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Die geheime Mission des Nostradamus

Titel: Die geheime Mission des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle Riley
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»Vitriolöl… Es ist überall…«
    »Sie wird ohnmächtig, die Demoiselle wird ohnmächtig!« rief Nicolas, als er sich zu Sibille umwandte, und fing sie gerade noch rechtzeitig auf. »Rasch, einen Arzt.«
    »Nein… nein… faßt mich nicht an. Mein Arm… meine Hand…« Sibille weinte und zitterte am ganzen Körper. »Wasser, so bringt doch Wasser, um Himmels willen!« Doch dann merkte sie, wer es war. »Ihr! Seid ihr mir wieder gefolgt? Aber Ihr habt verhindert, daß…«
    »Es sind Verbrennungen. Ihr seid nicht bei Sinnen, rasch, wir brauchen einen Arzt.« Nicolas hatte sie in den Hof geführt, und ein ganzer Schwarm Menschen war ihnen gefolgt.
    »Kennt Ihr die Demoiselle?«
    »Ihr Vetter ist mein bester Freund…« Eine leichte Übertreibung, die durch die Umstände gerechtfertigt wurde.
    »Es brennt… o Wasser, Wasser! Hilfe!« schrie sie. Jemand spritzte Wasser auf die Hand, die sie an sich drückte und machte beide naß, doch es half nicht gegen das schreckliche Brennen. »Es brennt, o Jesus, es verbrennt mich!« Geschrei und Schritte, als Diener in das große Gebäude rannten, um Hilfe zu holen. Dann war kurz das Tapp-tapp eines Malakkastockes zu hören, doch es ging in dem allgemeinen Tumult unter.
    »Demoiselle, wir müssen den Ärmel abschneiden, hier, in den Eimer, ja, den ganzen Arm…« Nicolas kniete, er wußte auch nicht, wie es gekommen war, auf den harten Pflastersteinen des Hofes und hielt seine Göttin in den Armen, während ein alter Mann in Arztrobe ihren Arm in einen Eimer Wasser mit Holzasche tauchte, um die brennende Säure abzuwaschen. Nicolas konnte Sibilles Puls spüren – ihren Atem, der in schnellen Stößen ging, und er konnte spüren, wie sie zitterte.
    »Er hat auf mein Gesicht gezielt – auf meine Augen…«
    »Ihr hattet Glück«, sagte der Arzt. »Léon, mehr Wasser, und rühre reichlich Holzasche hinein – wir müssen auch die kleinste Spur Säure abwaschen, sonst frißt sie sich tiefer. Zum Glück hat er sie verfehlt, und zum Glück weiß ich, daß Wasser allein das schlimme Werk des Vitriol nicht aufhält.«
    »Wir haben den Mann, Demoiselle«, rief einer aus der Schweizergarde. »Dieser Bursche hier hat Euch gerettet.«
    »Ach ja«, sagte der alte Doktor und blickte Nicolas in die Augen. Nostradamus' Bart glich dem von Nicolas' Vater, doch irgendwie sah er bei ihm anders aus. Die Augen darüber, die machten den Unterschied – sie waren so klug und verständnisvoll. »Sonne im Löwen«, sagte der Doktor. »Ihr werdet es weit bringen.«
    »Was meint Ihr damit? Ein Schurke hat versucht, die Demoiselle mit Vitriolöl zu bespritzen, und Ihr faselt von meinen Geburtszeichen.«
    »Junger Mann, ich bin Michel de Nostredame.«
    »Der Astrologe?« Nicolas staunte mit offenem Mund. Hieß das, Sibille hatte kein Stelldichein gehabt, sondern einen Wahrsager aufgesucht? Wie dumm von ihm, zu glauben… Erleichterung und Enttäuschung übermannten ihn, denn das berühmte Doppelduell verflüchtigte sich wie Rauch.
    Doch gerade sagte Maistre Nostredame: »Ihr solltet nach diesem furchtbaren Schreck wirklich nicht unbegleitet heimgehen. Laßt Euch von diesem jungen Mann nach Haus geleiten und grüßt Eure Tante von mir. Denkt daran, Wasser und Holzasche, falls es wieder brennt, und dann einen Umschlag aus Honig und Eiern, damit keine Narben zurückbleiben…«
    Mittlerweile führten Bogenschützen den Angreifer ab, die Menge zerstreute sich, anderswo lockten lohnendere Spektakel. Der Gefangene beteuerte lauthals seine Unschuld. »Dreist, dieser Verbrecher«, hörte Nicolas jemanden sagen.
    »Ha! Welcher Dummkopf dingt auch schon einen Trunkenbold, wenn es um Vitriol geht? Er hat sie verfehlt«, bemerkte ein anderer.
    »Wahrscheinlich hat der Schwachkopf ihn gleich ausgezahlt, und da hat er sich vor der Arbeit schon betrunken.«
    »Und sie kann noch immer sehen, sie kann ihn also identifizieren…«
    Als Nostradamus sich entfernt hatte, flehte Nicolas seine Angebetete an: »Mademoiselle, seht Ihr nun ein, wohin das alles führt? Gebt dieses schreckliche Leben auf, verlaßt den abscheulichen Spanier…«
    »Welchen Spanier?« fragte sie.
    »Ach, spielt doch nicht die Unschuldige. Ich weiß alles, und ich vergebe Euch. Aber Ihr müßt begreifen, daß ich Euch als Mann von Ehre nicht den Hof machen kann, ehe ich ihn nicht getötet habe.«
    »Töten, wen denn?«
    »Den, der Euch zu diesem furchtbaren Leben verleitet hat, den, der Eure unschuldige Schönheit mißbraucht hat, den

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