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Die geheime Mission des Nostradamus

Titel: Die geheime Mission des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle Riley
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genügte…
    »Base Matheline«, rief ich. »Was führt denn dich hierher?« Base Matheline schien sich sehr bewußt zu sein, daß sie nach der allerneuesten Mode gekleidet war; sie trug den neuen Reifrock, der ihre vielen Unterröcke und den Rock weiter abstehen ließ als bei irgend jemandem sonst; die schmale Halskrause, die aus ihrem hohen Seidenkragen hervorlugte, war aus echter Spitze, und an ihrer schmalen Schnürtaille hingen ein niedlicher bestickter Samtbeutel und ein Fächer aus bemalter Seide und geschnitztem Elfenbein.
    »Ach, meine liebe, allerliebste Base und Ihr, liebste Madame Tournet – ich mache meinen längst überfälligen Anstandsbesuch. Ich bin ja so beschäftigt gewesen… so völlig eingenommen von den ehelichen Pflichten. Aber endlich, endlich bist du in Orléans, und wir können uns wieder über deine wunderbaren Gedichte unterhalten.«
    »Aber, meine Briefe…«
    »Briefe?« sagte Matheline mit ausdrucksloser Stimme und staunend gewölbten Brauen. »Du hast Briefe geschickt? Oh, wie grausam, die habe ich nie erhalten. Und dabei hätte ich so gern Briefe von dir bekommen. Wir waren doch immer Busenfreundinnen.« Ohne aufgefordert worden zu sein und noch im Stehen, schickte sie sich an, eine nach der anderen die kandierten Kirschen zu verspeisen.
    »Nehmt bitte von den Kirschen, Madame Bonneuil.« Der Spott in Tantchens Stimme war nicht zu überhören.
    »Ach, sind die köstlich. Hoffentlich habt Ihr meinen kleinen Dankesbrief bezüglich Eures Hochzeitsgeschenks erhalten. Ich wollte Euch schon so lange besuchen, aber…« Ihr Blick schweifte zu mir zurück. »Sibille, du siehst gut aus – nicht auszudenken, daß die Königin höchstpersönlich den Worten lauschen wird, die wir zum ersten Mal in meinem bescheidenen provinziellen cénacle zu hören bekamen. Mein teurer Bonneuil war ja so beeindruckt, als er davon hörte. Man bedenke, hat er gesagt, Poesie. Aber ja doch, habe ich gesagt, die Poesie verleiht uns Flügel.«
    »Gewiß, es ist ungemein beeindruckend, was eine literarische Begabung bewirken kann«, sagte Tante Pauline in genau dem Ton, mit dem sie die Kirschen angeboten hatte. »Und wie unglaublich schnell der Ruf wahrer Kunst vorauseilt.«
    »Die Bankiers, meine Liebe, sie kennen einfach jeden. Es ist ihr Geschäft, die neuesten Gerüchte vom Hofe zu erfahren. Das war doch ein königlicher Bote, der gerade das Haus verlassen hat? Ach, die offiziellen Briefe brauchen doch zu lange. Und ich weiß«, fuhr sie fort, mit einem spitzbübischen Fingerzeig in meine Richtung, »ich weiß, daß du alle Herzen im Sturm eroberst. Ei, da hat sich doch unser teurer Monsieur Montvert, der so überaus vermögend ist, auch wenn seine Familie erst seit kurzem in Frankreich lebt – er investiert, und er ist wirklich furchtbar klug –, beim Abendessen letzte Woche nach dir erkundigt. Seine Frau soll kränkeln… meine Liebe, du kannst jederzeit mit einem Vermittler rechnen. Ei, so sage ich zu ihm, meine liebste Sibille und ich sind zusammen in SaintEsprit gewesen – ihr Stammbaum ist durch und durch untadelig –, und obwohl sie uns schon nach nur zwei Jahren verlassen mußte, merkt man doch, daß sie ungemein gebildet…« Tante Pauline, die außerhalb von Mathelines Blickfeld war, gab unheilverkündende Laute von sich.
    »›Dann fühlte sie also keine Berufung zur Nonne‹, fragte er, und ich sagte, nun ja, ihre Familie hatte eine Verlobung mit Thibauld Villasse, einem sehr vermögenden Landbesitzer, abgesprochen… ›Dann ist sie also verlobt, reist jedoch an den Hof?‹ fragte er, und ich versicherte ihm, daß Villasse keine Einwände erheben könne, da er schwer erkrankt darniederliege und sein Schlafzimmer die ganze Zeit über nicht verlassen hätte. Was ihm fehle, wüßte ich jedoch nicht, aber die einen sagten, es sei ein Jagdunfall gewesen, bei dem er sich durch eigenes Ungeschick angeschossen hätte, was er natürlich geheimzuhalten versuche…« Tantchen und ich hielten beide die Luft an.
    »Thibauld… ist… noch… naja, hoffentlich?« fragte ich.
    »Ich denke schon, aber ich könnte mir vorstellen, daß er sich zu Tode schämt. Doch Montvert, da bin ich mir ganz sicher, ist an dir interessiert, sonst hätte er mich nicht so ausgequetscht, und ich weiß aus sicherer Quelle, daß er keine Mätresse hat, und er soll schrecklich großzügig sein, wohltätig, na, du weißt schon… Und was seinen Sohn, diesen Nichtsnutz, angeht, so ist er ein Faß ohne Boden. Hier studieren, da

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