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Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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als die Leiche am Elbufer geborgen wurde.«
    »Das ist die Wahrheit? Schau mir in die Augen, Seman, während du antwortest!«
    »Das ist die Wahrheit«, erwiderte Jan. »Ich kann auf die Heilige Schrift schwören, falls Euch das ruhiger macht.«
    »Ich könnte es nicht ertragen, sollte ich mich derart in dir getäuscht haben«, sagte der Meister nach einer unheilvollen Pause. »Schließlich habe ich dir als meinem Stellvertreter große Verantwortung für die Werkstatt übertragen. Sollte sich nun herausstellen, dass du ein …«
    »Ich liebe Frauen«, sagte Jan. »Ich töte sie nicht.«
    Stille breitete sich aus.
    »Ich setze meine Suche nach dem feigen Mörder fort«, sagte Cranach schließlich. »So lange, bis ich fündig geworden bin, und wenn ich jeden Mann in Wittenberg einzeln verhören muss.«
    »Wie soll es inzwischen mit dem Porträt der Kurprinzessin weitergehen?«, fragte Jan. »Im Schloss fragen sie nach Euch. Vor allem der Kurprinz will wissen, wann er Euch endlich wieder zu sehen bekommt.«
    »Ich werde ihm einen Boten schicken«, sagte Cranach, »und meine Lage erklären. Bis ich Ergebnisse über den Tod von Margaretha Relin habe, müssen sie dort mit dir vorliebnehmen. Hast du schon genügend Skizzen beisammen?«
    »Skizzen und ausführliche Zeichnungen«, bekräftigte Jan. »Doch der Kurprinz ändert immer wieder seine Meinung, das macht es nicht gerade einfacher. Im Grunde seines Herzens wünscht er sich ein Duplikat des Brautbildes. Aber Sibylle von Sachsen ist nicht mehr das unschuldige Mädchen, das Ihr damals porträtiert habt, sondern inzwischen zur Frau herangereift, die bald sein Kind zur Welt bringen wird. Das übersieht er dabei.«
    »Was soll’s? Wenn Seine Hoheit unbedingt ein zweites Braut bild wünschen, dann werden Seine Hoheit auch ein zweites Brautbild erhalten – selbst wenn die Kurprinzessin Drillinge unter dem Herzen trägt«, sagte Cranach. »So ist nun mal unser Geschäft. Sie bestellen und bezahlen. Wir führen aus.« Er zögerte. »Und jene andere dringliche Angelegenheit …«
    Jan zuckte die Schultern.
    »Du hast sie noch nicht gefragt?«
    Ich weiß, wie ihr Mund schmeckt, dachte Jan, und habe ihre kleinen Brüste in meiner Hand gespürt. In meinen Träumen ist Dilgin nackt und schamlos, treibt mich zur Raserei, bis ich morgens enttäuscht und allein in meinem zerwühlten Bett erwache.
    »Ich warte noch immer auf die richtige Gelegenheit«, antwortete Jan vorsichtig. »Im Wittenberger Schloss haben die Wände Ohren. Das hat sie selbst zu mir gesagt.«
    »Warte bloß nicht mehr zu lange! Du weißt, die Zeit läuft uns davon«, sagte Cranach. »Wenn wir nicht bald vorankommen, könnte ich mich gezwungen sehen, den Auftrag zurückzugeben.«
    »Wäre das nicht ohnehin die beste aller Lösungen?«, entfuhr es Jan. Was nützte ihm schon ein Anteil, der mit Margarethas Blut bezahlt war? Seitdem man ihre Leiche an der Elbe gefunden hatte, war ihm jede Freude an dem Bild vergangen. »Gebt das Geld zurück, und lasst uns die ganze Sache vergessen!«
    Der Meister schüttelte den kantigen Kopf.
    »Dazu ist es in all meinen Jahren als Maler noch nie ge kommen«, sagte er. »Und das wird es auch jetzt nicht. Ein Lucas Cranach gibt nicht auf. Niemals!«
    *
    Bini sah ihn am Ufer sitzen, das Gesicht auf den Fluss gerichtet. Der Wind spielte in seinen hellbraunen Haaren, die leicht gewellt bis über die Ohren fielen, und in ihr erwachte die Sehnsucht, die Hände in ihnen zu vergraben.
    Wie es sich anfühlen würde, an seiner Schulter zu lehnen?
    Wie seine Lippen schmeckten?
    Plötzlich dachte sie an die kalte Seite seines Gesichts und fiel vom fröhlichen Laufen zurück ins maßvollere Gehen.
    Jolanta kam ihr entgegen und ließ zu, dass Bini sie streichelte. Sie gab ihr die beiden Äpfel zu fressen, die sie aus dem Luther-Haus mitgenommen hatte.
    »Du hast uns beide gezähmt, kleine Eule«, sagte er, als sie bei ihm angekommen war. »Wie schön, dich zu sehen! Niemals habe ich dich mehr vermisst als heute.«
    Sie ließ sich neben ihm auf die Böschung gleiten.
    »Ich muss bald wieder zurück«, sagte sie. »Ich hab mich nur für ein paar Augenblicke davonstehlen können, aber irgendetwas hat mir gesagt, dass du da sein würdest.«
    »Beinahe hätte ich nicht kommen können.« Seine Stimme hatte auf einmal einen seltsamen Unterton. »Schreckliche Dinge sind in Wittenberg geschehen. Du hast davon gehört?«
    »Du meinst die tote Frau?«, fragte Bini. »Alle reden davon, und wir waren auch bei

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