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Die geheime Mission des Nostradamus

Titel: Die geheime Mission des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle Riley
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pausierten, ehe wir durch die Porte St. Jacques in die Mauern von Paris einziehen würden. Jetzt drangen rings um die rüttelnde, staubige Sänfte die verlockenden Geräusche einer fremden Stadt an unsere Ohren: die Schreie der Straßenhändler, die Zurufe von Frauen im oberen Stockwerk ihrer Häuser, der Lärm spielender Kinder.
    »Es ist noch ein Stück, meine liebe Base«, sagte der Alte und beugte sich dabei von seinem rotbraunen Maulesel zu den geöffneten Sänftenvorhängen hinüber. »Das hier ist irgendeine gräßliche Auseinandersetzung zwischen Studenten, die uns leider den Weg versperren. Die Jugend in diesem Stadtviertel will einfach keine Ruhe geben.«
    »Sind wir schon in Paris? Mach meinen Kasten auf, ich will mir den Ort ansehen«, kam eine gedämpfte Stimme unter unseren Kissen hervor.
    »Ganz gewiß nicht«, erwiderte Tantchen, die den Vorhang fallen ließ. »Schlimm genug, daß wir dich überhaupt mitnehmen mußten. Aber mit dir mache ich bestimmt keine Besichtigungen in der Stadt.«
    »Das wird dir noch leid tun«, schmollte das Ding im Kasten. »Ich bin gewohnt, mit mehr Achtung behandelt zu werden.«
    »Wir müssen eine andere Straße nehmen«, drang eine Stimme durch den Vorhang. »Sie lockern schon die Pflastersteine. Uff, da fliegt einer, wirklich, eine andere Straße. Madame Base, wir müssen umkehren, seid so gut und befehlt Euren Lakaien, mit den Pferden in diese Gasse abzubiegen.«
    Tante Pauline versetzte dem Ding unter den Kissen einen Schlag mit ihrer juwelengeschmückten Hand, während sie mit der anderen den Vorhang hob und laut rief: »Arnaud, Pierre, die Pferde sollen nach Anweisung meines Vetters abschwenken, und achtet bitte auf meinen kleinen Señor Alonzo, daß er mir bei diesem furchtbaren Lärm nicht erschrickt.« Bei dem Gekreisch des Affen in seiner eigens für ihn gefertigten, seidengepolsterten Reisetasche, dem Geklapper und Gepolter von Tante Paulines Lakaien, die die Sänftenpferde wenden ließen, und bei Gargantuas Gebell verlor sich das Gequengele unter den Kissen. Gut so, dachte ich. Bislang ist es uns gelungen, das Geheimnis sogar vor dem guten Abbé zu wahren. Wenn wir jetzt noch eine Möglichkeit finden, es loszuwerden, gehört mein Leben wieder mir.
    In der schattigen Gasse öffneten wir wieder die Vorhänge und spähten hinaus.
    »Oh, sieh mal, ma tante, da gegenüber – ein Buchladen, ›Zum König David‹.« Eine Schar Studenten rannte an uns vorbei und in Richtung des Aufruhrs, sie trugen eine Puppe, die mit Stroh ausgestopft war und eine akademische Robe anhatte. Zweifellos irgendein unbeliebter Professor, der in absentia Schändliches erdulden mußte.
    »Morgen sehen wir uns einen besseren an – ›Zu den vier Elementen‹ –, der hat weitaus mehr Kuriositäten«, sagte der Abbé, doch Tante Pauline rümpfte beim Anblick der Studenten die Nase.
    »So gar kein Modebewußtsein. Wie trist sie allesamt aussehen. Hier werden wir ganz gewiß nicht einkaufen. Sibille, laß den Vorhang herunter, ich sehe, daß die Straße frei ist für die Weiterreise.« Doch als wir durch die engen Straßen und fort vom Tumult getragen wurden, konnte ich nicht widerstehen und lugte nach draußen. »Und dann«, sagte Tantchen gerade, »mußt du einfach noch ein paar Sachen haben.«
    »Aber, ma tante, ich besitze doch schon so viele Kleider.«
    »Keine Widerworte Sibille. Ei, der kleine Laden, der Goldschmied dort, sieht gar nicht so übel aus, auch wenn er in einem weniger mondänen Stadtviertel gelegen ist. Oh, halt den Vorhang ein wenig höher, mein Schatz – siehst du den Laden dort drüben?«
    »Aber, ma tante, du hast gesagt…«
    »Ist doch einerlei, was ich gesagt habe. Sieh mal da. Ein Handschuhmacher. Wir müssen nicht zu den Schneidern, sondern zu den Schustern. Die Handschuhe da. Deine Hände und Füße sind nämlich zu groß für meine Sachen. Wir müssen unbedingt einkaufen! Ohne Handschuhe kannst du nicht zur Königin gehen!«
    »Aber, ich habe ein Paar Handschuhe, du hast sie mir gerade…«
    »Papperlapapp, ich höre mein Geld rufen. Wer wird einer alten Dame ihr Vergnügen abschlagen wollen? Ei, ich spüre, wie mir das Herz hüpft. Halte mich jetzt nicht auf, oder möchtest du schuld an meinem Tod sein?«
    Ich muß schon sagen, es war, als ließe man einen Tiger aus dem Käfig. »Der Fächer!« rief sie, als sie eine Dame erblickte, die mit einem Fächer am Handgelenk hinter ihrem Lakai auf dem Pferd saß. »Hast du den gesehen, den deine gräßliche Base

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