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Die geheime Geschichte: Roman (German Edition)

Die geheime Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die geheime Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Tartt
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redest.«
    »Doch, das weißt du. Ich habe sie gesehen.«
    »Die Tabletten, die du mir gegeben hast, meinst du?«
    »Ja.«
    »Nun, wenn er sie hat, muß er sie aus meinem Medizinschrank genommen haben.«
    »Er sagt, du hast sie ihm gegeben«, sagte ich. »Er glaubt, daß du ihn vergiften willst.«
    »Das ist Unsinn.«
    »Ja?«
    »Er ist da, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte ich. »Wir haben ihn vorgestern hergebracht ...« Ich brach ab; mir war, als hätte ich bei den ersten Worten dieses Satzes ein verstohlenes, aber unverkennbares Klicken gehört, als habe jemand an einem Nebenanschluß den Hörer abgenommen.
    »Nun, dann hör zu«, sagte Henry. »Ich wäre euch dankbar, wenn ihr ihn noch einen oder zwei Tage dabehalten könntet. Anscheinend finden alle, es sollte ein großes Geheimnis sein, aber glaub mir, ich bin froh, ihn eine Zeitlang los zu sein. Wenn er nicht
vor Gericht erscheint, wird man ihn wegen Abwesenheit schuldig sprechen, aber ich glaube nicht, daß sie ihm schrecklich viel tun können.«
    Ich hatte das Gefühl, daß ich in der Leitung jemanden atmen hörte.
    »Was ist los?« fragte Henry, plötzlich wachsam.
    Einen Moment lang sagte keiner von uns etwas.
    »Charles?« fragte ich. »Charles, bist du das?«
    Oben wurde der Hörer auf die Gabel geworfen.
    Ich ging hinauf und klopfte an seiner Zimmertür. Stille. Als ich am Türknopf drehte, merkte ich, daß die Tür abgeschlossen war.
    »Charles«, sagte ich. »Laß mich rein.«
    Keine Antwort.
    »Charles, es war nichts«, sagte ich. »Er hat aus heiterem Himmel angerufen. Ich habe lediglich den Hörer abgenommen.«
    Immer noch nichts. Ich blieb eine Weile im Flur stehen. Die Nachmittagssonne glänzte golden auf dem blanken Eichenholzboden.
    »Wirklich, Charles, ich finde, du benimmst dich ein bißchen albern. Henry kann dir nichts tun. Du bist völlig sicher hier draußen.«
    »Blödsinn«, kam die gedämpfte Antwort von drinnen.
    Es gab nichts weiter zu sagen. Ich ging hinunter, zurück zu meinen Konjunktiven.
     
    Ich muß auf der Couch eingeschlafen sein, und ich weiß nicht, wieviel Zeit vergangen war – nicht sehr viel, denn es war immer noch hell draußen –, als Francis mich nicht allzu behutsam wach rüttelte.
    »Richard«, sagte er. »Richard, du mußt aufwachen. Charles ist weg.«
    Ich setzte mich auf und rieb mir die Augen. »Weg?« wiederholte ich. »Aber wo kann er denn hin sein?«
    »Ich weiß nicht. Aber er ist nicht im Hause.«
    »Bist du sicher?«
    »Ich habe überall gesucht.«
    »Er muß doch irgendwo sein. Vielleicht ist er im Garten.«
    »Ich kann ihn aber nicht finden.«
    »Vielleicht hat er sich versteckt.«
    »Steh auf und hilf mir suchen.«
    Ich ging die Treppe hinauf. Francis lief nach draußen. Die Fliegendrahttür knallte zu.
    Charles’ Zimmer war voller Unordnung; auf dem Nachttisch stand eine halbleere Flasche Bombay-Gin – aus dem Spirituosenschrank in der Bibliothek. Von seinen Sachen fehlte nichts.
    Ich schaute in allen Zimmern im oberen Stockwerk nach und stieg dann auf den Dachboden hinauf. Lampenschirme und Bilderrahmen, Partykleider aus Organdy, gelb vom Alter. Graue, breite Bodendielen, so abgetreten, daß sie beinahe faserig waren. Ein Strahl von staubigem Kathedralenlicht drang durch das Buntglas-Bullauge in der Giebelwand.
    Ich ging durch das hintere Treppenhaus wieder hinunter – es war niedrig und eng, kaum einen Meter breit, daß man Platzangst bekommen konnte, – und durch Küche und Geschirrkammer hinaus auf die hintere Veranda. In einiger Entfernung sah ich Francis und Mr. Hatch in der Einfahrt stehen. Mr. Hatch redete mit Francis. Ich hatte ihn nie viel sprechen hören, und jetzt war ihm offensichtlich sehr unwohl zumute. Er strich sich immer wieder mit der Hand über den Schädel. Seine Haltung war unterwürfig und entschuldigend.
    Ich ging Francis entgegen, als er zum Haus zurückkam.
    »Na«, sagte er, »das ist eine höllische Neuigkeit.« Er wirkte ein bißchen verdattert. »Mr. Hatch sagt, er hat Charles vor ungefähr anderthalb Stunden die Schlüssel zu seinem Kleinlaster gegeben.«
    »Was?«
    »Er sagt, Charles sei zu ihm gekommen und habe ihm gesagt, er müsse etwas erledigen. Er habe versprochen, den Wagen in einer Viertelstunde wieder zurückzubringen.«
    Wir starrten einander an.
    »Was glaubst du, wo er hingefahren ist?« fragte ich.
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Meinst du, er ist einfach abgehauen?«
    »Sieht ganz so aus, nicht wahr?«
    Wir gingen ins Haus zurück – hier

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