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Die geheime Mission des Nostradamus

Titel: Die geheime Mission des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle Riley
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niedergeschmettert. »Ach, Madame Tournet. Jedes Mal, wenn ich ihm gegenüber überhaupt etwas von einer französischen Braut andeute, sagt er, Französinnen liebäugeln schamlos, eine französische Gattin macht mich zum Gespött und setzt mir Hörner auf… Überhaupt, daß er sich sehr gut auskennt. Dann brüllt er etwas von der Bastille oder daß er mich zur Verwandtschaft nach Genua schickt – was soll ich nur tun? Wie Ihr wißt, gibt es für mich nur eine Braut, und das ist Sibille. Lieber sterben, als ohne sie leben.«
    »Hmm«, sagte Tantchen. »Das ist ein Problem. Brennt Ihr durch, verzeiht Euer Vater Euch das nie. Das gibt ihm das Recht, Euch einzusperren, die Ehe zu annullieren – all das und noch viel mehr. Und dabei möchte ich, daß meine Sibille von Eurer Familie geachtet wird. Wir müssen Euren Vater irgendwie überzeugen. Es muß mir einfach etwas einfallen. Keine Bange, mir fällt immer etwas ein.«

    »Schluß mit diesem vulgären Geklopfe! Hat man Euch nicht gesagt, daß ich heute niemanden empfange? Ich habe Kopfschmerzen!« schrie Nostradamus in Richtung der verschlossenen Türen. Den ganzen Tag über hatte die Dienerschaft auf Zehenspitzen Umwege gemacht, statt die Abkürzung durch Nostradamus' Zimmer zu nehmen, und das, seit er mit dem Tintenfaß nach dem Barbier des Kardinals geworfen hatte. Nostradamus machte sich deswegen keine Gewissensbisse, nein, überhaupt nicht. Eine Reihe Teufel setzten ihm zu, allen voran der flüchtige Anael, der ihm seit Tagen keine einzige Vision eingegeben hatte. Dann hatten diese abscheulichen Brüder Ruggieri ein Phantom in phosphoreszierender Rüstung beschworen, das angeblich den künftigen Ruhm des triefnasigen Dauphins bedeutete, wenn er erst Herr über drei Königreiche wäre, und schon lief ihm die Königin nach wie ein verliebtes Schulmädchen. Und schließlich war da noch Menanders billiger Hohn und das fleckige Stück Papier mit dem einzigen Horoskop, das nicht aufgehen wollte. Und als er gerade sein seelisches Gleichgewicht dank eines wirklich hervorragenden Ragouts und eines angenehmen Bordeaux-Weines wiedererlangt hatte, da lieferte ein Lakai in der Livree des Königs zwei Börsen ab. Beim Nachzählen hatte er feststellen müssen, daß die Samtbörse des Königs hundert Kronen enthielt und die der Königin dreißig. Eine klägliche Summe für seine Dienste und kaum genug, um die Reisekosten zu decken.
    »Léon, hüte dich vor der Großzügigkeit von Königen«, knurrte der alte Doktor und verwahrte das Geld in seiner abgewetzten Lederbörse. Danach war der Tag einfach dumm gelaufen, wirklich dumm, und jetzt hämmerte ein Lakai mit einem Stock auf seine Tür ein.
    »Aufmachen, aufmachen!« rief eine Frauenstimme. »Ich habe wichtige Nachrichten für den großen Maistre Nostredame.«
    »Na los, Léon, ich bin zum Märtyrer auserkoren«, seufzte Nostradamus. Doch als er die füllige Gestalt im Türrahmen erblickte, die den Spazierstock mit dem Silberknauf schwang, da erblaßte er und stand von seinem Arbeitstisch auf. »Madame Tournet«, sagte er, »was führt Euch zu mir?«
    »Nachrichten von höchster Wichtigkeit für Euch. Und außerdem bin ich wegen des Horoskops meiner Patentochter gekommen. Es sollte, wie versprochen, schon vor drei Tagen bei uns sein. Das habt Ihr doch wohl nicht vergessen?«
    »Es ist noch nicht fertig«, entgegnete der entnervte Prophet.
    »Nicht fertig, nicht fertig?« sagte sie, und schon hatte sich die furchteinflößende Gestalt der Mitte des Teppichs genähert, von wo aus sie die Papiere auf dem Arbeitstisch des Propheten sehen konnte. Rasch stellte er sich vor den Tisch, doch zu spät. »Was haben wir denn da? Das da mit den vielen Tintenklecksen? Sonne im Wassermann; gewiß meine Patentochter. Wir nehmen auch den Entwurf.«
    »O nein«, sagte Nostradamus, richtete sich zu voller Größe auf und blickte sie gebieterisch an. Doch eine Piratenwitwe kann so leicht nichts erschüttern. »Aber ja doch; Ihr müßt auf der Stelle fort und habt keine Zeit mehr, eine schöne Abschritt anzufertigen. Dann nehme ich mit dem da vorlieb…« Doch Nostradamus packte das Papier vom Tisch, bevor sie zugreifen konnte, und barg die Hand auf dem Rücken. Es ihm dort wegzunehmen hätte mehr Unhöflichkeit erfordert, als selbst Madame Tournet aufbrachte.
    »Was soll das heißen, ich muß auf der Stelle fort? Ich habe vor, noch mindestens drei Wochen zu bleiben«, sagte der Prophet.
    »Falls Ihr drei weitere Wochen bleibt, bleibt Ihr für

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