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Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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sein? Fünfzehn? Vierzehn? Oder gar erst dreizehn?
    Auf Marleins Haut schimmerte noch jener frühe Schmelz, der rasch verfliegt, wenn die ersten bösen Erlebnisse kommen, das wusste Griet aus eigener Erfahrung. Diese Marlein war ein ungeschliffenes Juwel, mit dem sich eine Menge Geld verdienen ließ.
    Aber durfte sie das der Kleinen antun?
    Sie wies Marlein das engste Zimmer zu, damit sie lernte, sich in der Hierarchie des Frauenhauses zurechtzufinden. Von möglichen Freiern hielt Griet sie zunächst fern, obwohl das Mädchen sich darüber bitter beschwerte.
    »Wie soll ich dir beweisen, was ich kann, wenn du mich nur untätig herumsitzen lässt?«
    »Gemach, gemach!« Griet wusste, dass es lediglich ein Aufschub war.
    Nacht für Nacht rechnete sie mit dem Auftauchen des Patrons. Dann wäre die Schonzeit für Marlein endgültig vorbei.
    Als er dann wirklich vor Griet stand, früher als sonst und an getan mit dieser widerlichen Maske, die sie mehr als alles andere an ihm hasste, liefen ihr kalte Schauer über den Rücken.
    »Hab gehört, es gibt interessante Neuigkeiten, schöne Griet«, sagte er lauernd. »Willst du mir nicht ausführlich berichten?«
    Sie begann sich zu winden, suchte nach Worten, was ihn zu amüsieren schien.
    »Wir haben also ein neues Küken im Stall«, unterbrach er sie schließlich. »Was ist nur los mit dir? Du bist doch sonst nicht so umständlich! Wo steckt sie denn?«
    »In der kleinen Kammer, Patron. Aber sie schläft schon«, sagte Griet rasch. »Sie war so unruhig, da hab ich ihr Baldrian gegeben.«
    Er wollte doch nicht etwa mit seiner Gewohnheit brechen und sich Marlein zeigen – oder gar noch Schlimmeres?
    Doch genau das schien er vorzuhaben, denn er begann, die Treppe hinaufzusteigen.
    Die Röcke gerafft, folgte sie ihm eilig.
    »Ich kenn mich hier gut aus.« Seine Stimme war plötzlich kalt. »Kümmere dich lieber um die Abrechnung! Denn dazu kommen wir als Nächstes.«
    Griet blieb ihm dennoch auf den Fersen.
    »Sie ist sehr jung«, sagte sie, während ihr immer banger zumute wurde. »Fast noch ein Kind …«
    »Umso besser. Das wird unser Angebot vervollständigen.«
    Sie waren vor der kleinen Kammer angelangt. Er drückte die Klinke herunter, während Griet den Atem anhielt.
    Marlein lag auf dem Rücken, die Augen geschlossen, den Mund leicht geöffnet. Die Decke war verrutscht, ebenso ihr dünnes Hemd. Alles war zu sehen: die kleinen Brüste, der Bauch, die sorgsam rasierte Scham, die Beine.
    Nichts als glatte, rosige junge Haut.
    Wie eine Opfergabe, bevor der Dolch niederfährt, musste Griet unweigerlich denken, und sie fröstelte noch stärker.
    Wenn er sich jetzt auf sie stürzt …
    Doch er tat nichts dergleichen, sondern blieb eine Weile regungslos stehen.
    Als er die Türe wieder schloss und sich ihr zuwandte, hätte sie beinahe aufgeschrien, so gierig funkelten seine Augen.
    »Schauen ist die heiligste aller Lüste«, sagte er sichtlich be wegt. »Denn damit besitzt man. Und wer besitzt, der herrscht – über alle.« Er räusperte sich, als sei ihm etwas in die Kehle gekommen. Danach klang seine Stimme wieder wie gewohnt. »Dann lass uns mal sehen, wie viel wir diese Woche eingenommen haben!«
    Er trat zur Seite, damit Griet vor ihm die Treppe hinuntergehen konnte. Bei jedem anderen hätte man dies für Höflichkeit halten können. Doch sie spürte bei jedem Schritt, den sie tat, seinen Blick auf ihrem Gesäß.
    *
    Jan richtete sich auf eine lange Nacht ein, nicht die erste, die er allein in der Werkstatt verbrachte. Er mochte es, hierher zum Arbeiten zurückzukommen, wenn die anderen satt vom Abendessen waren und ins Wirtshaus oder hinaus in die Nacht strebten. Während er sich tagsüber den Anordnungen und Marotten des Alten fügen und zudem darauf achten musste, sich nicht zu sehr über die Gesellen zu stellen, wobei es auch noch zu berücksichtigen galt, dass die beiden Lehrlinge Cranachs leibliche Sprösslinge waren, die immer wieder auf Sonderrechte pochten, konnte er in diesen Stunden endlich so schalten und walten, wie er wollte.
    Eine Reihe von Kerzen sorgte für gutes Licht, darin war Cranach nicht kleinlich, das musste man ihm lassen. Die Meisterin hatte ihm zur Stärkung einen Teller mit Brot und Schinken sowie einen Krug Wein bereitgestellt. War sie eingeweiht, woran er im Auftrag ihres Mannes malte – nackte Leiber für einen geheimnisvollen Auftraggeber, der teuer dafür bezahlte?
    Wie die Cranachs das untereinander hielten, hatte er bis heute nicht

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