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Die geheime Reise

Titel: Die geheime Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Abedi
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schrie. Dann wandte sie ihr Gesicht wieder zu dem Mann, der weiterstieg, durch die Decke in einen dunklen Gang. Warte auf mich, warte doch, ich will dein Gesicht sehen, schrie Wanja. Schwer wie Blei waren ihre Glieder jetzt und schlecht war ihr und ihr Herz raste, und je verbissener sie sich nach oben kämpfte, desto weiter schien sich der Mann von ihr zu entfernen. Der dunkle Gang hatte ihn geschluckt und Wanja konnte nicht höher, sie hatte keine Kraft mehr. Tränen strömten ihr über das Gesicht und irgendetwas drückte schwer auf ihre Brust und brummte, brummte.
    Als Wanja die Augen aufriss, lag Schröder auf ihrer Brust und schnurrte laut. Mit pochendem Herzen griff Wanja nach der Wasserflasche. Leer. Der Wecker stand auf 3:35 Uhr.

    Mit Schröder auf dem Arm ging Wanja durch den dunklen Flur zur Treppe. Im Bad brannte Licht.
    »Jo?« Wanja trat an die Tür vom Badezimmer, die sich langsam öffnete und einen goldenen Lichtkegel auf den dunklen Flur warf. Wanja sah Jos seidenen Morgenmantel. Doch es war nicht Jo, die ihn trug. Es war … Wanja schrie laut auf … ein Mann, der jetzt erschrocken einen Satz zurückmachte.
    Schröder fauchte. Gleich darauf ging das Licht an und Jo stand im Flur, kreidebleich und splitterfasernackt.
    »Ach du Scheiße! Wanja … ich … das, oh Scheiße, verdammt, das ist Jürgen. Wir, ich, das …«
    Weiter kam Jo nicht. Der lange, dünne Mann namens Jürgen stand wie angewurzelt da und ließ sich von Wanja anstarren. Einen Augenblick – dann machte Wanja auf dem Absatz kehrt, lief zurück in ihr Zimmer und knallte die Tür so laut zu, dass Jos Foto von der Wand fiel.
T RAPEZUNTERRICHT
    Z aghafte Sonnenstrahlen schienen durch die verstaubten Küchenfenster, als Wanja am nächsten Morgen in die Küche kam. Jo saß mit zerknittertem Gesicht am Frühstückstisch. Der Mann, der Jürgen hieß, war weg. Auf Wanjas Teller lag ein Brief von ihrer Großmutter. Sie und Uri freuten sich, dass Wanja kommen wollte und Jo sollte doch bitte noch die Ankunftszeit bestätigen. In drei Tagen begannen die Sommerferien, die Jo auch in diesem Jahr wieder in Agenturanien verbringen würde, wie sie ihren Arbeitsplatz ironisch nannte, wenn ihr Chef ihr keinen Urlaub gab.
    Als Wanja den Brief zur Seite legte und zu Jo hinschaute, senkte ihre Mutter den Kopf. »Tut mir Leid, Pumpel. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist gestern Abend. Im Grunde war Flora an allem schuld. Sie hat mir diesen Kerl regelrecht ins Haus geschwatzt. Bitte, sei nicht böse, ja?«
    Es ist, als wäre ich die Mutter und sie das Kind, dachte Wanja und stellte sich vor, wie es wäre, wenn in Zukunft nicht zwei, sondern drei Teller auf dem Frühstückstisch stehen würden. Aber als sie sich den langen, dünnen Mann am dritten Teller vorstellte, schüttelte es sie innerlich.

    »Ist der jetzt dein neuer Freund?«
    Jo schüttelte so heftig den Kopf, dass ihre ungekämmten Locken wie kleine Sprungspiralen um ihren Kopf herumhüpften. »Nein, Wanja. Das war nichts, das war gar nichts. Er ist gleich gegangen und er wird auch nicht wieder kommen. Es hatte nichts, überhaupt nichts zu bedeuten, ich …«
    Ganz rot war Jo war beim Sprechen geworden und plötzlich prustete Wanja los. »Wie der aussah. In deinem Morgenrock.«
    Jos Mund verzog sich, erst schmerzhaft, dann zu einem breiten Grinsen, während in Wanja die Dämme brachen. Sie lachte. Lachte, bis ihr der Bauch wehtat, und Jo lachte mit.
    Zum Glück war auch Wanjas Übelkeit überwunden, und obwohl sie in der Nacht kaum geschlafen hatte, fühlte sie sich gut genug, um zur Schule zu gehen. Wahrscheinlich war es die Aufregung, die ihr die Kraft dazu gab.
    Mit dem wochenlangen Regen hatte es offensichtlich ebenfalls ein Ende. Im Laufe des Vormittages hatten sich auch die letzten Wolken vom Himmel verzogen und die pralle Sonne, die Wanja auf dem Weg zum Museum ins Gesicht schien, verkündete strahlend, dass jetzt endlich und endgültig der Sommer ausgebrochen war.
    Mischa stand schon vor dem Eingang, zusammen mit Natalie und Alex, der heute Jeans und T-Shirt trug. Hinter Wanja liefen ein paar andere Jugendliche die Treppen hoch und drängten sich durch die Eingangstür.
    »Na endlich, was?«, rief Natalie Wanja entgegen. »Du sahst ja neulich aus, als könntest du es kaum noch aushalten.«

    Wanja grinste. Es stimmte und die Ungeduld füllte sie jetzt derart aus, dass sie sich fühlte wie eine geschüttelte Sektflasche, an der jemand gerade den Korken lockerte. Mit der Zeit verhält es

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