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Die geheime Mission des Nostradamus

Titel: Die geheime Mission des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle Riley
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II. in St. Germain-en-Laye mit dem Kronrat. Es ging um Krieg. Die sommerliche Hungersnot und der – wenn auch unsichere – Friedensvertrag mit Philipp II. von Spanien hatte dem französischen Heer Ruhe verschafft. Doch nun war der Herzog von Alba, Philipps Heerführer, in den Vatikanstaat eingefallen, und der Papst forderte den König von Frankreich auf, seine Zusagen einzuhalten und zur Verteidigung des Vatikans ein Heer nach Italien zu entsenden. Doch das Gelöbnis gegenüber dem Papst einzulösen und den Friedensvertrag mit Spanien zu brechen bedeutete Krieg mit Philipp. Durch seine Heirat mit Maria I. Tudor war Philipp II. nicht nur König von Spanien, sondern auch König von England. Frankreich wäre durch solch einen Krieg umzingelt von Feinden.
    König Heinrich II. der auf einem reichverzierten Stuhl auf einer Estrade am Kopf des Ratstisches saß, beugte sich mit ernster Miene vor. »Sieur Konnetabel, Ihr habt den neuen besorgniserregenden Bericht über die Vorgänge im Vatikanstaat gelesen. Wie lautet Euer Rat? Wie sollen wir auf die Bitte des Heiligen Vaters reagieren?«
    Der Alte Konnetabel mit dem grauen Haar, Edler unter Edlen, Heerführer zweier großer Könige, sprach bedächtig und überlegt. Es war ein offenes Geheimnis, daß er einen päpstlichen Dispens brauchte, um seinen Sohn, einen Soldaten, mit einer Nichte der Herzogin von Valentinois vermählen zu können. »Wenn der Herzog von Alba den Waffenstillstand von Vaucelles gebrochen hat, gebietet es die Ehre Frankreichs, daß wir Hilfe schicken. Das könnte zu einem großen Krieg mit Spanien in einer Zeit schlechter Ernten und magerer Steuereinnahmen führen. Falls Eure Majestät jedoch erklären, daß die Taten des Herzogs von Alba keine Verletzung des Abkommens darstellen, sind wir auch nicht verpflichtet, gegen Philipp ins Feld zu ziehen. Das scheint mir das weiseste Vorgehen; so können wir den Frieden wahren, während wir dem Heiligen Vater zu Mitteln verhelfen, damit er selbst ein Heer aufstellen kann.«
    Doch die Brüder Guise, der mächtige Herzog Franz und der Kardinal von Lothringen, wurden bei diesem Vorschlag blaß vor Wut. Die große Narbe, die sich quer über die ausgeprägten Backenknochen des Herzogs zog, zeichnete sich auf den bleichen Wangen hochrot ab, und mit einem wutentbrannten Blick in Richtung seines Bruders bedeutete er ihm stumm, daß einer von ihnen den Mund aufmachen mußte.
    »Majestät«, sagte Lothringen im hinterhältigen Ton eines Politikers und mit ungerührter Miene, »Eure Ehre erfordert es, der Bitte des Heiligen Vaters nachzukommen und unverzüglich eine Expedition zusammenzustellen.« Da spricht die Kirche, dachte Montmorency, doch zuallererst ist er ein Guise. Unter dem Saum der weiten Ärmel seiner purpurnen Kardinalsrobe konnte der Alte Konnetabel eine geballte Faust sehen.
    »Falls sich Alba nicht sofort zurückzieht, müssen Eure Majestät den Krieg erklären, oder Ihr verliert in den Augen des Heiligen Vaters und der ganzen Welt Eure Ehre«, ergänzte ›die Narbe‹.
    »Wir haben auch unser Ehrenwort gegeben, den Waffenstillstand einzuhalten«, sagte der Alte Konnetabel, noch immer bestrebt, den Herzog von Guise von einer militärischen Expedition nach Italien abzuhalten. »Aber«, so fuhr er fort, »wenn wir dem Papst zu Hilfe eilen, muß das so erfolgen, daß wir den Friedensvertrag nicht verletzen. Das ist nur möglich, wenn wir statt einer Armee Geld nach Italien schicken. Ansonsten laufen wir Gefahr, daß uns Philipps Truppen nicht nur an der südlichen, sondern auch an der nördlichen Grenze angreifen. Ein Zweifrontenkrieg nach dieser Hungersnot…«
    »Wir müssen eine Armee entsenden«, drängte der Herzog von Brissac. »Die englische Königin Maria ist eine alte Frau, ihr Königreich geschrumpft und verbraucht. Sie wird ihren Gemahl, König Philipp, wohl kaum tatkräftig unterstützen können. Was kann er also im Norden ausrichten? Gar nichts.«
    Konnetabel Montmorency erforschte eingehend das Gesicht des Königs, während die Debatte andauerte. Am Senken der schweren Augenlider las er, daß der Monarch dabei war, seine Meinung zu ändern. Ich habe getan, was ich konnte, dachte der Alte Konnetabel und spürte, wie sein Einfluß versickerte wie Wein aus einem geborstenen Faß.
    Wie lange, wie klug hatte er die Zügel der Regierung in Händen gehalten, indem er den König vor verderblichen Einflüssen im Kronrat abgeschirmt hatte. Und dennoch spielten sich die Guise, kaum daß sie sich im

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