Die Gefangenen des Korallenriffs
Ol um die Erlaubnis, seine Frau anzurufen. Als Vi den Hörer abhob, fragte er ruhig:
»Ist Viola schon zu Hause?«
Es vergingen ein paar Augenblicke, ehe Viola zum Telefon kam, dann aber schallte ihr fröhliches Lachen über die Lautsprecheranlage durch das Zentrum, und sie fragte, als wäre sie soeben eingetroffen:
»Hallo, Papa, bist du es? Ja, ich komme gerade zur Tür herein. Was gibt’s?«
»Nichts Besonderes, ich wollte bloß deine Stimme hören. Fein, daß du da bist. Schau dich nur überall im Haus um, du kannst auch in den Garten spielen gehn.«
Viola verstand genau, was Ol meinte. Der Chef aber staunte nicht schlecht. Daß sein Befehl so prompt ausgeführt würde, hätte er nie und nimmer erwartet. Diese Kerle können durchaus schnell arbeiten, wenn sie nur wollen, dachte er.
Inzwischen hatte Ol sich in die technischen Einzelheiten des Kristallskaphanders vertieft. Dieser Anzug war in der Tat ein Wunder an Perfektion und bestand, wie schon sein Name sagte, aus einem Gewebe feinster Kristallfäden.
»Wirst du mit dem Skaphander zurechtkommen?« erkundigte sich der Chef.
»Na klar, aber ich drehe erst mal ein paar Proberunden«, warf Ol lässig hin, so als hätte er sein Lebtag nichts anderes getan, als zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft hin und her zu pendeln.
Doch wer ihn genau kannte, hätte bemerkt, daß er etwas im Schilde führte.
Und wirklich hatte Ol sich einen Plan zurechtgelegt, um den Erdenbewohnern zu helfen. Er wollte nämlich ganz einfach eine Stunde zurück in die Vergangenheit fliegen, um seine Freunde zu erreichen, bevor sie in die Falle gingen. Dann würde er ihnen sagen, sie sollten sich schleunigst mit ihrem Doppelgänger im Elmenland vereinigen, damit sie wieder zu ihrem Planeten könnten. Die Atlantisjungen sollten selbst entscheiden, ob sie im Elming blieben oder mit den anderen mitkamen. War nur die Frage, wie er mit dem Löwen verfahren sollte. Aber das konnten sie ja noch an Ort und Stelle festlegen.
Ol winkte dem Chef kurz zu und verließ eilig das Zimmer.
Seine Rechnung ging auf – er erreichte den Elming gerade noch rechtzeitig. Der Krake Prim, der seine Gefährten vor der Elmenfalle schützen wollte, hatte sich schon völlig verausgabt. Ol schlüpfte, in einen Elm verwandelt, blitzschnell in das Amphibienfahrzeug und schaltete kurzerhand die Apparatur ab.
Während Nel und Din fieberhaft nach dem Schaden suchten, erklärte Ol seinen Freunden, was es mit Kostjas Verschwinden auf sich hatte.
»Ihr könnt ganz beruhigt sein«, sagte er, »Kostja droht keinerlei Gefahr. Höchstens daß sein Großvater Grigori ihn zur Strafe für sein Wegbleiben ein, zwei Stunden in den dunklen Schuppen sperrt. Das aber dürfte für ihn nach allem, was passiert ist, das reinste Zuckerlecken sein.«
Die Jungen aus Atlantis waren nicht allzu betrübt, als sie erfuhren, daß sie Abschied vom Elming nehmen sollten. Umso mehr, als Ol ihnen versprach, sie mit auf seinen Erdenstützpunkt zu nehmen. Da sie sich noch sehr gut an ihre Heimat erinnerten, konnten sie ihm viel Interessantes über die Insel erzählen. Dem Geologen Viktor Stepanowitsch aber mußten sie versprechen, die Geheimnisse der Atlantisschrift zu lüften.
»Ich glaube, daß unsere Begegnung der Beginn einer langen Freundschaft ist«, sagte Ol ein wenig feierlich. »Bestimmt werden wir uns auf der Erde oder auf der Irena wiedersehen. Sollten die Massaren aber etwas Böses gegen die Menschen im Schilde führen, so erfahrt ihr es umgehend von uns. Falls wir Vitanten nicht allein mit ihnen fertig werden, kämpfen wir gemeinsam.« Und er fügte scherzhaft hinzu: »Außerdem haben wir ja noch Kostja und Viola. Die beiden schaffen auf unseren Planeten im Handumdrehn Ordnung.«
Als Ol dann im Begriff war, sich von jedem einzelnen zu verabschieden, fiel ihm noch der Höhlenlöwe ein. Sollte der arme Kerl wirklich den Rest seines Lebens allein hier verbringen?!
Die Lösung kam überraschenderweise von Charlie Black. Der Seemann hatte schon lange ein Auge auf dieses Prachtexemplar geworfen und schlug deshalb vor:
»Im Zauberland in Kansas gibt es Artgenossen von ihm – den Tapferen Löwen und die Säbelzahntiger. Vielleicht sollten wir ihn einfach dorthin mitnehmen?«
»Ich hab auch schon daran gedacht«, erwiderte Ol, »doch wie sollen wir ihn zur Erde befördern? Der Synchrotunnel nimmt ihn nicht an.«
Charlie überlegte eine Weile und sagte plötzlich:
»Die Tiere im Zauberland stammen alle vom Planeten Rameria. Ich
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