Die Gegenpäpstin
langen Locken, die ihr
über die Schultern bis zu ihrem Po hinabfielen, raubte Padrig erneut den Atem. Erst recht, als sie dicht vor ihm stehenblieb
und ihn wie selbstverständlich umarmte. Sie reichte ihm gerade mal bis zur Brust, die sie zwanglos küßte, während sie gleichzeitig
ihre |287| vorwitzige Nase an seiner spärlichen Brustbehaarung rieb. »Du riechst so gut«, wisperte sie genießerisch.
Er kapitulierte und beugte sich zu ihr herab, um ihren Scheitel zu küssen, doch sie hob ihren Kopf und streckte ihm ihr Gesicht
entgegen, wobei sie mit geschlossenen Augen seinen Mund forderte.
Er hätte mit ihr im Erdboden versinken mögen, als sich ihre Lippen trafen und sie sich von neuem an ihn drückte, so sehr war
er dieser Frau verfallen. Und selbst Luceras Instruktionen vermochten ihn kaum noch zu retten.
»Was ist los?« fragte sie und schaute zu ihm auf. »Du siehst blaß aus. Ein unangenehmer Anruf?«
»Nein, nein«, murmelte er rasch. »Ein alter Bekannter hat ein paar persönliche Probleme, nichts Ernstes.« Er lächelte, doch
er spürte selbst, daß er alles andere als überzeugend wirkte.
Regine von Brest empfing Padrig und Sarah ganz geschäftsmäßig im Tweedanzug. Nur ihr blaues Auge wies darauf hin, wie schlecht
es ihr in den letzten Tagen gegangen war. An ihrer Seite war Almut von Berg, ihre Stellvertreterin im Orden. Auch Rolf Markert
war anwesend. Im Konferenzraum hatte sie ein kleines Frühstück vorbereiten lassen.
»Wir stehen auf Ihrer Seite, Padrig«, erklärte sie mit einem freundlichen Lächeln, nachdem alle sich gesetzt. »Ich habe gehört,
Kommissar Hellriegel hat Sie angegriffen, weil Sie so entschlossen reagiert und den Mann getötet haben.«
Padrig atmete tief durch. »Es tut mir leid«, erwiderte er leise, mit einem Seitenblick auf Sarah. »Wenn mir eine andere Lösung
eingefallen wäre, hätte ich bestimmt nicht geschossen.«
»Das ehrt Sie, Padrig, und entspricht meinem Eindruck, den ich von Ihnen gewonnen habe. Sie haben sehr mutig gehandelt, und
unser Herrgott wird Ihnen gewiß vergeben«, erwiderte die Begine. »Im übrigen habe ich gute Anwälte, falls Hellriegel Ihnen |288| einen Strick aus der Sache drehen will.« Sie nickte ihm zu, um ihn noch einmal ihrer Unterstützung zu versichern. Dann fuhr
sie förmlicher fort: »Ich will Sie im Namen unseres Ordens fragen, ob Sie uns auch nach dieser Sache erhalten bleiben. Selbst
nach dem Tod der beiden Unbekannten werden wir mit weiteren Anfeindungen rechnen müssen. Daher benötigen wir einen loyalen
Mitarbeiter, der sich nicht nur um die Sicherheit einzelner Ordensangehöriger kümmert, sondern darüber hinaus ein Konzept
erarbeitet, welches den Schutz unserer Gebäude mit einbezieht und den Einsatz eines Sicherheitsdienstes koordiniert. Wären
Sie bereit, einen solchen Auftrag zu übernehmen?«
Padrig war überrascht. Mit einer Erweiterung seiner Aufgaben hatte er am wenigsten gerechnet. Er dachte an Sarah, die ihn
erwartungsvoll anschaute. Auf diese Weise würde er ihr weiterhin nahe sein und sie schützen können. Sein nächster Gedanke
galt Kardinal Lucera, der ihn sicher seiner heiklen Aufgabe entheben würde, sobald er sie erfüllt hatte.
»Ich bleibe gerne«, antwortete Padrig mit fester Stimme, und ohne zu wissen, woher er die Unverfrorenheit nahm, schaffte er
es, zu lächeln.
Regine von Brest erhob ihre Kaffeetasse, als ob es sich um eine Champagnerschale handeln würde, und schaute alle Anwesenden
zu. »Weiter auf gute Zusammenarbeit!«
Während Padrig spürte, wie hungrig er auf einmal war, und er sich an den Brötchen gütlich tat, entwickelte sich eine heftige
Diskussion, wer hinter den Anschlägen gesteckt haben könnte.
»Wer weiß«, mutmaßte Almut von Berg, »vielleicht war es der Vatikan. Schließlich konntest du nicht an dich halten und mußtest
das Staatssekretariat mit deiner geheimnisvollen Ankündigung provozieren. Ich habe von Anfang an befürchtet, daß es falsch
sein könnte, die hohen Herren in Rom zu warnen. Es reicht vollkommen, wenn sie am 25. März aus allen Wolken fallen.«
Trotz dieses Vorwurfs reagierte Regine gelassen. »Kommissar |289| Hellriegel ist an der Sache dran«, erwiderte sie selbstbewußt. »Was Besseres könnte uns gar nicht passieren, als daß der Vatikan
hinter der ganzen Geschichte steckt. Eine Pressemitteilung dazu liegt bereits in meiner Schreibtischschublade.
Vatikan setzt Mordkommando auf feindlichen Beginenorden
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