Die Gegenpäpstin
»Außerdem müßte eine wirkliche Gegenpäpstin nicht zölibatär leben und im Ornat daherschreiten. Sie sollte eine
ganz normale Frau sein, die alle Probleme des Alltags kennt. Männer eingeschlossen.«
»Männer wären also ein Problem?«
Bevor sie antworten konnte, läutete sein Mobiltelefon, das noch im Wohnzimmer auf dem Teppich lag. Er hätte sich ohrfeigen
können, daß er vergessen hatte, den Alarm auf »stumm« zu schalten.
»Du solltest vielleicht rangehen«, riet ihm Sarah, nachdem er das Läuten zunächst ignoriert hatte.
Mit einer leisen Entschuldigung stieg er nackt aus dem Bett und verschwand in Richtung Flur.
»Bruder Padrig?« Erzbischof Mendez klang aufgeregter als jemals zuvor. Padrig blinzelte in die Wintersonne, die sich ihren |285| Weg durch die Panoramafenster bahnte. Der postmodernen Wanduhr nach war es bereits neun Uhr, und er konnte sich nicht erinnern,
wann er das letzte Mal so lange im Bett gelegen hatte.
»Ich kann im Moment nicht reden«, antwortete er Mendez und versuchte gleichzeitig, auf einem Bein balancierend seine Boxershorts
anzuziehen.
»Ich komme gerade von Kardinal Lucera. Ich habe ihm von Ihrer E-Mail berichtet. Er hat mich für verrückt erklärt und Sie gleich
mit. Sie sollen alles unternehmen, um die Frauen aufzuhalten. Sie werden sämtliche Unterlagen und Computerprogramme vernichten,
die den Beweis einer Existenz der sterblichen Überreste der Maria Magdalena belegen. Wie Sie das anstellen ist ihm gleichgültig!
Ferner will Lucera, daß Sie diese ominöse Nachfahrin davon abhalten, sich in den Dienst der Beginen zu stellen und auf der
Kundgebung in Rom zu sprechen. Der Kardinal meint, Sie sollen sich was einfallen lassen. Im Notfall bezirzen Sie die Dame
so sehr, daß sie sich jedes weitere Engagement in der Sache von Ihnen ausreden läßt.«
»Fragen Sie ihn, ob er noch ganz bei Trost ist«, murmelte Padrig düster, während er den Weg zur Toilette einschlug, um ungestört
sprechen zu können. Kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen, berichtete er dem Erzbischof mit verhaltener Wut in der
Stimme die Geschehnisse des gestrigen Tages. Dabei verzichtete er darauf, dem Bischof am Telefon nähere Einzelheiten und schon
gar nicht sein eigenes Mitwirken am Tode von einem der Männer zu beichten.
»Die beiden Männer, die uns verfolgt haben, waren Italiener. Zumindest haben sie italienisch gesprochen. Ich werde den Verdacht
nicht los, daß der Kardinal etwas damit zu tun haben könnte. Wenn er sich nicht scheut, einen Spion einzuschleusen, schreckt
er womöglich auch nicht vor einem Killerkommando zurück.«
»Bruder, was reden Sie da? Ich wiederhole mich, wenn ich sage, daß ich Lucera ja einiges zutraue, aber er würde niemals so
weit |286| gehen, einen Mord zu befehlen. Sie dürfen nicht vergessen, daß die Frau aus Israel kommt. Sie könnte tausend Feinde haben.
Ich habe unsere Brüder in Karfanaum mit Nachforschungen zum Fund am Jebel Tur’an beauftragt. Dort hat man tatsächlich irgend
etwas entdeckt, aber das gesamte Areal ist abgeschirmt und zum militärischen Sperrgebiet erklärt worden. Angeblich befand
sich dort ein Unterschlupf der palästinensischen Befreiungsfront. Möglicherweise hat die Archäologin den Beginen einen Bären
aufgebunden und sie hat etwas mit der Sache zu tun.«
»Bei allem Respekt, Monsignore, was Sie da reden, ist Unsinn«, erwiderte Padrig barsch. »Ich habe die Pergamentkopien gesehen.
Außerdem besitzt Frau Doktor Rosenthal einen zweitausend Jahre alten Zahn, der ihre Verwandtschaft zu der Mumie beweist.«
»Um so besser«, fuhr Mendez unbeirrt fort, »vernichten Sie diesen Zahn und alle Aufzeichnungen, die diese Frau besitzt. Schon
haben wir Luceras Bedingungen erfüllt, und die Sache ist endlich ausgestanden.«
»Beten Sie für mich und meine Seele und wenn noch Zeit dafür ist, für Ihre eigene, Monsignore«, erklärte Padrig und legte
auf.
Er urinierte im Stehen, während er das Gespräch noch einmal in Gedanken Revue passieren ließ. Danach bediente er die Toilettenspülung,
und als er sich die Hände wusch, mußte er an Pontius Pilatus denken, der seine Hände nach dem Kreuzigungsurteil über Jesus
Christus ebenso in Unschuld gewaschen hatte.
Sarah war aufgestanden und auf dem Weg ins Bad, als er auf den Flur hinaustrat. Sie trug nur ein durchscheinendes T-Shirt,
das ihr bis auf die Oberschenkel reichte, und ihr wippender Busen darunter, gepaart mit den endlos
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