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Die geheime Geschichte: Roman (German Edition)

Die geheime Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die geheime Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Tartt
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Prinz, Kathy?«
    »Er war mir jedenfalls eine Hilfe«, sagte Mrs. Corcoran kühl.
    »Darauf kannst du deine Stiefel wetten. Ich weiß gar nicht, was wir diese Woche ohne ihn gemacht hätten.« Mr. Corcorans Hand umspannte Henrys Schulter. »Ihr Kids könnt bloß hoffen, daß ihr solche Freunde habt. Die findet man nicht alle Tage. No, Sir. Ich werde nie vergessen, wie Bunny an seinem ersten Abend in Hampden anrief. ›Dad‹, sagte er, ›Dad, du solltest diesen Verrückten sehen, den sie mir als Zimmergenossen verpaßt haben.‹ – ›Halte durch, mein Junge‹, sagte ich zu ihm, ›gib der Sache ’ne Chance.‹ Und ehe man sich’s versah, da hieß es ›Henry hier‹ und ›Henry da‹, und bald darauf wechselt er sein Hauptfach von was-immer-es-war zu Altgriechisch. Und dann ab nach Italien. Froh wie ein Schneekönig.« Tränen stiegen ihm in die Augen. »Da sieht man bloß«, sagte er und schüttelte Henrys Schulter mit rauher Zuneigung, »daß man ein Buch nicht nach dem Umschlag beurteilen soll. Der alte Henry hier mag aussehen, als ob er einen Stock verschluckt hätte, aber einen prächtigeren Kerl gibt es nicht auf der Welt. Ja, noch letztes Mal, als ich mit Bunny sprach, redete er ganz aufgeregt
davon, daß er im Sommer mit diesem Burschen nach Frankreich fahren wollte ...«
    »Also, Mack ...« sagte Mrs. Corcoran, aber es war zu spät. Er weinte wieder. Es war nicht so schlimm wie beim ersten Mal, aber immer noch schlimm. Er warf Henry die Arme um den Hals und schluchzte an seinem Revers, und Henry stand einfach da und blickte mit hagerer, stoischer Ruhe starr in die Ferne.
    Alle waren verlegen. Mrs. Corcoran begann, an den Zimmerpflanzen herumzuzupfen, und ich starrte mit glühenden Ohren in meinen Schoß, als eine Tür zugeschlagen wurde und zwei junge Männer in den geräumigen Hausflur mit der hohen Balkendecke geschlendert kamen. Ich fragte mich nicht einen Augenblick lang, wer sie waren. Sie hatten das Licht hinter sich, und ich konnte sie beide nicht besonders gut sehen, aber sie lachten und redeten, und - o Gott –, wie grell durchzuckte es plötzlich mein Herz, als ich in ihrem Gelächter Bunnys Echo klingen hörte: rauh, spöttisch und durchdringend.
    Sie ignorierten die Tränen ihres Vaters und marschierten geradewegs auf ihn zu. »Hey, Pop«, sagte der Ältere. Er war lockig und um die Dreißig, und sein Gesicht hatte große Ähnlichkeit mit Bunnys. Ein Baby mit einer Schirmmütze, auf der »Red Sox« stand, ritt auf seiner Hüfte.
    Der andere Bruder – sommersprossig, dünner, mit einer allzu dunklen Sonnenbräune und schwarzen Ringen unter den blauen Augen – nahm ihm das Baby ab. »Hier«, sagte er, »geh zu Grandpa.«
    Mr. Corcoran hörte sofort, mitten im Schluchzen, auf zu weinen; er hob das Baby hoch in die Luft und blickte anbetend zu ihm auf. »Na, Champ?« rief er. »Warst du spazieren mit Daddy und Onkel Brady?«
    »Wir waren mit ihm bei McDonald’s«, berichtete Brady. »Er hat ’ne Juniortüte gekriegt.«
    Mr. Corcoran klappte staunend den Mund auf. »Und du hast alles aufgegessen?« fragte er das Baby. »Die ganze Juniortüte?«
    »Sag ja«, gurrte der Vater des Babys. »› Ja, Drampa .‹«
    »Das ist doch Quatsch, Ted«, sagte Brady lachend. »Er hat keinen Bissen davon gegessen.«
    »Und einen Preis hat er auch drin gefunden, nicht wahr? Nicht wahr? He?«
    »Laß mal sehen«, sagte Mr. Corcoran und bog geschäftig die Babyfinger auf.
    »Henry«, sagte Mrs. Corcoran, »vielleicht hilfst du der jungen Dame mit ihrem Gepäck und zeigst ihr das Zimmer. Brady, du kannst die Jungen nach unten bringen.«
    Mr. Corcoran hatte dem Baby das Gimmik – ein Plastikflugzeugweggenommen und ließ es hin und her fliegen.
    »Guck mal!« flüsterte er in staunendem Ton.
    »Da es nur für eine Nacht ist«, sagte Mrs. Corcoran zu uns, »ist es doch sicher nicht schlimm, wenn Sie sich mit den anderen ein Zimmer teilen müssen.«
    Als wir mit Brady hinausgingen, ließ Mr. Corcoran das Baby auf dem Teppich vor dem Kamin auf den Boden plumpsen, rollte es umher und kitzelte es.
    Ich hörte die schrillen Entsetzens- und Entzückensschreie des Babys noch ganz unten auf der Treppe.
     
    Wir sollten im Keller wohnen. An der hinteren Wand, bei den Pingpong- und Billardtischen, waren mehrere Feldbetten aufgestellt worden, und in der Ecke lag ein Haufen Schlafsäcke.
    »Ist das nicht jämmerlich?« fragte Francis, als wir allein waren.
    »Es ist ja nur für eine Nacht.«
    »Ich kann nicht mit

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