befiel, dem war nicht zu helfen.
Sie spürte, wie ihr die Tränen jetzt doch aus den Augen quollen und schrieb sie den schrägen Strahlen der Nachmittagssonne zu, in die sie die ganze Zeit hineingestarrt hatte. Ärgerlich wischte sie sich mit dem Ärmel übers Gesicht, dann erblickte sie die verschwommenen Umrisse eines Reiters auf der lilafarbenen Heidefläche, der sich in raschem Trab dem Burghügel näherte. Es war Druce MacMorray.
Er sprengte den Hügel hinauf, stieg vom Pferd und warf Rupert die Zügel des Tieres zu, dann sah er sich um, und seine Augen blieben an Marian hängen, als habe er nach ihr gesucht.
„Gut dass du kommst – er will mit dir reden“, rief sie ihm entgegen.
Druce’ Miene hellte sich auf, denn Braden hatte am Tag zuvor kaum einige Worte gesprochen.
„Es geht ihm besser?“
„Er tobt herum wie ein junges Füllen“, sagte sie spitz. „Wenn er so weitermacht, wird er bald wieder Fieber bekommen.“
„Großer Gott“, meinte Druce beunruhigt. „Warum sorgst du nicht dafür, dass er sich ausruht?“
„Versuch du es doch …“
Druce starrte sie an, dann begriff er und nickte grinsend vor sich hin. Ja, er kannte Braden nur zu gut. Er hasste es, krank und von der Hilfe anderer abhängig zu sein.
„Lass ihn“, brummte er. „Er wird schon von allein zur Vernunft kommen. Du könntest mir stattdessen einen Dienst erweisen, Marian …“
Sie sah ihn verblüfft an.
„Bist du etwa auch verwundet?“
„Nein, das ist es nicht“, meinte er verlegen und sah sich um. Die Männer waren allesamt noch mit Arbeiten beschäftigt, nur Swan hockte auf einem Stein und sah zu Marian hinüber. Als Druce ihn stirnrunzelnd ins Auge fasste, neigte der Junge sich ein wenig vor, nahm einen Stecken in die Hand und begann, damit Figuren auf den Boden zu malen.
„Es geht um … ich bin in einer dummen Lage, Marian. Lass uns ein wenig beiseite gehen …“
„Du machst es aber spannend …“
Er zog sie ein Stückchen weiter zur Mauer hinüber, schaute sich dann noch einmal aufmerksam nach allen Seiten um und zog dann eine kleine Papierrolle aus seinem Ärmel.
„Es ist so, dass … also Fia war so gütig …“, stotterte er und drehte das aufgerollte Pergament in seinen dicken Fingern.
Marian brauchte einen Augenblick um zu begreifen, dann hätte sie fast laut aufgelacht. Ihre kleine Schwester Fia! Wer hätte das gedacht? Das Mädchen hatte es ja faustdick hinter den Ohren.
„Ihr tauscht also Botschaften!“, stellte sie mit gespielt strenger Miene fest. „Hinter dem Rücken meines Vaters.“
Druce senkte den Blick und sagte nichts.
„Und auch hinter dem Rücken deines Waffenbruders Braden“, fügte sie boshaft hinzu.
Auf Druce’ Stirn wuchsen kleine Schweißperlen, und der flehende Blick, der sie jetzt traf, hätte Steine erweichen können.
„Ich gebe mich in deine Hand, Marian“, flüsterte er. „Ich vertraue dir, denn du bist es gewesen, die mir Mut gemacht hat, mich Fia zu offenbaren …“
Damit hatte er recht. Allerdings hatte sie nicht daran gedacht, dass die beiden auf solch eine gefährliche Idee kommen würden.
„Und was soll ich jetzt tun?“
Er
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