Die geheime Mission des Nostradamus
Menge eine Aura. Und die war voll flackernder schwarzer Flecken. Tod und Wahnsinn. Aber wann? Falls er sein Centuries jetzt veröffentlichte – ob das auch nur einen Menschen dazu bringen würde, sein Tun zu ändern, innezuhalten auf dem schrecklichen Abstieg in den Untergang? Nachts wachte er zuweilen auf und spürte Frankreichs Aura. Und dabei gerann ihm das Blut in den Adern.
Kapitel 6
M enander von Korinth, auch unter dem Namen Menander der Magus bekannt, 239 v. Chr. Über den historischen Menander ist wenig bekannt. Angeblich gründete er eine Sekte, die sich mit orgiastischen Zeremonien und Zauberriten der Verehrung Apollos widmete. Die Menander-Legende mittelalterlicher Alchimisten ist möglicherweise später entstanden und hat keinen Bezug zum tatsächlichen Leben des berühmten Magus. Im Austausch für das Geheimnis des ewigen Lebens soll Menander dem Teufel seine Seele verschrieben haben. Der Herr der Hölle habe teuflisch Rache an ihm genommen, als er entdeckte, daß man ihn hereingelegt hatte, denn die Erfüllung des Wunsches machte es ihm unmöglich, sich die Seele des klugen Magus zu holen. Der Teufel erfüllte den Geist des Königs von Persien mit Abgunst und solcher Furcht, der Magus könne einem anderen dienen, daß er Menander den Kopf abschlug, welcher aber nichtsdestoweniger weiterlebte. Aus Rache verdammte der Teufel den Magus dazu, daß er im Austausch gegen die Seele des Besitzers die Wünsche jedes Menschen erfüllen mußte, der die Schatulle mit dem Kopf besaß.
Die Suche nach dem Kopf des Herrn aller Wünsche ist eines der finstersten Geheimnisse im okkulten Sagengut des Hochmittelalters und der Frührenaissance. Man sagt einigen Menschen nach, ihn irgendwann besessen zu haben. Zu ihnen zählen Kaiserin Theodora, Michael VIII. Paleologus und Katharina von Medici.
Enzyklopädie des Übernatürlichen
Band 6
»Tut mir leid, Madame, er möchte Euch nicht sehen.« Der Kammerdiener vor dem Krankenzimmer des Königs wich und wankte nicht. Die Herzogin von Valentinois, eine schlanke Gestalt in schwarzem Samt mit weißer Satinpaspelierung, hielt eine Flasche Stärkungsmittel in der Hand, das sie eigenhändig angefertigt hatte. Abgesehen von einer leichten Anspannung der Gesichtsmuskeln war ihr nicht anzumerken, daß sie innerlich vor Wut kochte.
»Das muß ein Irrtum sein«, beharrte sie. »Erst heute morgen hat er mich um diesen Stärkungstrank gebeten.« Durch die halb geöffnete Tür konnte sie den fiebernden König in seinem großen Bett an mehrere Kissen gelehnt sehen, er hatte die Augen geschlossen und murmelte vor sich hin. Mehrere Leibärzte in langen Roben waren zugegen und überwachten einen Chirurgen, der am Handgelenk des Königs eine Ader öffnete. Nahezu schwarzes Blut tropfte langsam in ein Becken, einer nach dem anderen beugten sich die Ärzte darüber, dann nickten sie einhellig.
»Euch ist der Zutritt zum Zimmer verwehrt. So lauten die Befehle Seiner Majestät.«
Der König zupfte mit langen, bleichen Fingern an der Bettdecke. Mit einem Blick prüfte Diana von Poitiers seine Hände. Wo war ihr Ring? Dieser vermaledeite, hinterhältige italienische Astrologe, dachte sie. Er hat mich an sie verraten. Zweifellos wird er mit irgendeiner erfundenen Geschichte zu mir zurückgekrochen kommen. Bei Gott, ich würde ihm etwas zustoßen lassen, wenn er nicht vorhergesagt hätte, daß ich eine Woche nach ihm sterbe…
Einer der Leibärzte reichte dem Kammerdiener einen kleinen Gegenstand, den sie nicht erkennen konnte; der Diener verbeugte sich, drehte sich um und wollte den Raum verlassen.
»He da, guter Mann«, sagte sie, als er aus der Tür trat. »Was hat man dir da drinnen gegeben?«
»Einen Ring, den der König der Königin als Zeichen seiner Gunst versprochen hat.«
»Darf ich ihn sehen?« fragte sie. Der Diener erinnerte sich, wie sich der König für gewöhnlich an Leuten rächte, die sich mit der Herzogin überwarfen, und zeigte ihr den Ring.
»Ei, ist der schön«, rief sie bewundernd. Jäh packte ihn die Angst, sie würde ihm den Ring wegnehmen. Was sollte er dann sagen? Was sollte er tun? Doch sie gab ihm den Ring zurück.
»Den Ärzten ist, glaube ich, ein Fehler unterlaufen. Das ist der Ring, den ich ihm geschenkt habe, und er hat geschworen, sich nie von ihm zu trennen. Er hat den Rubinring an seiner anderen Hand gemeint. Steck diesen dem König wieder an den Finger und zieh ihm statt dessen den anderen ab.« Mit Genugtuung sah die Mätresse des Königs, wie
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