Die Gegenpäpstin
auf und deutete einen militärischen Gruß an. »Na«, sagte er grinsend. »Mirjam besucht Mirjam. Da
wird sich die Urgroßmutter vor Freude im Grabe herumdrehen.«
»Das will ich nicht hoffen«, erwiderte Sarah mit einem Lächeln. »Es war ziemlich schwierig, die alte Dame so unversehrt in
den Sarkophag zurückzubetten, wie wir sie vorgefunden haben.«
Sie startete den Wagen und fuhr bis auf einen künstlichen Vorsprung, von wo aus man weite Teile Galiläas überblicken konnte.
Padrig stieg aus und hielt das kleine schwarzhaarige Wesen mit |453| den rosig geschürzten Lippen fest in seinen Armen. Ein leiser Wind strich über das Haar des Kindes. Es war eingeschlafen.
Sarah trat ganz nahe an Padrig heran. Sehnsüchtig ließ sie ihren Blick über die Landschaft wandern, die unter den letzten
glutroten Strahlen dramatisch in Szene gesetzt wurde. Die Ebene des Sees Genezareth lag indes verborgen unter einem leichten,
violettfarbenen Abenddunst.
Padrig schaute mit seinen gutmütigen Augen auf Sarah herab, während die Sonne ein rotgoldenes Feuer auf seinem störrischen
Haar entzündete. »Denkst du,
sie
hat gewußt, daß nicht alle Nachfolger ihres Glaubens die Rechte der Frauen uneingeschränkt anerkennen?«
»Sie hat es zumindest geahnt. Spätestens als sie erkennen mußte, was die männlichen Nachfolger von der Lehre Jeschuas übriggelassen
hatten.
Er
wußte noch, was die Liebe zwischen Mann und Frau, aber auch unter den Menschen an sich bedeutet«, antwortete Sarah. »Wie wertvoll
sie ist. Zusammen mit
ihr
durfte
er
es erfahren. Und beiden war klar, dort, wo wahre Liebe waltet, hat die Macht keine Chance.«
»Denkst du, Regine und die Frauen werden mit ihrer Kampagne weiterhin erfolgreich sein?« Padrigs Blick wirkte zweifelnd. »Glaubst
du wirklich, eines Tages wird eine Päpstin auf dem Heiligen Stuhl sitzen?«
»Soweit ich gehört habe, hat der Vatikan zumindest sein Einlenken signalisiert und will zu Beginn des nächsten Jahres ein
Konzil einberufen, um die Ordination von Frauen zu überdenken. Aber wie ich Regine und ihre Mitstreiterinnen verstanden habe,
werden sie nicht dort weitermachen, wo die Kardinäle sie abzuholen gedenken. Sie wollen einen freien, gleichberechtigten Glauben,
der sich nicht auf die Vergabe von hierarchischen Ämtern und deren Ausübung beschränkt.«
Sarah stieß einen leisen Seufzer aus und streichelte die Wange ihrer kleinen Tochter. »Ich bin sicher, eines Tages werden
sie |454| erreichen, was Mirjam und Jeschua wirklich gewollt haben. Das Zeitalter der Veränderung ist angebrochen. Die Frauen werden
sich ihrer Kraft bewußt werden und sich mehr und mehr erheben. Schon bald. Für das Licht, das
sie
zusammen mit
ihm
in diese Welt gebracht hat.«
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|455| Nachwort
Handlung und Personen in diesem Roman sind frei erfunden. Orte und Institutionen in Israel, Deutschland, Italien, Großbritannien,
Nordirland und im Vatikanstaat wurden von der Autorin im Sinne der schriftstellerischen Freiheit entsprechend verändert.
Die Geschichte der Mirjam von Taricheae und des Jaakov von Nazareth ist ebenso eine erfundene Geschichte und orientiert sich
lediglich an historischen und biblischen Erkenntnissen, die uns bis heute aus zahlreichen Quellen vorliegen. Besonders zu
nennen sind in diesem Zusammenhang die Bücher von Walter-Jörg Langbein, dessen Enthüllungen interessante Einsichten in das
Leben der biblischen Frauen gewähren (»Das Sakrileg und die heiligen Frauen«, »Das Lexikon der biblischen Irrtümer« sowie
»Maria Magdalena – Die Wahrheit über die Geliebte Jesu«– alle im Aufbau Taschenbuch Verlag erschienen).
Wahr ist nach allem, was geschrieben steht, daß Mirjam von Taricheae bzw. Maria von Magdala eine besondere Bedeutung in der
biblischen und historischen Vergangenheit zuerkannt werden muß, die weit über das hinausgeht, was in den vier anerkannten
Evangelien vermittelt wird.
Die Untaten des Hannas ben Hannas oder Hannas II. und seiner Vorfahren entstammen der Phantasie der Autorin. Es entspricht
jedoch historischen Erkenntnissen, daß Jakobus, auch genannt der »Bruder des Herrn«, um das Jahr 62 n. Chr. den Märtyrertod
durch Steinigung erlitt, auf Veranlassung des Hohepriesters Hannas II., der die Abwesenheit des verstorbenen römischen Statthalters
Festus zum Schlag gegen das Oberhaupt der damaligen Christengemeinde von Jerusalem nutzte.
Auch bei den neuzeitlichen Kapiteln handelt es sich um eine erfundene
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