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Die geheime Mission des Nostradamus

Titel: Die geheime Mission des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle Riley
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Königin schien sich nicht daran zu stören.
    »Ich bin bereits verflucht«, sagte sie, »und alles durch Eure Schuld, weil Ihr mir das teuflische Ding im Kasten da vor Euren Füßen gebracht habt. Und das, obwohl Ihr wußtet, was es anrichtet. Ihr habt schuld am Tod des Königs.«
    »Wohl kaum. Schließlich wolltet Ihr es haben, und hättet Ihr nicht nach Menander geschickt, wäre mir vieles erspart geblieben, und ich würde in diesem Augenblick in meinem Vaterhaus sein und glücklich Pflanzen zeichnen und Gedichte schreiben.« In Wirklichkeit würde ich ganz und gar nicht glücklich sein, dachte ich. Aber das brauchte sie nicht zu wissen. Im Vergleich dazu bin ich mit Menander besser gefahren – aber es ist und bleibt ungerecht.
    »So geht es, wenn Frauen mit ihrem Los nicht zufrieden sind und nach Ruhm und Ehre streben«, entgegnete die Königin. »Laßt Euch das eine Lehre sein; die Frau wird gekrönt durch den Dienst an ihrer Familie. An allem, was geschehen ist, seid Ihr schuld. Ihr habt Glück, daß ich so gnädig bin. Den Becher und die Flasche…« Sie winkte dem Mann mit der Schürze und dem großen Sack, der eine kleine Flasche und einen Metallbecher herausholte und ihr beides reichte. Sie füllte den Becher, und auf ihren Wink hin stellte er ihn neben mich. »Das hier wirkt sehr schnell«, sagte sie. »Ihr könnt wählen, entweder das oder den langsameren Weg.«
    »Was meint Ihr damit?« schrie ich und kam mühsam hoch.
    »Aha, jetzt könnt Ihr aufstehen. Ich habe immer gewußt, daß Ihr unverschämt seid. Ja, Ihr verdient Euer Los wirklich. Haltet sie fest, während er den Kasten da verschließt«, befahl sie, und während ich mit den Wachen rang, holte der Mann mit der Schürze einen Holzhammer und sieben lange Nägel aus seinem Sack und hämmerte sie mitten durch Menanders Kasten.
    »Aufhören«, kam eine lederne Stimme von innen. »Ihr stört mich beim Denken.«
    »Ich versichere dir, von nun an wirst du ewigen Frieden haben, boshaftes Ding«, gab die Königin zurück.
    »Was habt Ihr vor?« rief ich.
    »Nun, die Tür verschließen und dann zumauern, damit sie völlig unsichtbar ist. Die Wachen hier habe ich ausgewählt, weil sie taubstumm sind. Die verraten kein Sterbenswörtchen, wo Ihr oder der schreckliche Zauber geblieben seid, mit dem Ihr den König vernichtet habt.«
    »Lügnerin! Das habt Ihr getan!« schrie ich und biß dabei den Wachposten, der mich festhielt, in die Hand. Es gelang mir, mich loszureißen, und ich wollte aus der Tür laufen, bevor sie für immer verschlossen würde. Einer der taubstummen Wachen schnappte mich, seine riesigen Hände hielten mich an den Armen fest, ich trat nach ihm, dann machte es ratsch, mein Kleid zerriß, und ich rannte zur Tür. In dem Gerangel hörte ich, wie die Königin ungeduldig hervorstieß: »Wie könnt Ihr es wagen!« Dann packten mich zwei kräftige Arme, und ich landete ziemlich unsanft am Boden, als auch schon die Tür zuschlug. Die Kerze war umgefallen und auf dem feuchten Boden erloschen. Da lag ich nun allein im Dunkeln und tastete den Boden ab, dabei verschüttete ich das Gift. Wie lange dauert es, bis man verhungert, dachte ich.
    An der Tür war ein merkwürdiges Schaben zu vernehmen – ja, das war es: Jemand strich Mörtel glatt. »Laßt mich raus, laßt mich raus! So begreift doch. Menander kann keine Wünsche mehr erfüllen. Er ist zu beschäftigt. Begreift Ihr das denn nicht? Er ist wertlos!«
    Ganz leise drang die Antwort der Königin zu mir: »Aber, aber meine Liebe, Ihr seid es, die nicht begreift! Es darf auf dieser Erde keinen lebenden Zeugen geben, der Kenntnis davon hat, was meine Wünsche ausgelöst haben. Und Ihr – Ihr allein – wißt, wie sie gelautet haben und wie sie in Erfüllung gegangen sind.«
    »Das ist so ungerecht!« schrie ich durch die verschlossene Tür.
    »Das Leben ist ungerecht«, sagte die Stimme vor der Tür und verklang. Alles, was ich noch hörte, war das Schrapp, Schrapp, Plopp, mit dem die Ziegelsteine aufgemauert wurden.
    Und ich gebe nicht auf, noch bin ich am Leben, redete ich mir zu, während ich völlig außer mir auf dem Boden nach dem Kerzenhalter suchte. Wie konnte er mir nützlich sein? Er hatte einen Griff, einen runden Rand und einen Dorn, auf dem die Kerzen aufgespießt wurden. Mir war aufgefallen, daß die Tür nach innen aufging: Das hier war also kein Gefängnis, sondern irgendein Lagerraum, ein Ort, wo niemand nach einem menschlichen Wesen suchen würde, das keiner vermißte, wenn man

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