Die Gefangene des Highlanders
unzufrieden mit sich selbst. Hatte er sich nicht vorgenommen, sie zu gewinnen?
Aber wie gewann man eigentlich eine Frau wie Marian? Mit Schmeicheleien sicher nicht. Wohl eher mit Freundlichkeit und Geduld. Er atmete tief ein und aus. Geduld war seine Sache nicht.
Er beobachtete, wie sie den Besen mit einer verärgerten Bewegung gegen die Mauer der Halle lehnte und dann den Staub von ihrem Gewand schüttelte. Sie hatte das lange Haar am Hinterkopf zusammengenommen und zu einem dicken Zopf geflochten, jetzt löste sie das Band und befreite die Lockenpracht.
„Rotes Gold“, dachte er.
Er hatte es schon einige Male in seinen Händen gespürt, und er war begierig darauf, seine Finger wieder in diese üppige, seidige Wirrnis zu schieben.
„Was liegt an, edler Herr?“
Sie hatte die roten, vollen Lippen zu einem kleinen Herz zusammengezogen und sah ihn spöttisch von unten herauf an. Spöttisch und ein wenig feindselig.
„Komm mit.“
Er hatte wenig Lust, seine Entschuldigungen vor allen Leuten vorzubringen, die Bauern waren schon neugierig genug, reckten die Hälse und flüsterten miteinander. Lady Marian!
Zwischen den halbhohen, unfertigen Wänden des Turmanbaus wies er ihr einen Sitz auf einem Mauervorsprung zu und setzte sich dann ihr gegenüber auf einen Steinbrocken. Die Morgensonne beschien ihr gerötetes Gesicht, sie blinzelte, und er betrachtete entzückt die kleinen Sommersprossen über ihrer Nase. Als ein Windstoß in ihr Haar griff, fasste sie rasch mit der Hand zu und glättete die hochwirbelnden Strähnen, schloss dann für einen Moment die Augen, und die goldfarbigen Halbkreise ihrer dichten Wimpern zitterten leicht.
„Hast du mich gerufen, weil du mich anstarren willst?“, fragte sie dann unfreundlich.
Er räusperte sich, denn seine Kehle fühlte sich plötzlich sehr rauh an.
„Du sollst nach meiner Wunde sehen“, gab er zurück. „Ich bin nicht sicher, ob sie richtig verheilt.“
Verdammt – das war es doch gar nicht, was er hatte sagen wollen. Warum war es nur so elend schwer, die richtigen Worte zu finden. Jetzt stieß sie einen kleinen Seufzer aus, hüpfte von ihrem Sitz und befahl ihm energisch:
„Zieh das Gewand aus!“
Er gehorchte, saß nur noch mit der Bruoche bekleidet vor ihr und bot ihr den Anblick seines großen, von Muskeln überzogenen Körpers. Marian schien von seiner starken Männlichkeit wenig beeindruckt, sie war hinter ihn getreten und machte sich an seinem Arm zu schaffen. Die Wunde war ganz hervorragend verheilt, was vermutlich ihren Kräuterverbänden zu verdanken war.
„Ich weiß nicht, was du willst“, sagte sie auch prompt und zuckte die Schultern. „Es ist alles in Ordnung. Hast du denn Schmerzen im Arm?“
Es war angenehm, ihre Hände auf der Haut zu spüren, und er konnte der Versuchung nicht widerstehen, dieses Vergnügen ein wenig auszudehnen.
„Ein seltsames Ziehen manchmal“, schwindelte er. „Es geht bis in die Schulter hinein.“
„Aha!“, bemerkte sie trocken und begann, seinen Oberarm mit den Fingern abzutasten. „Spürst du hier etwas? Hier? Tut es dort weh? Spannt es? Hier auch noch?“
Er hatte jetzt seinerseits die Augen geschlossen und gab sich der Empfindung hin. Es war eine kleine Mutprobe für ihn selbst, denn ihre Finger glitten über seine Schultern, strichen die Wirbelsäule entlang und näherten sich in gefährlicher Weise jener Narbe, die ihm die schlimmste Erfahrung seines Lebens hinterlassen hatte. Marians Hände bearbeiteten seine Schultermuskulatur mit kräftigen, kreisenden Bewegungen, kneteten die wulstigen Stränge seiner Armmuskeln und glitten nur hin und wieder in der senkrechten Nut seiner Wirbelsäule ein kleines Stück abwärts, um sich sofort wieder zu seinem Nacken hin zu bewegen, den sie sorgfältig und fast zärtlich mit beiden Händen massierte.
„Du bist fürchterlich angespannt“, sagte sie kopfschüttelnd. „Kein Wunder, wenn du Schmerzen hast. Deine Muskeln sind hart wie Stein.“
„Wahrscheinlich solltest du mich öfter mit deinen Händen bearbeiten“, gab er lächelnd zurück.
Sie schwieg, er vernahm nur ein kurzes, verächtlich klingendes Lachen.
„Ich glaube, dass du dir das einbildest!“, meinte sie. „Zieh dich jetzt besser an, der Morgen ist kühl.“
Er ließ es bleiben – schließlich hatte er nicht vor, sich ständig ihren Anordnungen zu fügen. Stattdessen besann er sich auf sein eigentliches Vorhaben.
„Ich wollte mir dir reden, Marian, weil ich glaube, in deiner
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