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Die geheime Mission des Nostradamus

Titel: Die geheime Mission des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle Riley
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als sie einen hochnäsigen und undankbaren Bruder hat. Da, mein Schatz.« Sie schnalzte mit der Zunge und bot dem Affen noch ein Stückchen kandierte Orangenschale an. »Seht nur seine niedlichen Hände, solch winzige Fingerchen!« Señor Alonzo kletterte am Vorhang hoch, hockte sich auf die Gardinenstange und schnitt meinem tapferen, heldenhaften Retter Grimassen. Dieser errötete, schob sich zur Tür und wollte gehen.
    »Ein Affe«, murmelte er vor sich hin, »ein Affe, und Ihr seid ihre Patin… ich… ich muß gehen… dringende Geschäfte…«
    »Und um welche Geschäfte handelt es sich, Monsieur Montvert?«
    »Ich muß mich Punkt vier Uhr mit meinem Vater am Louvre treffen… ein Termin… sehr wichtig…«
    »Ei, es ist nicht im entferntesten vier Uhr, ja, noch nicht einmal Mittag, und ich bin mir sicher, Ihr habt noch nicht gegessen.« Wie gut, daß Tantchen Worte für zwei hatte, denn nach dem ganzen Aufruhr brachte ich nicht eines heraus. Die Worte fehlten mir, jedoch nicht das Augenlicht. Und ich konnte von seinem Anblick nicht genug bekommen. Warum hatte ich bisher nicht bemerkt, wie hinreißend offen er sein Hemd unter dem Wams trug, so daß die Spitze locker um seinen Hals lag? Warum hatte ich seine Schlichtheit nicht zu würdigen gewußt, die es ihm verbot, die einengende Halskrause nach der gängigen Mode zu tragen und sich das Haar sorgfältig zu ölen und zu kämmen? Warum waren mir seine warmen und bezaubernd braunen Augen nicht aufgefallen, seine langen, aristokratischen Hände? Ja, Schlichtheit und eine ungezwungene Garderobe – ach, wie gut kleideten sie doch einen schönen Mann, einen edlen Geist wie meinen Retter.
    »Aber… ich muß mich umziehen… meine Kleidung, ach, ja… ich muß die Kleidung wechseln…« Er blickte sich verlegen um. Sein Auge schien auf einem von Tantchens schrillen Gobelins zu verweilen, einer Abbildung des Paris mit drei nackten Göttinnen.
    »Ach, Euer Ärmel! Nun seht nur diese furchtbaren Löcher! Vitriol ist ein so schlimmes Zeug… mein Schneider soll bei Euch Maß nehmen, ich schicke Euch ein völlig neues Wams als Zeichen meiner Dankbarkeit. Könnt Ihr denn wirklich nicht zum Essen bleiben?« Tantchen schien gar nicht zu bemerken, daß etwas nicht stimmte – mit ihm wie auch mit mir. Warum hörte sie das laute Hämmern meines Herzens in den verlegenen Pausen der Unterhaltung nicht?
    »So bleibt doch«, brachte ich irgendwie heraus. Wie hinreißend keck sein Barett aussah, das er sich schief in die Stirn gesetzt hatte.
    »Ihr… Ihr wollt, daß ich bleibe, auch nachdem ich…«
    »Nachdem was? Nachdem Ihr mich gerettet habt. Mich vor der schrecklichen Rache dieses Villasse bewahrt habt…«
    »Villasse«, stieß er hervor, und flugs wich die hochrote Farbe aus seinem Gesicht, und er setzte sich aufrechter hin. »Ich werde ihn ausfindig machen und ihn dafür töten. Ich fordere ihn und vernichte ihn auf dem Feld der Ehre.« In seinen Augen blitzte es so wunderschön auf wie bei einem stolzen Adler, und seine Miene erheiterte sich. Mein Verteidiger! Mein Ritter!
    »Ich flehe Euch an, Monsieur Montvert, überlaßt ihn der königlichen Gerechtigkeit. Sein Helfershelfer wird alles gestehen, dann braucht Ihr Eure Klinge nicht zu beflecken«, sagte Tantchen.
    »So halten es Feiglinge«, murmelte er.
    »Monsieur Montvert – an wie vielen Ehrenhändeln habt Ihr bereits teilgenommen?« fragte Tantchen.
    »Nun ja… ähm… an keinem… also, an keinem der formellen Art… bislang«, antwortete er. »Aber, aber ich weiß viel darüber. Nun, ich bin gereist. Kenne die neuen italienischen bottes…«
    »Ich kenne Villasse mein halbes Leben, inzwischen ist er alt, aber bösartig. In seiner Jugend hat er eine Reihe von Duellen überlebt – meistens war Betrug im Spiel. Ihr müßt wissen, daß er einmal heimlich Öl auf eine Stelle des Duellplatzes gegossen und seinen Gegner dorthin getrieben hat. Nie hat ihn jemand beschuldigt. Er ist listig wie eine Schlange, der Schurke, und falls Ihr ihn fordert, hat er die Wahl der Waffe…«
    »Dennoch kann ich nicht guten Gewissens…«
    »Das sollten wir lieber beim Essen besprechen. Ihr müßt nach allem, was Ihr für uns getan habt, ohne eine Sekunde lang an Euch selbst zu denken, schrecklich hungrig sein. Was für eine Ritterlichkeit! Gewiß wollt Ihr uns nicht Eurer Gesellschaft berauben…«
    »Falls es die Demoiselle… wünscht…«
    »Sibille«, brachte ich hervor. »Bitte, nennt mich Sibille…«
    »Falls Demoiselle

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