Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die geheime Mission des Nostradamus

Titel: Die geheime Mission des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle Riley
Vom Netzwerk:
hat. Meine Gabe ist ein Fluch«, knurrte er.
    »Ich muß es wissen«, sagte sie geheimnisvoll.
    »Was genau?«
    »Ich dächte, das hätte Euch Eure Gabe bereits eingegeben«, gab die Königinmutter etwas spitz zurück.
    »Und wenn schon, ich möchte es aus Eurem Munde hören.«
    »Nun gut, ich muß wissen, wie es um die Zukunft des französischen Throns bestellt ist. Es ist wichtig für mich.«
    Damit meint Ihr, wie lange die Königin der Schotten und die Guise im Hühnerstall noch das Sagen haben, dachte der alte Prophet. »Ein Zauberspiegel ist ein sehr empfindliches Ding«, sagte er. »Glücklicherweise habe ich mit den zweiundvierzig Tagen der Reinigung bereits auf der Reise angefangen, wir werden also beim nächsten Vollmond bereit sein.«
    »Ihr seid entlassen«, sagte die kleine Frau in Schwarz. »Wenn Ihr geht, sagt meinen Dienerinnen, sie können zurückkommen. Und denkt daran, daß Euch eine reiche Belohnung winkt, wenn Ihr mich nicht enttäuscht.«
    Lieber wäre mir für heute nacht ein anständiges Bett, knurrte der alte Prophet in seinen Bart. Dieses Versprechen dürftet Ihr eher halten. Vielleicht sollte ich um einen Vorschuß bitten, ehe ich mich an den Spiegel mache. Wenn sie erst gesehen hat, was er vorhersagt, breche ich höchstwahrscheinlich mit leeren Händen auf. Hmm. Wie bringe ich das taktvoll an? Ich könnte vielleicht mehrere Pfund seltene Kräuter und Gewürze für den Zauber brauchen. Etwas, was man gegen harte Münze weiterverkaufen kann. Eines steht jedoch fest, diesmal möchte ich mir nicht das Geld für die Rückreise borgen müssen.

    Neun Stunden nach Nostradamus' nächtlicher Ankunft erreichte Nicolas Chaumont bei hellichtem Tag. Da saß er nun auf seinem kleinen Pferd, musterte das Schloß, das über ihm thronte, und begriff allmählich, wie aussichtslos seine Mission war. Chaumont dräute über der Loire auf der Kuppe eines grünen Hügels. Auf der Landseite von Wald eingeschlossen, wirkte es abgeschieden und düster: vier Flügel um ein Geviert gebaut, von einer Burgmauer umgeben, eine Festung, die erst noch zu einem Lustschloß im neuen Stil umgebaut werden sollte. Die weißen Türme hatten schiefergedeckte Spitzdächer, die Fenster waren schmal, und der einzige Zugang führte über eine Zugbrücke. Wie sollte er jemals dort hineinkommen, grübelte Nicolas. In der guten alten Zeit wäre er in voller Rüstung hinaufgesprengt, hätte auf den Schild am Tor eingehämmert und den Verwalter des Schlosses zu einem ehrlichen Zweikampf gefordert; als Sieger hätte er dann die bedrängte Jungfrau aus den Fängen ihrer bösen Häscher befreit. Doch in ein Lederwams und einen staubigen kurzen Umhang gekleidet saß er nun auf einem gescheckten Pferdchen, das einem Schlachtroß so wenig ähnelte wie er einem Ritter in schimmernder Rüstung. Na schön, sagte er sich, das Zeitalter des Rittertums geht vielleicht zu Ende, aber das des Geistes dämmert herauf; wozu habe ich eigentlich einen hellen Kopf?
    Die Zugbrücke wurde offensichtlich zur Nacht nicht hochgezogen, und während er so zuschaute, sah er, daß Besucher, offenbar Menschen von Rang, angehalten und befragt wurden. Wagen mit Getreide und Heu rumpelten jedoch aus und ein, als wären sie unsichtbar, alte Frauen mit Körben voller Eier auf dem Kopf, Schweinehirten mit ihren Schweinen und Melkerinnen mit Kühen wurden nicht aufgehalten. Das ist es, dachte er, als er sein Pferd zum Dorfgasthof führte, um es dort einzustellen, und dann zu Fuß bergauf ging. Vor ihm mühte sich ein Ochsengespann, das einen Karren mit Weinfässern zog, die ausgefahrene Straße hinauf; der Eigentümer der Fässer war abgestiegen und schob, während der Junge, der das Ochsengespann lenkte, die Peitsche über ihren Rücken knallen ließ – jedoch mit kläglichem Erfolg.
    »He, Bursche, laßt mich helfen!« rief Nicolas und dankte den Sternen, daß er nun doch nicht in schimmernder Rüstung daherkam. Nach kurzem Verhandeln verstaute er seinen verräterischen Schwertgurt und seinen Umhang im Karren und mühte sich mit dem Winzer, den Karren aus den tiefen Furchen zu schieben. Nichts einfacher als das, dachte er, als sie den Wachposten passierten, ohne angerufen zu werden, und holte sein Schwert zwischen den Fässern hervor. Und ehe jemand auf den Gedanken kam, ihn zu befragen, duckte er sich in den nächsten Eingang, der auf den gepflasterten Hof ging. Einfach drauflosgehen, als ob du in Geschäften unterwegs bist, sagte er sich.
    »He, Bursche, wohin des

Weitere Kostenlose Bücher